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Nachts um eins im Foyer

Nachts um eins im Foyer

Die Proklamation endet als Party. Toller Abend mit kleinen Prinzen, kleinen Patzern und viel Gesprächsstoff

Bonn. Das Foyer der Beethovenhalle sah aus, als ob eine ganze Marineflotte gestrandet wäre. Überall blau-weiß. Dabei bezeichnet sich die "StattGarde Colonia Ahoj" selbst als bunte Truppe. "Wir haben nicht nur Männer, sondern auch Katholiken, Frauen und Heterosexuelle."

Nach dem bejubelten Auftritt bei der Bonner Proklamation hatten es das athletische Tanzcorps und die Kollegen vom Shantychor nicht eilig, wieder rheinabwärts zu kommen und blieben noch auf das eine oder andere Kölsch.

Das Foyer der Beethovenhalle war am Freitagabend auch um ein Uhr nachts noch voll. Bei Prinz Amir I. und Bonna Uta I. wurde die Schlange der Gratulanten nicht kürzer. Sie mussten sich außerdem ans Autogramme verteilen gewöhnen. Die Kinder des Prinzen waren da schon im Bett. David (9) und die Clowns Simon (9) und Niklas (6), an den Schärpen schon von weitem als Prinzen-Söhne zu erkennen, entzückten zuvor den Saal mit ihrem ersten Auftritt.

Für Gesprächsstoff sorgten auch kleine Versprecher während der Proklamation. Da hieß der neue Prinz Amir I. plötzlich Ralf I.; aus der Session "Bonn apart" wurde "Jeck op Bonn". Und statt der angekündigten Ehrengarde marschierten die Stadtsoldaten ein. Aber was soll's? Schließlich heißt das Motto in diesem Jahr "Bönnsche Saache - drövver laache".

Wenn man Uni, BSC und Polizei unter einen Hut bringen möchte, muss man sie nur im Elferrat auf die Bühne setzen. Auch Filiz Tosun vom Restaurant Opera, vor der im Karneval kein Orden und kein Soldatenschiffchen sicher ist, wusste diese Ehre sichtlich zu schätzen und animierte die Mit-Räte schon auf der Bühne zum Tanzen.

Jürgen Winterwerp (Stadtwerke) und Reinhard Sentis (Stadtdekanat) traten spät abends zum "Fassadenwettbewerb" an. Ex-Bonna Kirsten Engbrocks, die den Elferrat geschminkt hatte, wollte wissen, bei wem das Clownsgesicht besser hielt. Ausgeprägte Mimik ist da kontraproduktiv, deshalb Platz 1 für Sentis.

Stephan Eisel war quasi inkognito da, erst bei genauerem Hinsehen entdeckte man unter der Elvis-Tolle den Ex-CDU-Bundestagsabgeordneten. SPD-MdB Ulrich Kelber, in Sträflingskleidung, fühlt sich als Gefangener der schwarz-gelben Koalition. Michael Faber, der neue Linke im Rat, kam als Robin Hood mit roter Feder am Hut. Oder doch als Rattenfänger? Freundin und FDP-Ratsfrau Lisa Obermann trug Mauseöhrchen. Die langen Beine von SPD-Fraktionschef Wilfried Klein steckten noch einmal in der Anzughose. Am Tag drauf tauschte er die gegen Strumpfhosen ein - als neuer Prinz von Dransdorf.

Auch Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch wechselte das Outfit, allerdings schon am selben Abend. Nach seinem opernhaften Auftritt mit Mantel und Lockenpracht trug er wieder den dunklen Zwirn. Er tanzte im Foyer mit seiner Frau und deutete bei "Komm hol das Lasso raus" dezent die Choreografie des Partyhits an.

Musik hatten nach dem Programm alle in den Beinen. Dafür sorgte die Bonner Truppe Querbeat, die am Ende erst nach mehreren Zugaben von der Bühne gelassen wurden. Die Klamotten - Boxershorts, Neonleggings, Afroperücke, Fußballhemd - waren ebenso eigenwillig gemixt wie die Samba-Karnevals-Bigband-Musik.

Nicht nur der fröhliche Rausschmeißer bewies, dass die Proklamation zu einem Glanzstück im Bonner Karneval geworden ist. Früher war klar: Da geht man im schicken Anzug hin. Mittlerweile ist alles viel bunter und lockerer, und auf der Bühne wird ein Unterhaltungsprogramm geboten, das sich angenehm vom Sitzungskarneval abhebt.