1. Narren-News
  2. Beuel

Wohnzimmer voller Jecken: Wenn die Karnevalisten einfallen

Wohnzimmer voller Jecken : Wenn die Karnevalisten einfallen

Die Einkaufsliste für Gisela Keilus ist lang. 140 Stücke Grillfleisch, 80 Würstchen, 180 Brötchen und nochmal so viele Liter Bier muss sie bis Sonntag besorgen. Dann geht der Liküra-Karnevalszug an ihrem Haus vorbei.

Doch anstatt Kamelle zu sammeln, lädt sie seit mehr als 15 Jahren Freunde und Bekannte in ihr Wohnzimmer ein, um zu feiern. Seit sieben Jahren fallen auch die Beueler Stadtsoldaten bei Familie Keilus ein, letztes Jahr tanzten die Dilledöppchen auf dem Parkett. Sogar eine holländische Marschmusikgruppe gab ein einstündiges Konzert zwischen Esstisch und Sofagarnitur.

"Das war wirklich die wahnsinnigste, was wir hier erlebt haben", sagt Gisela Keilus. Überraschter waren sie und ihr Mann Ralf wahrscheinlich nur, als sie damals nichtsahnend vor dem Fernseher saßen und gerade eingezogen waren. Die gebürtigen Bonner wohnten lange in Hamburg, kannten den Umzug vor ihrer Haustür gar nicht. "Und plötzlich war hier die Hölle los", erzählt Gisela Keilus. Sie setzten sich ans Fenster und beobachteten das jecke Treiben. "Diesen Logenplatz mussten wir noch anders nutzen." Im darauffolgenden Jahr besorgte die Familie ein Fässchen Bier und ließ die erste Karnevalsparty steigen. Jedes Mal kamen mehr Besucher. Und irgendwann die Stadtsoldaten. "Die standen gegenüber an der Kneipe, ich rief sie herein", sagt Gisela Keilus.

Mittlerweile hat die Fete Ausmaße angenommen, die denen in Kneipen gleicht. 200 Menschen sind es sicherlich, die den Tag über durch die Haustüre kommen und gehen. "Deswegen muss ich alles lange im Voraus planen", so Gisela Keilus. Unterstützung bekommt sie nicht nur von ihrem Mann, sondern auch ihrer Tochter Nadine und Schwiegersohn Marc. Sie wälzt wochenlang die Angebote der Supermärkte, die zehn Liter Rindfleischsuppe werden zur Hälfte vorgekocht, zur Hälfte frisch zubereitet.

Der Himbeerschnaps wird selbst gemacht und durch Nylonstrümpfe gefiltert - zweimal, damit er ganz klar ist. "Wir fangen vor Weihnachten mit allem an, sonst ist es zu stressig", sagt Gisela Keilus. Diesen Einsatz danken die Gäste der Familie, schmeißen Spenden in das Sparschwein oder bringen Geschenke mit. Von den Stadtsoldaten gab es eine Flagge, die an Karneval herausgehangen wird. "Wir wollen damit kein Geld verdienen, die Kosten sind immer so gut wie gedeckt." Sonst wäre die finanzielle Belastung auch zu groß: Etwa 1000 Euro mussten sie diese Session ausgeben.

Auch wenn die Stimmung jedes Mal ausgelassen ist, zu Bruch ist bisher selten etwas gegangen. Nur der Fernseher hat einen Kitschen, weil ein Regalboden durch Ungeschick eines Jecken darauf gefallen war. "Gläser gehen natürlich regelmäßig kaputt", sagt Gisela Keilus. Auf dem Parkettboden sind tiefe Kratzer zu sehen, er wurde aber seit zehn Jahren nicht mehr abgeschliffen. "Wenn er neu wäre, würden wir uns auch mehr ärgern", findet das Ehepaar. Einen massiven Umbau hat es für den Zug kommenden Sonntag gegeben: Die Abstellkammer wurde zu einem Gäste-WC umgebaut. Ehemann Ralf musste Waschbecken, Toilette und Rohre montieren, weil die Schlange vor dem Bad einfach zu groß wurde. "Jetzt haben wir ein Damen- und ein Herren-WC, wer kann das schon von sich behaupten?"

So viel Aufwand die Karnevalsparty auch bereitet, während des Zugs lässt es sich vor allem Gisela Keilus gutgehen: Sie hat ihren Platz am Fenster. Tische und Sofas sind beiseite geräumt, es herrscht Selbstbedienung. "Höchstens wenn jemand die Kaffeemaschine nicht ans Laufen kriegt muss ich einspringen", sagt sie. So lange die Vorbereitungen gedauert haben, so schnell sind die Spuren der Feier wieder beseitigt. Am Abend wird das Grobe weggeräumt, an Rosenmontag der Rest. Dann ist Karneval für Gisela und Ralf Keilus auch vorbei. Bis zur nächsten Session.