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Bonn Rosenmontagszug 2024: unterwegs mit Circus Comicus

Rosenmontagszug in Bonn : Bunt, bunter, Comicus

Unterwegs mit der einzigartigen Clownstruppe aus Bad Honnef beim Bonner Rosenmontagszug, die ihren Auftritt mit einer klaren Botschaft verbindet: Bunt ist schöner! Die Kostüme sind oft Ergebnis jahrelanger Arbeit.

Karnevalsprinzessin wollte ich noch nie werden und „Einmol Prinz zo sin“ ist bestenfalls ein lästiger Ohrwurm. Aber einmol Clown zo sin? Der Circus Comicus macht es möglich. Ich darf mich in die bunte Clownstruppe aus Bad Honnef einreihen und mit durch die Bonner Innenstadt ziehen. Zumindest bis zum Friedensplatz, für mehr reicht die Zeit nicht, denn streng genommen ist die Teilnahme am Rosenmontagszug ein tagesfüllendes Programm, vom Schminken am Morgen bis zum Wagen wegparken am Abend.

Comicus ist besonders. Die knallbunten Clownskostüme sind inzwischen ein Stück Karnevalskultur und Vorbild für viele, die auch am Straßenrand mit Clownskleidern und Flickenhosen verkleidet sind. Den passenden Rock, Perücke und Ringelshirt habe ich im Fundus und gebe auch sonst alles an Blumen und Glitzer, was die Verkleidungskiste hergibt. Am Aufstellplatz an der Noeggerathstraße muss ich feststellen: Ich bin bestenfalls farbig, aber nicht richtig comicus-bunt. Dafür bräuchte ich mehr Pailetten, Pompoms, Fliegen, Schleifen, Sternchen, Goldlitzen und Schriftzüge, Aufnäher und Buttons. Dazu Elemente aus Steampunk und Pop-Art, Comics und Fernsehserien.

Es gibt keine Statuten für die Kostüme

Die meisten Clowns haben ihre Kostüme über Jahre perfektioniert. „Es gibt dazu keine Statuten, aber meistens fängt es mit einer Uniform oder Ornatsjacke an“, sagt Pressesprecherin Agnes Pakowski, die am Montag als Wagenengel unterwegs ist. Wie würde sie den Stil des Circus Comicus beschreiben? „So bunt, wie es irgendwie geht. Sehr kreativ, verrückt und unernst.“

Viele tragen Regenbogenfarben als Hut, Brille, Federboa oder Schminke. „Wir sind Clowns für Toleranz. Es ist kein Zufall, dass die Regenbögen hier so präsent sind“, erklärt Pakowski. Zur Toleranz anderen Religionen gegenüber gehört, dass beim Bonner Rosenmontagszug nur Geflügelwürstchen auf den Rost im circuseigenen Grillwagen kommen – ein beliebter Snack bei den Zaungästen am Straßenrand. Weitere Slogans sind „Bunt im Herzen“, „Immer bunt und lustig bleiben“ und „Bunt ist schöner“.

 Das Feuerwehrauto aus dem Jahr 1938 fährt traditionell vorneweg.
Das Feuerwehrauto aus dem Jahr 1938 fährt traditionell vorneweg. Foto: Benjamin Westhoff

Historisches Feuerwehrauto von 1938

Die historischen Trecker, die die Wagen ziehen, und das Feuerwehrauto von 1938 sind schon früh da. Dann kommt noch eine Busladung Fußvolk an, insgesamt sind es rund 200 Aktive. Comicus ist man nicht nur im Karneval. „Wir fangen schon im Spätsommer an. Im September oder Oktober werden alle Traktoren gewartet“, sagt Zugleiter Tim Wehdeking. Vor welchen Pannen hat er Angst? „Schlimm wäre, wenn ein Generator ausfällt und wir keine Musik haben.“ Ansonsten sind die Clowns nicht nur Feuerwehrleute, Piloten und Treckerfahrer, sondern auch Monteure. „In Oberkassel sind wir beim Auflösen noch durch eine Scherbe gefahren, da mussten wir schnell einen Reifen wechseln“, erzählt der Zugleiter.

Der erste Wagen setzt sich kurz nach 12 Uhr in Bewegung, doch für uns heißt es noch knapp eine Stunde warten, bis sich die Wagen mit der Zugnummer 7 einreihen dürfen. Der Zugleiter bläst die Trillerpfeife, und sofort kommt Bewegung in die Truppe. Es braucht keine Worte, alle scheinen zu wissen, wo jetzt ihr Platz ist. Die erste von drei Fliegerinnen wird an die Angel gehakt, der Konfettikanonier geht an die Kanone. „Reih dich irgendwo ein“, sagt der Zugleiter im Vorbeigehen.

Die bunten Clowns vom Circus Comicus haben nicht nur Kamelle, sondern auch Konfetti und Seifenblasen dabei.
Die bunten Clowns vom Circus Comicus haben nicht nur Kamelle, sondern auch Konfetti und Seifenblasen dabei. Foto: Benjamin Westhoff

Das mache ich, und direkt hinter dem wartenden Prinzenwagen stehen die Zuggäste schon dicht an dich in der Thomas-Mann-Straße. „Kamelle, Kamelle, Kamelle!“. schallt es aus der Menge. Die Comicusse verteilen aber nicht nur Süßes, sondern auch Seifenblasen und Konfetti. Schon nach einigen Hundert Metern habe ich gelernt, dass man besser nicht direkt dahinter steht, wenn der Vordermann eine Riesenseifenblase macht. Auch wenn man zu nah an einen Trecker kommt, gibt es einen kollegialen Schubs. Die Wagenengel passen auch auf eigene, leicht reizüberflutete Leute wie mich auf.

 Tanzen und Hüpfen ist auch für GA-Reporterin Bettina Köhl Pflicht.
Tanzen und Hüpfen ist auch für GA-Reporterin Bettina Köhl Pflicht. Foto: Benjamin Westhoff

Schon die kurze Teilstrecke bis zum Markt zeigt, dass es durchaus anstrengend ist, die ganze Zeit zu hüpfen und zu tanzen. Die Musik von Querbeat ist wie gemacht als Soundtrack für diese bunte Truppe: Tsching, Tsching, Tsching, Tsching, Tschingderassabum. Den Warnhinweis der Höhner an die dusselige Prinzessin, „dat Krokodil well dich fresse“, konnte ich ohnehin nicht mehr hören.

Hunderte Handykameras filmen den Auftritt

Es macht wirklich Spaß, mit den Comicüssen unterwegs zu sein. Sie gehen immer wieder auf die Leute am Zugrand zu und animieren sie, mitzumachen. Ein Clown spannt immer wieder seinen mit Konfetti bestückten Schirm auf und lässt es regnen. Der Dank sind strahlende Gesichter. Hunderte Handykameras sind ständig auf uns gerichtet, da müssen wir natürlich liefern. Ich stelle fest: Es ist anstrengend, die ganze Zeit clownesk zu strahlen, wenn man – wie ich – entspannt eher einen neutralen bis motzigen Gesichtsausdruck hat. Ich muss meine Rolle als Clown noch finden.

„Es gibt auch Horrorclowns“, versucht ein Kollege später in der Redaktion etwas uncharmant zu trösten. Vielleicht male ich mir beim nächsten Clownsgesicht noch ein paar Tränchen auf – natürlich in Regenbogenfarben.