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Ärzte sind lustiger als Taliban

Ärzte sind lustiger als Taliban

Wenn die Bonner "Springmäuse" Alaaf rufen, dann toben im Ahrweiler Bürgercentrum 600 Jecken

Ahrweiler. Sie waren die besten Botschafter in Sachen Kultur, die man sich an einem kalten Mittwochabend im Januar im Ahrweiler Bürgercentrum nur wünschen konnte: Die vier leidenschaftlichen Akteure des Bonner Improvisationstheaters Springmaus sorgten mit ihrem Programm "Alaaf" dafür, dass 600 Menschen voll auf ihre Kosten kamen.

Nicht nur, dass von der ersten Minute der Funke aufs Publikum übersprang, den "Springmäusen" selbst war die Freude am Spiel ins Gesicht geschrieben. Professionell: Sie kennen sich in Sachen Lokalkolorit derart gut aus, dass jeder sein Fett wegbekam - Ahrweiler, Bad Neuenahr und auch die Grafschaft.

Zu "Dat Hätz von de Welt, ja dat is Kölle" verteilten Margie Kinsky, Georg Roth und Paul Hombach im knubbelvollen Saal zunächst mal rote Nasen, Taschentücher zum Abwischen der Lachtränen zückten die Besucher wenig später ganz von selbst.

Nach einem kurzen "warm up" standen die Saalkandidaten des Abends auch fest: Auf der linken Seite Maria - "Die hat so ne tolle Kette an, die ist bestimmt aus Bad Neuenahr" - und der jamaikanische "Rasta-Man" Dieter - "Holtst Du da Deine Klamotten? Fährt da von hier aus ein Bus hin?" - zur Rechten.

Immer wieder wurden sie ins Programm eingebunden, warf das Ensemble den beiden wortgewaltig Bälle zu. Dass zu einer tollen Stimme auch eine perfekte 95-95-95-Figur gehört, bewies Nonett Müller-Müller (Wernher Meuter), "Kübelböckchen des rheinischen Frohsinns", bei der Karneval-Casting-Show. "Wir von der Grafschaft sind emanzipiert, daher habe ich meinen Namen behalten", erklärt die ehrgeizige Mutter (Margie Kinsky).

Da die pralle Nonett die einzige Kandidatin von RSKKSS (Rheinland sucht Kinder-Karneval-Super-Star) ist, bewegt sie sich souverän mit "Ja mir sinn Kölsche Mädche" im rosa "Spitzebötzje" und "Föhl ens de Karneval" im brasilianischem Edeka-Früchte-Outfit durch die Vorrunden, um im Finale um Jahre gealtert mit "Ich möch zo Foß no Kölle jonn" souverän zu siegen.

Die Rakete der 600 Besucher war ihr sicher. Als Dank verpasste sie mit Hilfe ihrer Mutter - "Wie schreibt sich Irene? Meine Tochter hat 'ne Lese- und Rechtschreibschwäche!" - Autogramme auf ihr Kommunionbild.

Beeindruckend war immer wieder, wie schnell die "Springmäuse" die spontanen Zuschauerzurufe umsetzten in schrille Episödchen, in einen Kanon über den Sturm in Flensburg oder das heitere Personenraten um David Beckham, den Marienkäfer im Collosseum.

Friedhelm Unkelbach (Georg Roth), Mitarbeiter im Rathaus Ahrweiler und zuständig für Fremdenverkehr, Friedhofswesen und Brauchtumspflege, verkaufte am Telefon eine Führung durchs bewegte Ahrweiler Nachtleben: "Das dauert nicht lang. Das geht um 18 Uhr los, vor der Tagesschau sind sie wieder zu Hause. Empfehlen kann ich auch den Kurs “Lachen für Anfänger„, der am Neuenahrer Brunnen startet."

Was wäre eine Sitzung ohne Prinzenpaar? Die Maria ohne Josef? Kurzerhand war das auch im wirklichen Leben zusammen lebende Paar gekürt mit Orden, Zepter und Kappe. Für die musikalische Improvisation sowie die Virtuosität an Klavier und Keyboard erntete Paul Hombach tosenden Beifall.

Schier aus dem Häuschen geriet das Publikum, als er "Kayjass Nummer Null" sowohl als Beethoven-Sonate, Bach-Choral und Mozart-Arie als auch im Tango-, Reggae- und Heavy Metall-Sound intonierte.

Dass Ärzte mehr Humor haben als "Lehrer, Juristen und Taliban", bewies Dr. Lachmann (Georg Roth), der an Weiberdonnerstag um 11 Uhr 11 selbst auf dem Tisch der KG "Fidele OP-Schneider" landete. "O la la, willst Du eine Spritze?", fragte der Anästhesist als Chemie-Sandmännchen.

Die Gebärdensprachen-Nummer ist ein absolutes Muss bei den "Springmäusen" und so landete Margie Kinsky als Frau Dr. Elvira Weißwein-Schorle als Simultan-Übersetzerin von Hermann Hasenberger-Kamellenschlecker bei der Erklärung des Begriffs "Dubai" und "Wüstenbeutelratte" einen absoluten Volltreffer.

Apropos Wein: Auf Unverständnis stieß bei den Gästen, dass in der Rotweinmetropole Ahrweiler Merlot, Côtes du Rhone und Pinot Grigio auf der Getränkekarte stehen und "Fingerfood" sich auf Siedewürstchen und schnell ausverkaufte Käsewürfel beschränkten.

Fazit der mitreißsenden Performance der "Springmäuse": Der Abend bot die ideale Mischung aus Improvisation, Inspiration und Transpiration.