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Die schönste Nebensache der Welt

Die schönste Nebensache der Welt

Prinz Holger I. erinnert sich an eine tolle Session mit seiner Bonna Alexandra II.

Bonn. Wird mir was fehlen? Mit Sicherheit! Wenn am 11.11. die Oberbürgermeisterin das neue Prinzenpaar auf dem Marktplatz vorstellt, werde ich in der Menge stehen und mich an eine wunderschöne Zeit erinnern.

Bonna Alexandra II. (Pfeiler) und ich haben in der vergangenen Session fünf außerirdische Wochen erlebt. Wir wurden getragen von einer Welle der Begeisterung, von einer engagierten Equipe und von einem straff organisierten und dennoch kumpelhaften Prinzenführer.

Wer denkt, seine Tollität übertreibt, der irrt. Einmol Prinz zo sin, ist die schönste Nebensache der Welt. Meine Bonna und ich waren auf einer Märchenreise - sie war schön wie Schneewittchen, und ich fühlte mich manchmal wie sieben Zwerge auf einen Streich.

Gut, man sollte einige Grundvoraussetzungen für dieses Amt mitbringen: Dat Hätz muss für de Fastelovend schlagen - mehr noch: Man muss bereit sein, für die fünfte Jahreszeit alles, aber auch wirklich alles hinten anzustellen. Man braucht einen toleranten Lebenspartner, selbstbewusste Kinder, die auch mal ohne Papa auskommen können, und einen Hund, der statt mit Herrchen auch gerne mit Frauchen joggen geht.

Wie? Das war's schon? Mehr braucht man nicht? Aber klar doch: Diplomatie für den Umgang mit dem Festausschuss Bonner Karneval, Kondition für bis zu 18 Auftritte an einem Tag, einen aktiven Wortschatz, der die rheinische Mundart beinhaltet, keine Hemmungen vor närrischen Ansprachen, viele Lutschbonbons zur Pflege lädierter Stimmbänder, rutschfeste Einlegesohlen für die prinzessalen Absatzschuhe, Labello für die Pflege der wundgebützten Lippen und so weiter und so weiter. Circa 350 Auftritte umfasste unsere närrische Mission, und der Erfahrungsschatz nahm von Termin zu Termin zu.

Wir waren vorwiegend in der Region Bonn unterwegs, die Equipe navigierte uns aber auch nach Brüssel, Berlin und Bockeroth. Apropos Bundeshauptstadt: Dort wird tatsächlich mit Pep und Schwung Fastelovend jefiert - allerdings nahezu ausschließlich unter rheinischer Stabführung.

Der Karnevalsempfang im Headquarter des Deutschen Beamten Bundes (DBB) hatte etwas Zukunftsweisendes. Die Mischung aus Stehempfang, Bühnenprogramm und Tanzangebot für Gäste war ein Volltreffer.

Kein steifes Sitzen auf Stühlen, kein sechsstündiges Marathonprogramm, nicht immer derselbe Tischnachbar. Hut ab lieber DBB, diese Präsentation von Karneval ist eine gelungene Mischung aus Brauchtum und moderner Dance-and-Talk-Session. Das wäre auch was für den Bonner Karneval.

Ach ja Berlin: Den verträumten Blick der Bundeskanzlerin werde ich wohl nie vergessen. Die Kapelle spielte "Einmol Prinz zo sin", Angela Merkel blickte mir verwundert in die Augen und fragte: "Wie, Sie können den Text? Ach ja, Sie sind ja der Bonner Prinz." Schmunzelnd gestand sie mir, dass sie eigentlich keine Karnevalistin sei, aber die eine Stunde mit 16 Tollitäten aus 15 Bundesländern (nur Hamburg fehlte) habe ihr doch sehr gefallen. "Sie bereiten Menschen Freude, und das kann man nicht hoch genug anerkennen", lobte die Kanzlerin unser ehrenamtliches Engagement.

Ich hakte mich bei Bonna und Bundeskanzlerin ein und schunkelte zufrieden zu den letzten Takten meiner Prinzenhymne: "...sonst häste jet versäumpt" Der bönnsche Karneval hat sich jedenfalls in Berlin gut verkauft - das Prinzenpaar als Werbeträger sozusagen.

