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Das Rheinland schaut auf Honnef

Das Rheinland schaut auf Honnef

Für fünf Stunden ist die Stadt am Drachenfels der Nabel der Karnevalswelt - Spitzenkräfte des Kölner Karnevals geben sich bei Halt Pol im Kurhaus die Klinke in die Hand

Bad Honnef. Das Rheinland schaute auf Bad Honnef. Die gute Stube der Stadt war für fünf Stunden der Nabel der (Karnevals)-Welt. Welch eine explosive Mischung. Die älteste Gesellschaft der Stadt mit einer knatschverdötschten und prächtig herausgeputzten Narrenschar traf auf Spitzenkräfte des Kölner Karnevals.

Schon der Einzug des Elferrates der KG Halt Pol zusammen mit der Bürgergarde Blau-Gold aus Colonia riss die Jecken von den Stühlen. "Jetzt machen wir das, was wir am besten können", rief Präsident Jörg Pütz, "nämlich Karneval fiere." Und die 120 (!) Blau-Goldenen, die die Bühne förmlich sprengten, heizten den Honnefer Narren mächtig ein. "Jetzt tanzen die schönsten Männer Kölns für Sie", kündigte Präsident Markus Wallporz den Garde-Tanz an. Aber nicht nur die Damen bekamen große Augen. Auch das Tanzmariechen war ein absoluter Hingucker.

"Nach solch einem Auftakt müssen wir uns erst mal wieder beruhigen", meinte Pütz. Aber weit gefehlt. Wurden bis dahin die Muskeln beim Schunkeln und Klatschen schon heftig in Anspruch genommen, reizte nun Guido Cantz das Zwerchfell bis zur Erschütterung. "Cantz schön verrückt", was der Spitzenredner aus der Domstadt zu vermelden hatte. Das "Navi" für Waldorfschüler? "Du kannst mal nach links fahren. Wir können aber auch erst mal darüber diskutieren", säuselte er. Cantz erklärte dem verdatterten Narrenvolk auch den Rücktritt von Fußball-Bundestrainer Klinsmann: "Der hat sich gedacht, wenn ich nach einem dritten Platz bei der Weltmeisterschaft von Frau Merkel schon geküsst werde, dann muss ich nach einem Sieg bei der Europameisterschaft drei Tage mit der wegfahren." Herrlich Cantz' Beobachtung der rheinischen Mütter beim Umgang mit ihrem Nachwuchs mit Klassiker-Namen: "Schandalle, tu anständig sprechen." Oder: "Tschakeline, mach das Mäh mal ei." Cantz: "Jaqueline streichelte dann das Schaf."

Die Jecken im Saal pfiffen vor Begeisterung. Und hörten überhaupt nicht wieder auf. Nächster Clou: Bundesminister a.D. Norbert Blüm, im orangefarbenen "Blaumann", direkt vom Airport Köln-Bonn nach Bad Honnef, "in den Tempel des Reichtums", eingeflogen, sortierte Koffer. Da war etwa der von Ministerpräsident Kurt Beck dabei, mit Rasierzeug. "Das braucht der nicht, der hat doch schon einen Arbeitsplatz", spielte Blüm auf Becks Aufforderung an einen Arbeitslosen an, er möge sich rasieren, dann bekäme er auch eine Stelle. Und: Karl Marx wäre mit seinem Bart auf dem Bau gelandet. "Dann hätten wir heute keine rote Wally im Honnefer Rathaus", mischte Blüm Lokalkolorit in seinen Auftritt. Das trieb auch Bürgermeisterin Wally Feiden Lachtränen in die Augen.

Jörg Pütz hängte am Schluss dem Ex-Politiker einen Orden um und lobte: "Das war spitze." Dem stand auch Dä Blötschkopp, alias Marc Metzger, in nichts nach. "Hat man Sie auch gezwungen, Karneval zu feiern?", fragte er mitleidig die Zuschauer in der ersten und zweiten Reihe. Und als jecke Erläuterung an die dahinter Sitzenden: "Da vorne gibt es zwei Gesichtsausdrücke: an und aus." Das Begeisterungs-Kreischen interpretierte Dä Blötschkopp "lokalpolitisch": "Was, Huh? Sind Sie aus dem Tal der Wölfe? Wohl aus Selhof, was?" Bevor das Pausen-Bier gezapft wurde, brachte die Musikgruppe Filue die Narren noch mal zur Raserei. Die Jecken standen erneut auf den Stühlen, klatschten und sangen mit: "Zehn Liter Kölsch ist das Letzte, was wir ham."

Mit frischen Kräften betankt, ging es in die zweite Halbzeit. Zu beneiden der Elferrat: Von 16 Lyskircher Helligen Knäächten und 16 bildhübschen Mägden wurde er auf die Bühne begleitet. Das phantastische Corps begeisterte mit seinen Tänzen.

"Das war Kunstgenuss", meinte der prächtig aufgelegte Präsident und holte die Räuber auf die Bühne. Sie brachten den Saal zum Kochen. Mit "Maach ets good" verabschiedeten sie sich vom völlig aus der Puste gekommenen Völkchen. De Huusmeister vom Bundesdaach ließen die Jecken aber kaum zum Durchatmen kommen. Was die beiden Halt Pöler Eigengewächse, Frank Fander und Axel Foppen, an ihrer Arbeitsstelle erlebt haben - war das nun zum Lachen oder zum Weinen? Zum Beispiel: die Gesundheitsreform von "Gesundheitstrulla" Ulla Schmidt. "Die Reform lebt. Da könnt Ihr Euch auf was gefasst machen", warnten die beiden Vollblut-Karnevalisten. Oder: das Elterngeld. "Ich habe mit meinen Eltern darüber diskutiert." Und? "Sie geben mir nichts."

Den "American Dream vum Rhing" träumten danach Mitglieder des Elferrates als Männer-Ballett. Köstlich die Herren als Fußballer in fescher Montur beim Ballspielen und Bockspringen: Ralph Schilken, Thomas Steinmann, Hans Welsch, Dirk Schneider, Dirk Pütz, Udo Bünger, Tom Schneider, Tobias Merz, Oliver Renner und Jens Wilke. "Das ist sensationell", lobte der Präsident, bevor er zum grandiosen Finale die Höhner aus Köln auf die Bühne bat. Schunkeln bis zum Muskelkater bis tief in die Nacht.