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Erinnerungsfotos im hauseigenen Klingelpütz

Erinnerungsfotos im hauseigenen Klingelpütz

Gardisten durchstreifen die Gassen und führen die Angeklagten in der Bauernschenke und der Gaststätte Richarz vors hohe Gericht

Oberdollendorf. Karneval ist eine ernste Sache. Denn wenn es um den Verrat am karnevalistischen Gemeingut geht, hört der Spaß auf. Nicht umsonst tagen in diesen Tagen zahlreiche Narrengerichte, um die schwarzen Schafe zur Rechenschaft zu ziehen.

So auch in der Oberdollendorfer Bauernschenke, in der die KG Küzengarde zu Gericht saß. Bereits vormittags durchstreiften Gardisten in Uniform die Gassen, um die Angeklagten vorzuladen und dem Gericht zuzuführen. Im "Gerichtssaal" saßen schon etliche Gardisten, darunter auch "Richter" Klaus Weber und "Staatsanwältin" Christel Schute, die mit Spannung die Verurteilung der ersten Angeklagten erwarteten.

Zuversichtlich, dass man genügend Anklagepunkte finden würde, waren alle: "Es wird sich immer etwas finden", meinte Horst Lorenz, Schriftführer der Küzengarde, optimistisch. Man war gut vorbereitet und hatte die Verfehlungen detailliert aufgelistet.

Bürgermeister Peter Wirtz musste sich etwa wegen seines rot-weißen Karnevalskostüms verantworten. Das Fehlen der Farben der Küzengarde (grün-weiß) wurde ebenso bemängelt wie ein flüssiger Beweis seiner Ehrenbürgerschaft in der Partnerstadt Cognac: Ein Fläschchen des edlen Tropfens sollte schon dabei rausspringen, so das Gericht. Auch andere Prominente sahen sich mit herben Vorwürfen konfrontiert.

So wurde Nadja Krause vom Bungertshof vorgehalten, ins Ausland nach Ramersdorf ungezogen zu sein und die diesjährige Sitzung der Küzengarde vergessen zu haben. Selbst verdächtig gemacht hatte sich Wilhelm Schröder vom Restaurant Tour de France. Er hatte sich schon vorab ein mildes Urteil sichern wollen und versucht, die "Staatsanwältin" zu bestechen. Dies wurde sogar noch strafverschärfend gewertet und er musste sich wie alle Angeklagten mit einer Spende freikaufen. Die kam wie in jedem Jahr einem guten Zweck zugute.

Profitieren werden unter anderem die Karnevalsveranstaltungen im Kindergarten, der Schule und die Seniorensitzung. Je nach Höhe der Spende durften sich die Verurteilten dann auch über einen Orden der Küzengarde freuen. Eines jedoch bekamen alle nach überstandener Verhandlung: einen Teller frische Erbsensuppe. Auf Gerichtskosten.

Römlinghoven. Auch die KG Fidele Ströpper hat am Samstag Verhaftungskommandos ausgeschickt um Jecke zur Rechenschaft zu ziehen, die sich unkarnevalistischer Umtriebe schuldig gemacht hatten. Und das hatte nahezu jeder, jedenfalls musste das in der Gaststätte Richarz tagende Gericht nie lange suchen, um bei den Angeklagten entsprechende Verfehlungen zu finden.

Senatspräsident Jochen Lischka fungierte als Richter, der zumeist Milde walten ließ: Die Angeklagten durften die Höhe der Geldstrafe, die sie entrichten mussten, selbst bestimmen. In seiner Urteilsfindung unterstützt wurde das Narrengericht von Thomas Linka, der als Staatsanwalt fungierte und Gudrun Schillo, die als Verteidigerin die Belange der Angeklagten vertrat. Zum Abschluss gab es dann noch ein Erinnerungsfoto im hauseigenen "Klingelpütz", der erstmals in diesem Jahr zur Anwendung kam.

Illustre Angeklagte hatten sich in Römlinghoven angesagt: Neben SPD-Fraktionschef Jürgen Kusserow mussten sich Detlev I. und Bärbel I. aus Heisterbacherrott dem Narrengericht stellen. Aber auch normales Fußvolk wie etwa Ludwig Holtrup, ein Nachbar aus der - wie Richter Lischka spitz formulierte - "Karnickelsiedlung" rund um die Lommerwiese wurde zur Verantwortung gezogen.

Im Zweifelsfall ging das Urteil aber immer für die Angeklagten aus, frei nach der Devise: "Er hat sich doch bemüht", wie Verteidigerin Schillo immer wieder anbrachte. Und auch wenn sich die Angeklagten wie Ludwig Holtrup meistens keiner Schuld bewusst waren, stellten sie sich doch gerne dem Gericht: "Ich bedanke mich für die milde Strafe und komme gerne wieder."