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Sternhotel Bonn: Zimmer mit Aussicht auf den Zoch

Sternhotel Bonn : Zimmer mit Aussicht auf den Zoch

Sechs Senioren aus der Region mieten sich jedes Jahr im Sternhotel ein, um den Rosenmontagszug zu verfolgen. Zimmer 106 bietet dabei nicht nur einen warmen Platz, sondern auch eine tolle Aussicht auf den Zug.

Als Willy Millowitsch die Ostermann-Medaille als höchste Auszeichnung des Kölner Karnevals erhielt, war er 84. Trudi Tenten ist auch 84 Jahre alt. Und mindestens so jeck wie damals der Millowitsch. Sie ist ein echt bönnsches Mädchen, am Stiftsplatz geboren und im kuhle Dom, wie der Bonner heute noch zur Stiftskirche sagt, getauft. Die Witwe des einstigen ersten Ehrengardisten Philipp Tenten und Mutter des ehemaligen Chefs der Infanterie der Ehrengarde, Ulrich Tenten, ist nicht nur fest mit dem bönnschen Fastelovend verbandelt, sondern auch höchst erfindungsreich.

Was tun, wenn man doch unbedingt den Rosenmontagszug live erleben will, aber nicht mehr so gut auf den Beinen ist? "Früher haben wir immer am Gequetschten in der Sternstraße gestanden", erzählt Trudi Tenten, "und dann, als wir alle was älter waren, sind wir auf die Idee gekommen, uns im Sternhotel ein Zimmer mit Aussicht auf den Zug zu mieten."

Zehn Jahre ist das nun her. Seitdem steht Trudi Tenten an jedem Rosenmontag mit fünf jecken Freundinnen und Freunden - fast alle um die 80 - am Fenster von Zimmer 106 im ersten Stock des Sternhotels und jubelt den Fuß- und Wagentruppen zu. Sie haben genauso viel Spaß wie damals, als sie noch im Straßenkarneval unterwegs waren.

"Es ist halt nur wärmer, weil wir die Heizung direkt an den Beinen haben", sagt Trudi Tenten und lacht. Und ganz wichtig: "Für alle Fälle haben wir die Toilette direkt dabei." Und sollte einer müde werden, dann steht das frisch gemachte Hotelbett bereit. "Da hat sich aber noch nie einer reingelegt", versichert die 84-Jährige.

Unter den fidelen Senioren ist auch Emil Reuter, Alfterer Prinz von 1968. Der 80-Jährige genießt den Blick auf die fröhliche Menschenschar, die auf dem Markt singt und schunkelt. "Gucken Sie mal, was wir für einen schönen Blick von hier oben haben. Wir sehen alles, vom Rathaus bis zur Sternstraße."

Die Miete für das Zimmer haben die sechs sich geteilt. Sekt, Nudelsalat und Knabberzeug haben sie von zu Hause mitgebracht. "So lässt es sich leben", freut sich Trudi Tenten auf den Zoch, der gerade von der Remigiusstraße um die Ecke auf den Marktplatz einbiegt. Und kaum sind die Stadtsoldaten vorbei, entdeckt sie auf einem Prunkwagen eine alte Bekannte. "Rita, Rita", ruft sie laut aus dem Fenster. Doch Rita hört nicht. Die Musik und Kamellerufe übertönen einfach alles.

Die sechs Damen und Herren von Zimmer 106 sind auch nicht die einzigen, die einen Logenplatz im Sternhotel ergattert haben. Nebenan und ein Stockwerk darüber winken Kostümierte aus den Fenstern oder vom Balkon den Zochteilnehmern zu. Und damit Trudi Tenten und ihre Freunde auch nächstes Jahr wieder ein warmes Plätzchen an der Jeckenfront haben, wird noch vor der Heimfahrt das Zimmer für den Rosenmontagszug 2013 klargemacht.