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Landstürmer locken den Prinz in die Kiste

Landstürmer locken den Prinz in die Kiste

Beim "Tatort Rheinbach" dreht sich alles um einen Holzverschlag - Zum 100-Jährigen der Stadtsoldaten lässt deren sonst so aufmüpfige letzte Reserve sogar das närrische Oberhaupt auf die Bühne

Rheinbach. Sie lieben ihre Stadt wirklich, die Rheinbacher. Da darf auch schon mal ein Schuss Sentimentalität dabei sein, das verträgt ein echtes Gefühl. Wenn der ganze Saal am Ende der Landsturm-Sitzung voller Inbrunst das Rheinbach-Lied singt, dann wird ein Gemeinschaftsgefühl spürbar, das diese Stadt auszeichnet. Ein Rheinbacher fühlt sich eben als Rheinbacher. Dafür braucht er nicht mal die Meckenheimer.

Obwohl die, das wissen die zwölf Landstürmer seit langem, hervorragend zur noch besseren Identifikation mit der eigenen Stadt geeignet sind. So wie die Meckenheimer will nämlich keiner sein in Rheinbach. Die Nachbarstadt ist wie ein Verkehrsunfall, findet Peter Eich als Schimanski: "Irgendwie schrecklich, aber hingucken muss man doch."

Auch wenn Bürgermeisterin Yvonne Kempen am Wochenende in einigen Nummern der legendären, etwas anderen Karnevalssitzung eine Rolle spielte: Der offizielle rote Faden war ein anderer.

Harald Assenmacher und Willi Mirgartz als homophile Polizisten, Achim Frank, Jacob Mufleh und Fred Paral als Gro-Rhei-Ka-Soldaten, Peter Eich als Inspektor Clouseau, Thomas Zimmer und Josef Muhr als Derrick & Harry, Willi Schneider als Bulle von Tölz, Josef Pick als rosaroter Panther und wahrscheinlich sogar Willi Mertens bei seinem Kurz-Auftritt als Mitglied der Höhner - sie alle suchen eine Kiste.

Wo die ist und vor allem was drinnen steckt, weiß jedoch derjenige, dem Publikum und Kameraden dieses Jahr einen besonderen Platz einräumten: Franz Mostert alias Miss Marple. Der seit einer Woche 80-jährige Mitbegründer der Landstürmer erhielt bei seinen Auftritten stets besonderen Applaus, und ihm zu Ehren standen die Zuschauer auch auf.

Die Schlüsselrolle in der Sitzung füllte Mostert mit Nonchalance aus. Es sei doch klar, was in der Kiste sei, er habe es schließlich hineingetan, sagt er und rollt das gute Stück auf die Bühne. Heraus springt - eine Sensation bei den unkonventionellen Landstürmern - das offizielle Oberhaupt der Rheinbacher Karnevalisten, Prinz Karl-Heinz I. (Joisten).

Der darf sich gemeinsam mit Trudi I. einen Höhepunkt des Abends von der Bühne aus anschauen. Die Fünf-Minuten-Prunksitzung mit rasenden Stadtsoldaten sowie Roten und Blauen Funken, einem prägnanten Nikuta-Mottolied ("Kölle, Kölle, Kölle, typisch kölsch") und einem Sitzungspräsidenten, der den Akteuren die Orden hinterherwirft, ist ein Riesenerfolg.

Ob Fred Paral als Reich-Ranicki, der seine Mitmenschen pointiert charakterisiert ("Beim Kayser sieht man, dass ihm jedes Lächeln unsägliche Qualen bereitet") oder Achim Frank als Nick Knatterton, der sich über eine neue touristische Attraktion echauffiert ("Die erste überdachte Wasserleitung des römischen Reiches steht in Rheinbach") - die Landstürmer haben wieder einmal das getan, was von ihnen erwartet wird: die großen und kleinen Ereignisse in der Stadt auf die Schippe genommen.

Und gedankt haben sie auch: ihren Frauen für die Saaldekoration, Janni Feuser fürs Bühnenbild, Werner Giertz für die Musik, Carsten und Willi Mertens für die Technik, Heinrich Pützler fürs Filmen, Vanessa Fett und Melanie Klein für Maske und Haare, dem Evation-Team für den Service und Stefan Müller, Kurt Kurscheidt und Jonas Mirgartz fürs Anpacken.