Apropos Werbung für den Karneval. Da hat der Festausschuss, allen voran Präsident Horst Bachmann, ein talentiertes Händchen. Der gebürtige Schlesier, der sich selbst gerne als Rheinländer zweiter Wahl auf die Schippe nimmt, versteht es wie kein anderer, Türen für das rheinische Brauchtum zu öffnen.

Hartnäckig und mit viel Verve ringt er um Sponsorengunst und Hoffähigkeit des bönnschen Fastelovends. Und wenn dann der Botschafter der Republik Korea in Berlin erstmalig das Prinzenpaar begrüßt, dann lacht das Herz von "Horst, dem Unermüdlichen".

Werde ich nach den Höhepunkten der Session gefragt, fällt die Antwort nicht leicht. Den ultimativen Höhepunkt gab es nicht. Dafür aber unzählige Erinnerungen an wunderschöne Erlebnisse: große Kinderaugen, strahlende Behinderte, selige Senioren. Alexandra und ich haben uns in der Session einen Wunsch erfüllt - wir haben uns passend zum Motto "Jeck op Bonn" das Untermotto "Jeck op Pänz" gegönnt.

Wir haben Kindergärten, Schulen, Behinderten- und Seniorenheime besucht. Wir wollten ein Prinzenpaar zum Anfassen sein. Und diese kleinen Momente der Dankbarkeit haben uns gezeigt, dass wir uns richtig entschieden haben. Auch die Schirmherrschaft über das Hilfsprojekt "Größe zeigen für die Kleinen" zugunsten der Kinderstation des St.-Marien-Hospitals zu übernehmen, war eine gute Entscheidung.

Unserem Wunsch, statt Geschenken Geld zu bekommen, sind so viele Menschen, Vereine und Institutionen gefolgt. In den fünf Wochen unserer Regentschaft haben wir mehr als 16 000 Euro für den Umbau der Kinderstation gesammelt. Unser Dank gilt allen Spendern, aber auch meinen beiden GA-Kollegen Jörg Manhold und Michael Lehnberg. Die beiden haben Alexandra und mir ein Sessionslied komponiert. Durch den Verkauf der 1 000 CDs ist eine Menge Geld zusammengekommen.

Aber auch die Karnevalsklassiker haben mich bewegt. Zum Beispiel unsere Proklamation: Es hat schon was Ergreifendes, als Prinzenpaar die Freitreppe in der Beethovenhalle hinunterzuschreiten und 1 700 Menschen einem zujubeln. Auch der Rosenmontagszug war ein Höhepunkt. Besonders die vielen Freunde am Zugwegrand und die als Sherlock Holmes verkleideten Kollegen des General-Anzeigers haben mich stolz gemacht. Warum? Weil es schön ist festzustellen, dass Freunde und Kollegen Spaß daran haben, dieses einmalige Erlebnis mit einem zu teilen.

Tja, und da war noch das Federnrupfen. Dieser Abend im Theater der Springmaus wird für mich unvergessen bleiben - er hat einen tiefen Einschnitt in Herz und Seele des Prinzen hinterlassen. Es war nicht das Abschiednehmen von der Prinzenrolle, das mich so bewegt hat. Vielmehr wurde mir auf der Bühne erstmals so richtig bewusst, dass Alexandra und ich etwas erlebt haben, was so nicht wiederholbar ist.

Die Anspannung der vergangenen Wochen war plötzlich verflogen, Platz für Gefühle war da. Und die brachen einfach aus uns heraus. Bonna und Prinz nahmen die vier Paginnen in den Arm, bildeten einen Kreis, steckten die Köpfe zusammen und weinten. Echte Fründe ston zesamme. Als ich dann wieder hochblickte, sah ich meinen Adjutanten Christoph Schada allein und verlassen auf einem Stuhl sitzen. Ein Mann wie ein Baum, 140 Kilogramm schwer, den nicht viel aus der Ruhe bringen kann - auch ihm liefen die Tränen runter. Und da war mir klar: Wir waren ein tolles Team und haben ein verdammt guten Job gemacht. Wir waren und sind jeck op Bonn.

Danke für Euch, vun Hätze dreimol Alaaf! Euer Prinz Holger I.