Das Auge nascht mit

Der Alfterer Süßwaren-Großhändler Schwadorf liefert Kamelle für die ganze Region - mit eigenen Etiketten

Alfter. "Em Himmel jiit et kein Kamelle", so heißt es in einem der zahlreichen Karnevalslieder der Paveier. In Alfter hingegen schon - und das schon lange vor den Karnevalszügen.

Der Süßwaren-Großhändler Dieter Schwadorf, im Kölner Karneval als "Kamelle Dieter" bekannt, verkauft seit fast 25 Jahren Wurfmaterial an die Karnevalsjecken im Köln/Bonner Raum. Während in den 90er Jahren Kleinkunden, regionale Vereine und Prinzenpaare zum Kundenstamm gehörten, beliefert er seit 1998 vor allem den Kölner Rosenmontagszug mit über 100 Tonnen Naschwerk, das er mit eigenen Etiketten versieht.

Mittlerweile lassen die großen Kölner Traditionsvereine mit Hilfe von Schwadorf ihr Wurfmaterial veredeln - mit Bildern, mit Vereinslogos, mit Slogans. "Es hat definitiv ein Umdenken in der Auswahl der Produkte stattgefunden. Die Kunden wollen nicht mehr mit ansehen, wie ihre Kamelle am Straßenrand liegen bleiben.

Deshalb bestellen sie bewusst Markenware, die für Qualität steht", erklärt der Großhändler. Die Dauerbrenner Popcorn, Mäusespeck und Kaufruchtstangen liefen natürlich immer noch sehr gut, aber die Nachfrage der normalen Handelsware Kamelle sei auf ein bis zwei Tonnen rapide abgesunken.

Der Verkauf der Leckereien konzentriert sich mittlerweile auf die Domstadt. "Zu 95 Prozent geht mein etikettiertes Wurfmaterial nach Köln. Ich beliefere dort 70 Vereine, alle großen Gesellschaften", sagt Schwadorf. Aber auch lokale Kunden würden nicht vernachlässigt. Für den Alfterer Kinderzug orderte der Roisdorfer Brunnen beispielsweise Schokowaffeln mit eigenem Aufdruck.

Und auch Kleinkunden kauften nach Vorbestellung Wurfmaterial mit neutralen Etiketten. Die prominenten Karnevalsvereine, wie die "Kölner Funken Artillerie von 1870" - kurz "Blaue Funken" - stellen in Bezug auf die Größenordnung mit bis zu 100 000 Fruchtgummitüten und 80 000 Schokowaffeln da schon ein ganz anderes Kaliber dar. Mit Hilfe von Schwadorf betreiben sie auf Pralinen, Schokoladen, Waffeln, Fruchtgummi und Eiskonfekt regelrecht Eigenwerbung.

Für den Filius, Dirk Schwadorf, der auf absehbare Zeit in die Fußstapfen seines Vaters treten wird, ein logischer Prozess. "Corporate Identity - Unternehmensidentität - ist das moderne Stichwort im Kölner Karneval. Die Jecken werfen lieber etwas weniger, dafür aber edel Verziertes mit dem Konterfei des Präsidenten, dem Vereinswappen oder einem Schriftzug zum Jubiläum. Sie setzen vermehrt auf Klasse statt Masse".

In der Halle des Großhändlers an der Weberstraße, der außerhalb der Saison beispielsweise Tankstellen, Kioske und Schulen beliefert und nicht nur im Vorgebirge als Kelterer der Brombeerwein-Spezialität "Rebellenblut" bekannt ist, läuft nicht alles maschinell: Die mit Silberpapier umhüllten Schokowaffeln müssen per Hand aufgelegt und abgenommen werden.

48 000 Stück laufen täglich über das Fließband der Etikettiermaschine, die der 55-Jährige nach seinen Vorstellungen bauen ließ. Die Idee, die Kontakte und die Verträge mit den Süßwarenproduzenten übernahm er vor zwölf Jahren von Hermann Forstbach, der 1966 selbst Kölner Prinz im Dreigestirn war.

Seitdem ist er mit Leib und Seele bei der Sache. An innovativen Ideen mangelt es ihm sowieso nicht. Selbst verpackte "Kamelle Büggel", die als Tragetaschen im Zug verwendet werden, und Klappboxen sind derzeit der Renner. "Die Kunden erhalten die Ware ohne Kartonage. Müllvermeidung spielt eine große Rolle. Das ist die Zukunft des Karnevals", sagt Schwadorf.

Im Angebot tauchen sogar Bio-Bärchen auf. Die Auslieferung läuft zurzeit auf Hochtouren, meistens zwei große Lkw-Ladungen pro Verein. Die Wirtschaftskrise hat dem Kölner Karneval bisher nicht geschadet. "Dazu ist er in den Köpfen viel zu sehr verankert. Die Jecken sparen lieber und verzichten auf ihren Urlaub", so Schwadorf.