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Büttenpredigt und Pappnasen in der Kirche

Büttenpredigt und Pappnasen in der Kirche

Max Koranyi reimt und zelebriert in Stieldorf einen närrischen Gottesdienst

Stieldorf. "Wir kommen alle, alle, alle in den Himmel, weil wir so brav sind." oder "Wir sind alles kleine Sünderlein." - Die Besucher des Gottesdienstes am Karnevalssonntag in der evangelischen Kirche konnten getrost ihre Gesangbücher zu Hause lassen.

Denn die herrlich verkleideten Besucher stimmten voller Freude mal so ganz andere Lieder als gewöhnlich an. Welch buntes Bild in dem ehrwürdigen Haus, das mit Luftballons und Luftschlangen hübsch geschmückt war. Und statt Orgel begleitete eine eigens zusammengestellte Musikcombo die bunte Narrenschar beim Gesang.

Hohe Gäste stellten sich beim nunmehr zwölften Karnevalsgottesdienst in Stieldorf ein: das Prinzenpaar Detlev I. und Bärbel I. aus Heisterbacherrott mit ihrem kompletten Jeschmölz. Aber dass ein solches Ereignis nicht nur reine Unterhaltung ist, dies zeigte sich in der Büttenpredigt. Pfarrer Max Koranyi schaffte es wieder hervorragend, seine Gedanken tiefsinnig und hintergründig, dabei aber dem Tag angemessen lustig und in Versform vorzutragen.

Dazu hatte er seinen Talar gegen Frack und schwarze Fliege getauscht. Sein Thema: "Kirchliche Moral". Da lauschten dann auch die Teilnehmer eines Seminars der Evangelischen Akademie im Rheinland, die sich bis gestern in Bad Godesberg der Problematik "Jecke Lebenslust - zum Verhältnis von Karneval und Protestantismus" widmeten und in Stieldorf quasi den "Praxistest" absolvieren konnten.

In seiner Predigt berichtete Pfarrer Koranyi von Idealen und der manchmal etwas raueren Wirklichkeit. So reimte er im Bezug auf seine Studienzeit: "Denn Gott, so wurde uns gelehrt, hat alle zu sich hin gekehrt. So dass der Mensch den Nächsten schätze und ihn, wenn's geht, niemals verletze."

Doch dann hob er den Zeigefinger: "Inmitten nun der Christenschar ich wirken wollte wunderbar. Und von der Sünde ganz entwöhnt, uns Mutter Kirche goldbekrönt zum Ort der Liebe sollte werden gleichsam als Paradies auf Erden. Und doch, ich hab es schön erwähnt, die Augen hab'n mir oft getränt, wenn Kirchenleut' darauf versessen, sich gegenseitig zu vermessen. Und scheinbar aus nem munt'ren Plausch ganz schnell erwächst ein Schlagabtausch. Da wird mit Zahlen hoch jongliert, wie viele Schäflein man dressiert, wie routiniert man und versiert die Kirchenleitung angeschmiert."

Der Geistliche aber dann erwartungsfroh und zuversichtlich: "Das Paradies ist noch nicht hier, doch wir kommen durch die Kirchentür und arbeiten gemeinsam dran, wie man sich fröhlich bessern kann. Muss ich denn Konkurrenten scheuen? Kann ich mich nicht über sie freuen und ihre Gaben, die sie haben."