Spaß auch ohne Alkohol

Gespräch mit der Pädagogin und Präventionsexpertin am Amos-Comenius-Gymnasium, Cordula Grunow

Bad Godesberg. Gerade zur Karnevalszeit ist das Thema Alkohol bei Jugendlichen akut. Das Problem Sucht und Drogen zieht sich jedoch ganzjährig durch den Schulalltag. Die stellvertretende Direktorin des Amos-Comenius-Gymnasiums engagiert sich seit Jahren im bundesweiten Förderverein "Keine Macht den Drogen" (KMdD) und gibt für ihn Lehrmaterial heraus. Mit Cordula Grunow sprach Ebba Hagenberg-Miliu.

General-Anzeiger: Sie arbeiten im Gemeinnützigen Verein "Keine Macht den Drogen" mit. Was sind dessen Ziele?

Cordula Grunow: Der Förderverein wurde 1996 gegründet und ist aus der seit 1990 bestehenden gleichnamigen Kampagne hervorgegangen. Seine Ziele liegen im präventiven Bereich. Mit seinen Maßnahmen in Schulen, aber auch für die Freizeit will er Kindern und Jugendlichen Unterstützung bei der Identitätssuche bieten.

Neben reiner Aufklärung werden ihnen Anregungen zur aktiven und selbstbestimmten Lebensgestaltung aufgezeigt. Das sind wichtige Voraussetzungen, damit Rauschmittel gar nicht erst als begehrenswert empfunden werden. Finanziert werden die Maßnahmen hauptsächlich durch private Spenden und Sponsoren.

GA: Warum sind vor allem Alkohol und illegale Drogen so attraktiv für Heranwachsende? Wo fängt die Gefahr an?

Grunow: Heranwachsende wollen an einer Gesellschaft teilhaben, die mit Suchtmitteln lebt. Neugierig sein, Spaß haben, einen "Flow" durchleben, zu einer bestimmten Gruppe dazugehören, auch Frust-Erlebnisse kompensieren - das sind Motive für Alkohol- und Drogenkonsum für Jugendliche. Die Grenzen zur Sucht sind dann aber fließend. Und gerade das ist gefährlich.

Viele denken immer noch: Das habe ich im Griff, ich kann es steuern. Bei Rauschmitteln ist das aber kaum möglich. Wichtig ist, Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, dass das Leben auch ohne Drogenkonsum spannend ist. Gleiches gilt übrigens auch für stoffungebundene Süchte wie Computer- und Spielsucht.

GA: Sind Probleme mit Sucht und Gewalt in den letzten Jahren an Bonner Schulen gestiegen?

Grunow: Das subjektive Bedrohungsgefühl ist nachweislich gestiegen, aber in Studien konnte eine Zunahme der Gewalt nicht nachgewiesen werden. Drogenkonsum bei Jugendlichen ist sicher nicht schultyp-spezifisch. Überall dort, wo Jugendliche zusammenkommen, gibt es das Problem, da machen Schulen keine Ausnahmen.

GA: Welche Rolle spielen die Eltern? Welche die Lehrer? Welche sollten sie spielen? Stehen Sie als Lehrer nicht oft vor vollendeten Tatsachen?

Grunow: Wir sitzen da im selben Boot. Wir wollen gemeinsam arbeiten und niemandem die Schuld zuweisen. Daher laden wir im Rahmen unseres Präventionsprojektes auch immer Eltern zu einem Gesprächsabend ein.

GA: Sie sagen, dass ein gutes Schulklima Auswirkungen aufs Konsumverhalten von Alkohol, Tabak und Cannabis haben kann. Was macht ein gutes Schulklima aus?

Grunow: Wenn Schüler sagen: "Das ist meine Schule, ich gehöre dazu". Dazu gehört aber auch, Grenzen zu setzen. Außerdem sind gelebte Vorbilder notwendig, etwa wenn unsere schulische Karnevalsfeier an Weiberfastnacht ohne Alkohol Spaß macht. Insgesamt ist uns die Förderung eigenständiger Persönlichkeiten ein Anliegen.

Dazu leisten wir als Schule einen Beitrag durch Kommunikationstraining, Gewalt- und Suchtprävention, Gesundheitserziehung und Streitschlichterausbildung. Wir arbeiten eng mit Mitgliedern unterschiedlicher Fachgruppen im Bereich der Prävention zusammen. Zu den festen Bausteinen zählt neben der individuellen Beratungsarbeit für die Jahrgänge 5 bis 7 ein so genanntes Kompetenztraining "KomPass", das für Kommunikation, Prävention, Arbeits- und Sozialverhalten sowie den Erwerb von Schlüsselqualifikationen steht.

Ein weiterer Baustein ist ein fachübergreifendes Projekt in den Klassen 7. Der Politikunterricht thematisiert gesellschaftliche Ursachen und Auswirkungen des Drogenkonsums. Im Religionsunterricht steht im Vordergrund: Wie kann ich Gruppendruck widerstehen?

GA: An welches besondere Erfolgserlebnis erinnern Sie sich innerhalb Ihrer Suchtpräventionsarbeit spontan?

Grunow: Gerade in diesem Bereich ist Erfolg schwer messbar. Erst Jahre, nachdem die Jugendlichen die Schule verlassen haben, wird man sehen, ob die Präventionsarbeit nachhaltig Wirkung zeigt. Erfreulich ist, dass die CD-ROM, "Drogenprävention interaktiv", die mit einigen Schülern am Amos entstand, immer noch im Programm von "Keine Macht den Drogen" ist und damit weiterhin an deutschen Schulen eingesetzt wird. Diese Schüler haben mittlerweile das Abitur.