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Schräg, stimmungsvoll und schön anarchisch

Schräg, stimmungsvoll und schön anarchisch

Jeestinger Junge und Kölner Kappen begeistern im Kurtheater mit "Karneval ganz anders als woanders" - Alternativer Fastelovend "Made in Hennef" muss sich nicht verstecken

Hennef. Als im Kurtheater das Licht ausging, lief am Freitagabend ausnahmsweise einmal nicht der Filmprojektor an. Wer sich auf einen schönen Kinoabend gefreut hatte, war falsch im altehrwürdigen Kino. Das offenbarte schon ein Blick auf die Gäste.

Signalisierte deren fantasievolle und farbenfrohe Kostümierung doch gleich, welch jecke Stunde geschlagen hatte. Ein Tusch, Akkordeonmusik und es war Gewissheit. Zwei ordenbehangene Gestalten zogen in den Saal ein, begrüßten König Karneval und besangen die Zeit, in der "dat Niveau widder singk."

"Karneval ganz anders als woanders" haben die "Jeestinger Junge", die A-Capella-Gruppe des MGV, und das Ensemble der Kölner Kappensitzung ihr erstes gemeinsames Programm genannt. Schräg, stimmungsvoll und ein wenig anarchisch sollte der Abend werden, mit dem die 20 Akteure den alternativen Karneval im Kreis etablieren wollen. Das ist ihnen gelungen: Den Vergleich mit der Stunksitzung brauchen sie nicht zu scheuen.

Wussten sie ihre 190 Gäste mit einer tollen Mischung aus Lokalkolorit, Karneval, Kabarett, Show, Satire und Skurillem zu begeistern. Sänger und Kappen wechselten sich auf der Bühne ab. Mit Hawaiihemden, Blumenketten, Schlaghosen oder Elvistolle hatten sich die neun Geistinger Sänger um Chorleiter Ralf Thomas sich ausstaffiert.

"Tach zesamme" hieß ihre Begrüßung und der ließen sie gleich den Höhner-Hit "Schön, dat de do bes" folgen, ergänzt um den Zusatz "he in Jeestinge". Der Funke sprang aufs Publikum über, das schunkelte, tanzte und mitsang.

Mit ihren Eigenkompositionen erinnerten die Jungen an Histörchen aus ihrem Heimatort oder das Karnevalstreiben auf dem Geistinger Platz. Mit dem Bläck-Fööss-Schlager "Un wenn et Leech usjing im Roxy" zollten sie der Stätte ihrer etwas anderen Karnevalssitzung Tribut. Ihre A-Capella-Qualitäten bewiesen die Sänger mit "MGV Concordia" oder "Scheiß Mondach Morje".

Wenn ein Zweihäuptiger zum Doppelkopfspiel bittet, es im abgedrehten Shopping Sender nur "Scheiß" zu kaufen gibt oder Häuptling "Red Bull" Bügel verleiht, stehen die Kappen auf der Bühne.Das Publikum erfährt im Werbeblock, dass Kölsch die Zähne weißt, während Altbier sie schwärzt.

Oder, dass Faber zwar Millionäre schaffen kann, diese ihr Hab aber mit Faber wieder vertrinken können. Dass der weiße Blues aus Happerschoß kommt, ist spätestens seit Freitagabend sicher. Allerdings klaffen die Vorstellung der moderierenden Blueslegende und der Happerschoßer Sängerin zunächst weit auseinander.

Während sie in neuer weißer Bluse vom Wahnsinn in der Hölle singen will, meint er den "Groove von ganz tief unten". Letzteren gibt es, nachdem er ihr den Ärmel der Bluse abreißt und sie mit brillanter Blues-Stimme heult: "Du häss ming Blus kapott jemaat".

Zum Schluss standen Jeestinger Junge und Kappen dann doch noch gemeinsam auf der Bühne. Mit "Tschüss zesamme" verabschiedeten sie ihre jecken Gäste, kehrten aber zurück, um die Hymne auf ihren Stadtteil anzustimmen: "Wo mir sin es Jeestinge".

Ganz sentimental, aber doch hoffnungsvoll war dann der endgültige Schlusspunkt des alternativen Karnevalabends: "Niemals geht man so ganz", machten Junge und Kappen Hoffnung auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr.