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"Eenmol Prinz ze sinn" ist kein Kinderspiel

"Eenmol Prinz ze sinn" ist kein Kinderspiel

Unterwegs mit den Nachwuchs-Tollitäten Conny I. und Kai I. aus Meckenheim: Der Arbeitstag hat zwölf Stunden und 13 Auftritte - Gegen Mittag muss der Prinz eine Auszeit nehmen

Meckenheim. Weiberfastnacht, am Mittag. Im Saal herrscht ausgelassene Stimmung. Die Mädchengruppe des Lüftelberger Karnevalsclubs tanzt Sirtaki, heftig bejubelt von den Jecken. Kinderprinzessin Conny I. strahlt und klatscht im Takt. Neben ihr steht Prinz Kai I. und wird plötzlich blass.

Adjutant Michael Ruttorf erkennt sofort die Lage, schnappt sich den schwankenden Zwölfjährigen und bringt ihn hinaus. Die fünfte Jahreszeit fordert Tribut: Seit 6.30 Uhr sind die kindlichen Repräsentanten des Karnevals auf den Beinen, jetzt ist Kai speiübel. Eine Stunde später steht er aber wieder, lacht und fordert von den feiernden jecken Wievern Applaus für vier "statse Kerls".

"Ein heißer Kakao" ist sonst das Rezept von Iris Kerzmann, Ex-Prinzessin und als Adjutantin mit dem Kinderprinzenpaar unterwegs, wenn Tollitäten am anstrengendsten Tag ihrer Regentschaft, dem Weiberdonnerstag, ein Tief haben.

Bei Kai helfen eine kurze Auszeit, in der Hans-Erich Jonen aus seinem Geleittross als Prinzessinnen-Begleiter einspringt, und viel frische Luft. Und bei 13 Auftritten allein an diesem Tag muss es wohl auch der Spaß am Karneval sein.

Zwölf Stunden dauert der "Arbeitstag Wieverfastelovend" für das Kinderprinzenpaar. Um viertel vor Acht steht Conny van Schewick, ganz Perfektionistin, zuhause im kompletten Ornat vor dem Spiegel. Nur mit ihrer blonden Mähne ist sie noch unzufrieden: "Die Haare sitzen nicht." Zwei weitere Röcke trägt die 14-Jährige unter dem Prinzessinnenkleid.

Eine Dreiviertelstunde hat sie gebraucht, von der Frisur bis zum Schminken, das am längsten aufhält: "Es ist ungewohnt." Es klingelt, und Kai Klimaschewski steht samt Adjutanten vor der Tür. Ein ausgiebiges Frühstück läutet den kraftraubenden Tag ein. Diesmal ist es ein besonderes, denn die Chefin des Prinzenclubs hat Geburtstag: Gabi Stiebitz wird 52.

Für die Meckenheimer Nachwuchs-Tollitäten ist der Club ehemaliger Prinzen und Prinzessinnen unverzichtbar geworden.

Nicht nur die Kosten sind so für die Eltern begrenzt - sie zahlen 1 500 Euro pro Kind -, auch organisatorisch und als Betreuer sind die Eltern entlastet. Orden, Prunkwagen und das Ornat stellt der Club.

Ebenso die Adjutanten, die einen Job als Mutterersatz und Animateur erfüllen. Sie reichen Kamelle an, halten Blumenstrauß und Zepter, ergänzen mal schnell das Make-up, mimen den Pausenclown, wenn die Laune sinkt. Ohne Spaß am Karneval geht das trotzdem nicht: Von ehrgeizigen Eltern ins Amt gedrängte Kinder werden nicht genommen, versichert Iris Kerzmann.

Kai I. und Conny I. haben jedenfalls sichtlich ihre Freude. Zum "Eenmol Prinz ze sin . . ." leuchten ihre Gesichter. Ihre ersten Ziele in Begleitung des Stadtsoldatencorps sind die Grundschulen: Immer wieder strahlen, huldvoll winken und vor allem stehen. 8.50 Uhr ertönt das erste offizielle Alaaf, die ersten Orden werden verliehen und entgegengenommen. "Die Conny wohnt bei uns an der Straße", flüstert jemand.

Die Nachbarn erkennen weietre Mitglieder der karnevalsjecken Familie: Lisa van Schewick war auch Prinzessin und tanzt in der Stadtsoldatenuniform für ihre Schwester, Bruder Ferdinand spielt im Corps Trompete. 9.26 Uhr, in der Aula der evangelischen Grundschule geht das ganze Spiel von vorne los: "Ich bin der Kai. Ich habe meine Prinzessin Conny auch dabei." Orden verteilen, schunkeln, das vierte Alaaf des Morgens.

Um 9.45 Uhr im Caritas-Haus. Die Prinzessin wirft einen Blick auf die Seniorinnen und zeigt erstaunliche Anpassungsfähigkeit. Das erprobte "Lasst uns aufstehen und tanzen" passt nicht, so ändert Conny ihren Text. Die ehrgeizige Gymnasiastin mit Einser-Notendurchschnitt feilt immer wieder an ihren Reden.

10.20 Uhr: Vor der Aula der Theodor-Heuss-Realschule. Prinzenpaar und Gefolge quetschen sich ins Dunkel, die Luft ist schlecht, Bässe wummern. Auf der Bühne lässt Conny ihrem Prinzen den Vortritt: "Das ist dein Heimspiel."

Kai geht hier zur Schule und hat entsprechend Schmetterlinge im Bauch, doch er meistert den Auftritt mit Bravour. Klassenlehrerin Wally Drießen ist begeistert. Der ruhige Kai habe sich durch den Karneval gemausert, gehe "richtig aus sich heraus".

Weiter geht`s, auf Stippvisite zu den Banken. "Ich lasse alle Männer nach meiner Pfeife tanzen", behauptet Conny, und artig folgen Banker und Stadtsoldaten dem Klang ihrer Querflöte zu "Kleine Mädche wollen nicht schlafen gehen". Die roten Stiefel der Tanzmariechen bleiben, nur die Auftrittsorte wechseln.

Inzwischen ist es Mittag, und Prinz Kai muss seinerseits getragen werden. Ob sich da eine Grippe ankündigt, die Luft einfach schlecht war oder der Kreislauf pubertäre Kapriolen schlug? Prinzenvater Robert Klimaschewski weiß jedenfalls eins: Bis Aschermittwoch wird der Zwölfjährige mit gut 60 Auftritten mehr Termine absolviert haben als er als erwachsener Prinz.

Wenig später hat Kai wieder Oberwasser: Der Weibertag sei nicht so schlimm wie der Uniformappell bei den Stadtsoldaten, sagt er: "Da sind nur Frauen." Nach dem 13. Aufmarsch des Tages um 19 Uhr ist Conny immer noch "heilfroh, Prinzessin zu sein." Nur bei manchem Ohrwurm liegen die Nerven der Tollitäten ziemlich blank. Bei Kai ist es das Prinzenlied: "Eenmol Prinz ze sinn . . .".