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Karneval in Bonn: 100 Jahre Närrische Germanen​

Poppelsdorfer Traditionsgruppe : 100 Jahre Karnevalsgesellschaft Närrische Germanen

DIe Karnevalsgesellschaft Närrische Germanen feiert ihr 100-jähriges Bestehen. Literat und Schultheiß Willi Baukhage erzählt, was die Narren so besonders macht und wie er spontan zum Typenredner wurde.

Auf den ganz frühen Orden der Närrischen Germanen aus den 1920er- und 30er-Jahren war immer ein Narr zu sehen. Es ist nachvollziehbar, dass den Jubiläumsorden zum 100-jährigen Bestehen der Poppelsdorfer KG auch einer ziert. Der lächelt den Betrachter recht freundlich an. „Die alten Narren guckten immer so finster und ernst“, sagt Literat und Schultheiß Willi Baukhage. Das wollte man fürs Jubiläum nicht, in diesen Zeiten ist Optimismus angebracht.

Bei dem Poppelsdorfer Jung Baukhage klingt das so: „Die Germanen wird es immer geben.“ Man habe schon so viele tiefe Täler durchschritten, sagt er. Auch am Ende dieses aktuellen Tals namens Überalterung wird es demzufolge wohl wieder bergauf gehen. Es ging ja 1923/24 aus Jeckensicht schon im Tal der Tränen los: Auch sechs Jahre nach Ende des Ersten Weltkrieges war Bonn noch französisch besetzt und der Straßenkarneval verboten. Eigentlich irrwitzig, dass ausgerechnet in diesen Zeiten der Turnverein Germania Poppelsdorf eine Karnevalsabteilung gründete.

Baukhage wurde spontan zum Typenredner

Die Sitzungen der Närrischen Germanen waren früher echte Highlights, heute sind sie eine der wenigen Veranstaltungen, bei denen Redner noch im Vordergrund stehen.
Die Sitzungen der Närrischen Germanen waren früher echte Highlights, heute sind sie eine der wenigen Veranstaltungen, bei denen Redner noch im Vordergrund stehen. Foto: Privat/Närrische Germanen
 Feiern 100-jähriges Bestehen und suchen jungen Nachwuchs: Die Mitglieder der KG Närrische Germanen.
Feiern 100-jähriges Bestehen und suchen jungen Nachwuchs: Die Mitglieder der KG Närrische Germanen. Foto: Privat/Närrische Germanen

An einen richtigen Rosenmontagszug war nicht zu denken, der wurde deshalb in einem Saal durchgeführt. Das war am 12. Februar 1924, und das macht dieses Jubiläum noch wunderbarer, denn genau das ist auch 2024 das Rosenmontagsdatum. Da werden die Närrischen Germanen, wie sie es immer taten, durch die Straßen Bonns ziehen, traditionell gefolgt von der Vereinigung Bonner Karnevalisten, dessen Vorsitz Baukhage in diesem Jahr nach 38 Jahren abgab. Er hatte eben überall seine Finger drin.

Bei den Närrischen Germanen aber erst nach seiner Session als Bonner Prinz 1998. Erstmals war er bei dem Verein 1980 als Solo-Redner aufgetreten, spontan, als ein Programmpunkt zu Beginn einer Sitzung fehlte. Er sprang ein und sagt, dass das der Beginn seiner Laufbahn als Typenredner war. Baukhage erhielt dafür sogar den Heinz-Rech-Pokal des Festausschusses Bonner Karneval als bester Naschwuchsredner der Session. Und seitdem, sagt er, war er den Poppelsdorfern immer treu.

Die Vereinsgeschichte haben aber andere gestaltet. Mitbegründer war Michael Heister, damals erster Vorsitzender des Sportvereins, der ein Jahr nach der Gründung verstarb. Ab 1935 über die Kriegsjahre, die den finsteren Narrenblick verdient hätten, bis 1966 leitete Philipp Heister die Germanen als Präsident und Schultheiß, ihm folgten als Präsidenten 13 Jahre lang Georg Fischer, dann 25 Jahre lang Rolf Roggendorf, der sogar 30 Jahre lang Schultheiß war, 2003 dann für vier Jahre Peter Weingarten Senior. Seit 2007 leitet sein Sohn Peter Weingarten die Geschicke. Man kann also den Amtsträgern einen starken Sinn für Beständigkeit attestieren.

Aber irgendwann ließ das Interesse an den Veranstaltungen nach. „Der Verein hat Jahrzehnte lang Sitzungen nur mit eigenen Kräften gemacht“, erzählt Baukhage. „In den 70er-Jahren ging das irgendwann nicht mehr.“ Aufgefangen wurde das vom Literaten Hans Schöneseifen. „Der hatte gute Kontakte nach Köln und hat bekannte Größen nach Poppelsdorf geholt.“ Etwa Willi Armbröster, der 50 Jahre lang konstant bei den Germanen auftrat. Als Schöneseifen verstarb, sei dieses Netzwerk weggebrochen.

Karnevalsgesellschaft macht sich Sorgen um die Zukunft

In der Session 1977/78 stellte die Gesellschaft mit Heinz und Elfriede Blesgen das Bonner Prinzenpaar. Anders als Baukhage, der ja erst nach seiner Prinzensession dem Verein beitrat, war der damalige Ortsausschussvorsitzende Blesgen schon vorher Mitglied der Närrischen Germanen. Für ihn und seine Frau wurde sogar im Poppelsdorfer Schloss ein Empfang ausgerichtet, bis heute eine einmalige Angelegenheit.

Bis heute gehen die Germanen nur im Rosenmontagszug mit. Dafür haben sie auch immer wieder Wagen gestellt, die mitunter auch politisch waren. Einer, der für 1950 in Form eines Fabelwesens – eine Art Schwan mit Einhorn und Zähnen im Schnabel – als „Regierungs-Scheff“ geplant war, wurde von der Zugleitung abgelehnt. Gebaut haben sie ihn trotzdem – als Kulisse für ihre Sitzung in der Session.

Mit Baukhage als Literaten sind die Sitzungen am Karnevalssamstag im Clemens-August-Saal wieder gut besucht, die in dieser Session ist schon ausverkauft. Das war mal anders, sagt er. „Der Saal war nur halb voll.“ Große Namen blieben weg oder wurden zu teuer. Baukhage brachte die Bonner Kräfte ins Haus, zu denen er gute Kontakte pflegt. – und die dort gerne auftreten, weil man in Poppelsdorf den Rednern und Krätzjer-Verzällern noch gerne zuhört.

Den Närrischen Germanen bleibt auf jeden Fall ihre glorreiche 100-jährige Vergangenheit. Ihren Jubiläumsempfang zelebrierten sie unter anderem mit Weltstar Thomas Kiessling, früher einer der Drei Tenöre. Was die Zukunft bringt, wird sich zeigen. Der Narr auf dem Jubiläumsorden sitzt auf einer Schriftrolle, sie ist bis auf den Namen der KG unbeschrieben – viel Platz für neue Erinnerungen und Geschichten.