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Ein Pittermännchen erblickt das Licht der Welt

Ein Pittermännchen erblickt das Licht der Welt

Bei den Landstürmern dreht sich alles um eine Hochzeit, eine Geburt und einen Abschied: Franz Mostert zieht sich nach 38 Jahren von der Bühne zurück

Rheinbach. Ingo Buttenberg hat das Motto der diesjährigen Landsturm-Sitzungen ernst genommen. "Verlieb, verlob, verhierot. Höck es Polterovend en de Pollichsjass" lautete es - und der Mann in Frack und Zylinder kam am Ende der Sitzung auf die Bühne, um seiner Freundin über das Mikrofon einen Heiratsantrag zu machen.

Die war zwar im Gegensatz zu vielen anderen am Freitagabend nicht als Braut in die Stadthalle gekommen, sondern als Punkfrau mit prächtig aufgestelltem Haar - aber angenommen hat sie trotzdem. Es war nicht das einzige Mal, dass es gefühlig wurde.

Es galt Abschied zu nehmen von einem, der seit 38 Jahren dabei ist: Franz Mostert hatte am vergangenen Wochenende seine letzten Auftritte auf der Bühne, wird aber auch nach seiner aktiven Zeit selbstverständlich Landstürmer bleiben.

Als schmucker Goldhochzeiter neben seiner etwas mächtiger wirkenden Gattin Willi Schneider stimmte er die Karnevalslieder an wie eh und je, doch am Ende sangen seine Kollegen - und der gesamte Saal - für ihn, den Mann, der vor 60 Jahren als erstes Rheinbacher Nachkriegs-Tanzmariechen in den Karneval einstieg.

"Niemals geht man so ganz" und "Mer losse de Franz im Landsturm" hieß es da, und hier und da glitzerten Tränen. Vier Stunden lang hatten die Gäste im ausverkauften Saal zuvor eine Sitzung erlebt, die keine Wünsche offen ließ: Slapstick, gerne auch mal derb, Tanznummern mit mehr und weniger geschmeidigen Akteuren sowie manche Rede und manches Zwiegespräch mit geschliffenem Wortwitz wurden ihnen geboten.

Der Landsturm, so der Gesamteindruck, hat sich wieder mehr auf seinen Ursprung besonnen. Viel Lokalkolorit gab es diesmal - mit beliebten Zielscheiben wie Bürgermeister Stefan Raetz, Gewerbevereinschef Paul Nelles und der Vereinsaktiven Kerstin Klier.

Es ist 20.55 Uhr, als zum ersten Mal ein Name fällt, der nicht fehlen darf: Es geht um soziale Brennpunkte, und die Rede ist von Rheinbachs direkter Nachbarstadt. "Ist einer aus Meckenheim im Saal?" fragt Hans-Peter Eich alias Paul Nelles. Und einer traut sich aufzustehen: Kernstadtprinz Prinz Reiner I.

Es wird nicht das einzige Mal bleiben, dass die Rheinbacher ihrer Hassliebe zu Meckenheim frönen, aber am Ende steht eines im Mittelpunkt: die Hochzeit, um die sich die Karnevalssitzungen dieses Jahr drehen. Doch, wie das Leben so spielt: Braut Willi Mertens platzt mitten bei den Feierlichkeiten die Bierblase - und ein Pittermännchen erblickt das Licht der Welt.

Einzelwertung

  • Harald Assenmacher: Im dritten Jahr dabei, spielt er souverän auf - und kommt beim Publikum prima an.
  • Hans-Peter Eich: Der Organisator und Moderator zeigt ohne Scheu körperlichen Einsatz, sei es als Vortänzer oder als Baby, das auf der Bühne gewickelt wird.
  • Achim Frank: Eine der bösesten Zungen - seine Seitenhiebe auf die Lokalprominenz sitzen und tun schon mal weh.
  • Willi Mertens: Seine Rolle ist eher bescheiden, sein Bauchumfang nicht: Selten war die Braut schwangerer.
  • Willi Mirgartz: Eine der Stützen, wenn es um den Gesang geht, mit Tremolo und allem Drum und Dran.
  • Franz Mostert: Nach 38 Jahren beim Landsturm immer noch wacker auf der Bühne - Mitsingen gehört natürlich dazu.
  • Jacob Mufleh: Der Mann hat Körpergefühl. Das hilft, auch im Flamenco-Kleid eine gute Figur zu machen.
  • Josef Muhr: Der Musikus unter den Landstürmern behält das (Bildungs-)Niveau auf der Bühne im Blick.
  • Fred Paral: Wer acht Kinder hat, braucht sich keine Sorgen zu machen. Um Gags sind er und die lieben Kollegen nie verlegen.
  • Josef Pick: Keiner bringt seine Witze so trocken rüber. Ein Komödiant, wie er im Buche steht.
  • Willi Schneider: Auch er ist beim Landsturm ein Mann der ersten Stunde - und als Goldhochzeiterin einfach entzückend.
  • Ralf von der Heiden: Der Neue hat einen guten Einstand gegeben: ein Mann, der seine Witze gelassen präsentiert, damit sie in Ruhe wirken können.
  • Thomas Zimmer: Ein guter Sänger, ein guter Schauspieler - aber den Landrat nimmt ihm (zum Glück) keiner ab.

Helfer: Jonas Mirgartz, Carsten Mertens, Kurt Kurscheidt, Thomas Kleinfeld

Maske/Frisuren: Monika Hausmann, Vanessa Fett, Melanie Klein

Musikbegleitung: Werner Giertz; Technik: Willi Mertens

Bühnenbild: Janni Feuser.