Ein Ständchen auf der Rolltreppe
Der Tambourcorps "Siebengebirge" tritt in den vier Wochen vor Karneval bei 20 Veranstaltungen auf
Thomasberg. Raus aus der rot-blauen Gardeuniform, rein in die maßgeschneiderten Offiziersröcke der Siegburger Funken - beim Tambourcorps "Siebengebirge" Thomasberg ist an diesem Abend "Bäumchen wechsel dich" angesagt.
Wolfgang Bellinghausen, passionierter Flötenspieler und seit mehr als 40 Jahren eines der 22 aktiven Mitglieder, überprüft noch einmal den Sitz der schwarzen Ledergamaschen über der weißen Uniformhose und zupft die sorgfältig frisierte Perücke unter dem Dreispitzhut zurecht.
Eben noch haben die Musiker quasi "zu Hause" bei der Kostümsitzung der Strücher KG für beste Fastelovendsstimmung gesorgt, doch gleich geht es weiter nach Neuwied: Die Siegburger Funken holen ihre Regimentskapelle dafür eigens mit dem Bus am Vereinsquartier in Thomasberg ab.
Bereits seit mehreren Jahren begleitet der traditionsreiche Spielmannszug aus dem Siebengebirge das Funkencorps der Kreisstadt musikalisch. Mittlerweile hat sich der besonders gute Ton des Tambourcorps sogar bis nach Köln herumgesprochen: "Wir hatten schon Anfragen von zwei namhaften Kölner Traditionscorps, ob wir dort nicht auch aktiv werden wollen", berichtet Bellinghausen stolz.
Da der Terminkalender des Musikzugs aber jetzt schon aus allen Nähten platzt, lehnte der Vorstand zunächst ab. Allein in den letzten vier Wochen vor Karneval stehen 20 Auftritte mit den Siegburger Funken auf dem Programm, hinzu kommen acht Termine in heimischen Gefilden, zum Beispiel bei der Mundartmesse in Thomasberg oder der Seniorensitzung in Heisterbacherrott.
Die Ehre, als Regimentskapelle der Blau-Weißen Funken zu spielen, bringt für die 22 Musiker im Alter zwischen zehn und 70 Jahren besondere Herausforderungen mit sich. Um zum Beispiel den neu komponierten Funkenmarsch perfekt darbieten zu können, wurde sogar über die Weihnachtstage geprobt. "Am 11. Januar war die Uraufführung, die Noten haben wir erst am 17. Dezember bekommen", erzählt Bellinghausen.
Ein bisschen mulmig war den Musikern dann bei der Uraufführung dennoch zumute - schließlich saß der Komponist höchstpersönlich mit im Publikum. Doch das Tambourcorps traf genau den richtigen Ton - begeisterter Applaus war der Lohn für die Sonderschichten an den Feiertagen.
Ein Erlebnis wird den Vereinsmitgliedern noch lange in Erinnerung bleiben: der große Zapfenstreich anlässlich des 150-jährigen Bestehens des Siegburger Funkencorps Anfang November vergangenen Jahres.
Intensiv bereiteten sich die Thomasberger darauf vor - schließlich begab man sich an diesem Abend auf "Glatteisterrain", so Bellinghausen. "Der Zapfenstreich auf dem Siegburger Marktplatz wird sonst nur vom Stabsmusikcorps der Bundeswehr gespielt." Gemeinsam mit dem Blasorchester der KG Blau-Weiß Fischenich und dem Musikzug Starkenburg-Heppenheim stellten die Musiker aus dem Siebengebirge eindrucksvoll unter Beweis, dass sie den "Profis" in nichts nachstehen.
Aber nicht nur Karnevalslieder und Marschmusik beherrschen die Thomasberger aus dem Eff-Eff. Von der Volksweise über Walzer und Polka bis hin zum Martinslied reicht das Repertoire. Da sämtliche Stücke stets "griffbereit" sein müssen, ist der Probenaufwand für die Hobbymusiker hoch. Schließlich bleiben die Notenblätter bei sämtlichen Auftritten zu Hause, wie Bellinghausen betont.
Vor allem in der Karnevalssession ist es eine zusätzliche Herausforderung, schnell zwischen den verschiedenen Musikgenres hin- und herschalten zu müssen. "Vor allem im November gibt es Tage, an denen wir von der Kranzniederlegung auf dem Friedhof zur Karnevalssitzung eilen", so Bellinghausen. Umziehen inklusive, schließlich gibt es für alle Anlässe eine eigene Uniform. Jecke Extratouren gehören beim Tambourcorps dazu.
In Siegburg spielten die Musiker kurzerhand den Besuchern und Mitarbeitern eines Kaufhauses ein Ständchen und fuhren dabei auf der Rolltreppe rauf und runter. "Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft und vermissen uns schon richtig, wenn wir mal nicht zusammen unterwegs sind", erzählt Bellinghausen augenzwinkernd. Wer Lust hat, mitzumachen, ist im Tambourcorps willkommen.
Anfänger erhalten eine fundierte musikalische Ausbildung. Geprobt wird montags von 19 bis 21 Uhr im Multifunktionsraum des Bauamtes in Thomasberg. Informationen gibt es im Internet unter www.tc-siebengebirge.de oder bei Reinhard Willwerts unter der Telefonnummer (0 22 24) 97 29 33.
