Kamelle, Kamelle

110 Tonnen Naschwerk etikettiert der Alfterer Dieter Schwadorf pro Saison für den Kölner Rosenmontagszug - Das Reiterkorps "Jan von Werth" ordert Waffeln, die Prinzengarde "Süße Grüße"

Alfter. In Reih und Glied, eingehüllt in Silberpapier, fließen die belgischen Waffeln auf dem Gummi-Gurt dahin, 6 000 Stück pro Stunde. Am Ende ihrer kurzen Reise auf dem Transportband wartet die Etikettiermaschine: Eine kleine, kaum wahrnehmbare Bewegung des Apparats, schon ist die Waffel in eine grüne Banderole mit dem Aufdruck "Reiterkorps Jan von Werth" gehüllt und wird auf die nächste Palette verfrachtet.

Dieter Schwadorf hat sich die Maschine, die knusprige Waffeln in handfestes Wurfmaterial verwandelt, nach seinen Vorstellungen bauen lassen. Der Alfterer Großhändler, der außerhalb der Saison beispielsweise Tankstellen, Kioske und Schulen beliefert und nicht nur im Vorgebirge als Kelterer der Brombeerwein-Spezialität "Rebellenblut" bekannt ist, wird während der tollen Tage zum Kamelle-Veredler.

Das Kölner Reiterkorps "Jan von Werth" von 1925 ist nur einer von vielen prominenten Karnevalsvereinen, die mit Hilfe von Schwadorf Eigenwerbung auf Pralinen, Schokoladen, Eiskonfekt und Gebäck verbreiten. "Zu 95 Prozent geht mein etikettiertes Wurfmaterial nach Köln. Ich beliefere dort 80 Vereine, alle großen Gesellschaften", sagt er.

Dazu gehört die traditionsreiche "Kölner Funken Artillerie von 1870" - kurz "Blaue Funken" genannt - genauso wie "Die Köllnische" und die Karnevalsgesellschaft "Treuer Husar Blau-Gelb von 1870". "Beim Kölner Rosenmontagszug sind meine Etiketten Kult. Da zählt Klasse statt Masse."

Also werfen die Kölner lieber weniger, dafür aber edel Verziertes mit dem Konterfei des Präsidenten, des neuen Zugleiters, dem Vereinswappen oder einem Schriftzug zum Jubiläum: "Ne herzliche Jross vom Rusemondachszoch us Kölle!" Auf Papier landen in erster Linie Fotos und Porträts in Kombination mit den Vereinsfarben.

Die Kölner Prinzengarde hat zu ihrem 100-jährigen Bestehen mal eben 40 Paletten imagebildende Naschereien bei Schwadorf geordert. 110 Tonnen etikettiert der 52-Jährige pro Saison für den Kölner Rosenmontagszug. Nicht alles geht in dem Gebäude an der Weberstraße maschinell: Zwei Mitarbeiterinnen des Großhändlers sind seit Dezember damit beschäftigt, mit einem Prittstift die Banderolen auf die Pralinenschachteln zu bannen - mehrere hunderttausend Packungen werden es am Rosenmontag gewesen sein.

Schokolade und Co. - alles Markenware von mittelständischen Vertragspartnern - werden aus Deutschland und Belgien geliefert. "Die großen Namen würden da nicht mitmachen." Die Idee, das Know-how und die Verträge mit den Süßwarenproduzenten übernahm Dieter Schwadorf vor zehn Jahren von einem Kölner Großhändler.

Seitdem ist er mit Leib und Seele bei der Sache, kümmert sich auch selbst um die Gestaltung der Banderolen, entwirft gemeinsam mit einer Druckerei Vorlagen, "aber der Initialzünder bin immer ich". Die Vereine müssen mindestens 2 000 Banderolen bestellen, sonst lohnt sich der Druck nicht. 14 Tage vorm Zug beginnt die Auslieferung, meistens zwei große Lkw-Ladungen pro Verein.

Dieter Schwadorf zeichnet die Leckereien nicht ausschließlich für die Zeit des Fastelovends aus. Unter seinen Kunden ist unter anderen die Stadthalle Bad Godesberg vertreten, die eine Ummantelung für Kaffeegebäck bei ihm geordert hat. Diese Aufträge nimmt er auch nur in den Wintermonaten entgegen. Im Sommer steht die Maschine des Alfterers still. Dank der kölschen Wurf-Wut rentiert sie sich allemal.