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Rheinische Gemütlichkeit steht nicht im Zeitplan

Rheinische Gemütlichkeit steht nicht im Zeitplan

Der General Anzeiger begleitet das Bad Godesberger Prinzenpaar zwischen Haifischbar und Milljöhsitzung - Im Tollitätenbus werden Kostüme geflickt, Nägel lackiert und Fleischwurst samt Käse verteilt

Bad Godesberg. Unterwegs mit dem Prinzenpaar. Sie werden bejubelt und reich beschenkt. Sie bewegen die Massen. Wenn sie in den Saal kommen, erheben sich die übrigen Gäste respektvoll von ihren Plätzen. Nur selten trifft man sie alleine, denn sie haben Mitarbeiter für alle Fälle.

Einer hat den Zeitplan im Auge. Einer achtet auf den ordnungsgemäßen Zustand der Ornate. Die Rede ist vom Bad Godesberger Prinzenpaar. Begleitet von ihrem Hofstaat und der Tanzgarde der i-Pünktchen besuchten sie am Samstagabend ihre närrischen Untertanen in Friesdorf, Dottendorf, Rüngsdorf und Muffendorf. Gegen 20 Uhr macht sich der Tross auf den Weg. An der Stadthalle wird etwas Alkohol zur Wegzehrung eingeladen.

Prinz Christoph II. und Godesia Annemie haben es sich, umringt von ihrem treu ergebenen Hofstaat, im vorderen Bereich des Reisebusses bequem gemacht. Im hinteren Teil fiebern die i-Pünktchen ihrem ersten Auftritt des Abends entgegen. Präsidentin Rosi Aretz stellt sicher, dass alle ihre Schützlinge an Bord sind, bevor sie sich sich selbst zuwendet.

Ein scharfer Geruch steigt im Bus auf, die Quelle ist schnell ermittelt. "Noch zwei Fingernägel, dann können wir los", ruft Aretz Hofmarschall Peter Kittler zu. Mit gekonntem Schwung vollendet sie ihr glitzerndes Werk, die Tour kann beginnen.

"Jetzt geht's los", schallt es aus den Lautsprechern und dutzenden Kehlen. Um 20.30 Uhr wollen die Tollitäten auf dem Kostümball der Jecken Goten sein. Tatsächlich werden sie schon etwas früher in der Haifischbar empfangen. "Da können wir ein paar Minuten rausholen", freut sich Kittler. "Fertig machen!", gibt er dem Hofstaat das Kommando zum Einmarsch. Auch für die i-Pünktchen ist jetzt "Showtime".

Bevor Prinz Christoph II. und Godesia Annemie den Orden der Jecken Goten in Empfang nehmen dürfen, müssen sie bei einigen kuriosen Aufgaben ihre Eignung unter Beweis stellen. Dafür tauschen sie die weißen Baumwollhandschuhe gegen lederne.

Damit auch die rot-goldene Robe der Godesia keinen Schaden nimmt, krempelt ihr eine Pagin die Ärmel hoch. Als Prinz Christoph den Orden erhält, hebt ihm ein getreuer Helfer den Hut an. Ein Ritual, das sich im Verlaufe des Abends wiederholen wird.

Auch beim Ausmarsch beachten alle streng das Protokoll. Vorneweg marschieren die i-Pünktchen. Vor der Haifischbar werden Beobachter Zeugen eines weiteren Rituals. Die Tänzerinnen bilden ein Spalier und jubeln dem passierenden Hofstaat zu.

Ohne Uniform und stets im Hintergrund hält sich Walter Hoffmann auf. Seit einem Jahr fährt er den Bus der Tollitäten. Ehrenamtlich, "damit das für die nicht zu teuer wird". Er selber war lange Jahre Mitglied im Godesberger Festausschuss. Seinen Prinzenorden hat er bescheiden unter der Jacke versteckt. Viele Auftritte kann er selbst nicht sehen. Er muss immer ein Auge auf den Bus haben.

Auf der Sitzung der KG Dänemark Rut Wiess 1926 in Dottendorf werden die närrischen Regenten aus Godesberg herzlich empfangen. Christoph II. handelt sich Ärger ein, weil er seine Godesia auf der Bühne als "das Lieblichste, was der Godesberger Karneval zu bieten hat", mit der Einschränkung "abgesehen vom Prinzen" versieht.

Daraufhin droht sie, ihn nicht mit zum Zoch zu nehmen. Die Dottendorfer Narren freuen sich über das Zwiegespräch. Wie bei allen Auftritten wird das Prinzenpaar mit Blumen beschenkt. Alle Sträuße finden Platz im bürgerlichen Heim der Familie Latz. "Die kommen alle ins Wohnzimmer", erklärt der Prinz.

Im Foyer der Festhalle ist noch Zeit für ein Bierchen. Derweil passt Kittler auf das Hänneschen auf. Weil die Insignie ein begehrtes Objekt ist, stiftete Christoph I. 1984 eine Sicherung für das Narrenzepter.

Ein schlichtes Lederband am Griff verhindert, dass es dem Prinzen aus der Hand rutscht. Nach dem zweiten Auftritt ist die Stimmung weiterhin blendend. Doch der Zeitplan kennt keine rheinische Gemütlichkeit. In einer Viertelstunde soll das Prinzenpaar auf der Bühne in Rüngsdorf stehen. Ein verloren gegangenes Handy sorgt für Verspätung und damit für Unruhe.

Ihre Laune lassen sich die Narren davon aber nicht verderben. Dass der Hofstaat glänzend harmoniert, ist nicht zu übersehen. Dies sei keine Selbstverständlichkeit, weiß ein Kenner zu berichten. Mit wenigen Minuten Verspätung kommt der Bus am Rüngsdorfer Rheinufer an.

Unterwegs behebt Rosi Aretz kleinere Schäden am Kostüm einer Tänzerin. Fleischwurst und Käse dienen als Energiespender. Die Verzögerung nach dem Auftritt in Dottendorf bleibt nicht ohne Folgen. Auf der Karnevalsfeier der Lotteriegesellschaft Einigkeit 08, auch Kolönnchen genannt, können die i-Pünktchen nur einen Tanz aufführen.

Zum Abschluss des Abends besucht die Gruppe die Milljöhsitzung der Bergfunken. Mittlerweile ist es 23 Uhr. Ein letztes Mal gibt es für die Godesberger Hoheiten Orden, Blumen und dreimal Alaaf. Ein letztes Mal - für diesen Abend.