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Ländchenorte im Jeckentaumel

Ländchenorte im Jeckentaumel

30 000 Papierblüten für den Villiper Drachenwagen gefaltet - In Niederbachem regnet's Gummibärchen - Griechischer Tempel in Gimmersdorf

Wachtberg. (waj/sz/nfz) In Villip waren am Rosenmontag die Drachen los. Rund 4000 Meter schlängelte sich der Zoch durch die Straßen. Nach dem Motto "Villiper Drachen feiern und lachen" zogen ein rundes Dutzend herausgeputzte Prunkwagen und Fußgruppen durchs karnevalistisch geschmückte Dorf.

Das Thema "600 Jahre Drachenfelser Ländchen" wurde gut umgesetzt. Über 30 000 Papierblüten hatten fleißige Hände der KG Rot-Weiß Villip für den Drachenwagen gefaltet, der von zahlreichen Drachenfrauen begleitet wurde. Für Stimmung sorgte die Big Band der Musikschule Bad Honnef.

Aus dem Nachbarort reihten sich die "Pecher Schmölzje" als "Jammerlappen" ein: Ihr Motto "Mir dunn et Jammere nit verjesse bei all dem Fiere, Suffe, Fresse" kam beim Narrenvolk gut an.

Für ihre fliegenden Röcke und flinken Beine erntete die Prinzengarde viel Applaus. Patricia Krupp hatte mit den Mädchen und Frauen flotte Showtänze einstudiert. Auch die Darbietungen der Junioren-Garde unter Leitung von Evi Klein und Sandra Beu konnten sich sehen lassen.

Als die Mini-Garde von Ilse Rott vorbeitanzte, klickten viele Fotoapparate, Videocams surrten fleißig dazu. Der Jungbauernverband Drachenfelser Ländchen nahm den TÜV und Regierungspräsident Roters mit seinen peniblen Vorschriften auf die Schippe. Dem gleichen Thema widmete sich auch der TSVO ("Toller Super Verein Oberbachem").

Auf dem Wagen der Villiper Holzköpp von Johannes Kühlwetter waren eine Reihe dunkler Gestalten zu sehen, die vom Rudern schwarz geworden waren. Mit einem bunten Reigen bekannter Karnevalslieder gab der Tambour-Sport-Club Villip den richtigen Takt für die Fußgruppen an.

Der Kirchenchor Knapps schickte Gaukler und Minnesänger durch die Gassen, die Gruppe von Andrea Hoffmann machte im Einkaufstüten-Dress närrischen Druck auf Wachtbergs Bürgermeister Hans-Jürgen Döring und verlangte die schnelle Realisierung des Einkaufszentrums.

Große und kleine Villiper Messdiener zogen als Indianer durchs Dorf, die Gruppe Julia Sonnenschein präsentierte ebenfalls Rothäute und Squaws. "Rödder Kleinkarrierte" vom Nachbarhügel Villiprott reihten sich ebenfalls in den Zug ein und bombardierten die Schaulustigen mit allerlei Schleckerzeug.

Jungkicker von der F 3-Mannschaft des SC Villip zeigten sich auch im Narrenzug meisterlich - als Zauberer und Artisten. Zugleiter Thomas Knapp musste zuweilen mit seiner überdimensionalen Kuhglocke für Disziplin sorgen. Doch unterm Strich erlebten die Helfer vom DRK und der Polizei einen bunten Zoch ohne besondere Vorkommnisse.

Sie können sich auf einen Orden der Interessengemeinschaft freuen. Mit Bier, Suppe und Siedewurst ließen die Villiper Karnevalisten und ihre zahlreichen Wachtberger Gäste den Rosenmontag am Feuerwehrhaus ausklingen.

Auch in Niederbachem erklang aus vielen Kehlen lautstark "Kamellleeee". Dabei erwiesen sich die Kleinen, die kaum zu den Jecken hoch auf den bunten Wagen aufgucken können, im Fangen als die Größten. Und sichtbar glücklich, wenn sie Gummibärchen, Lakritz und Schokolade in ihre Tüten packen konnten.

"Dat ist ja wat für de Kleenen, und wir gucken, wen wir alles kennen", sagt einer lächelnd in der Konrad-Adenauer-Straße, die voller Jecken ist. "Der Zoch kütt" denn auch mit nur kleiner Verspätung, zieht majestätisch an der Kirche vorbei, und die in Rot-Gold gekleideten Damen und Herren der Niederbachemer Karnevalsgesellschaft bedenken auch Pfarrer Berchem mit süßen Gaben, der, selbst clownhaft kostümiert, sich den Zoch nicht entgehen lässt.

Im Nachhall der schmissigen Klänge der Rheinbacher KG tuckert die geschmückte Niederbachemer Feuerwehr und heizt den Jecken mit Glühwein ein - der Applaus ist ihnen gewiss.

Ein gutes Dutzend aufwendig dekorierter Wagen sorgen auf den Straßen des Ländchenortes für Beifallsstürme, die lautstarke Forderung nach Kamelle lässt Hände voll Süßigkeiten, Schwämme, Chips, ab und zu auch Frisbee-Scheiben und Schokoladentafeln regnen - die Narrenschar am Straßenrand bückt sich eifrig. "Es ist fast familiär", meint einer, der schon seit über 30 Jahre in Niederbachem wohnt und sich den Zoch nie entgehen lässt.

Die meisten Zuschauer haben sich offensichtlich Gedanken über passende Verkleidungen gemacht, so dass Clowns, Mönche, Frack-Herren und Rokoko-Damen den Karnevalisten auf den Wagen zujubeln, die ebenfalls viele Ideen umgesetzt haben.

Die "Urschemer Schützen Mafia" zum Beispiel laufen mit Kanzler Schröder, Ex-Kandidat Stoiber und CDU-Chefin Merkel im Gefolge, aber unter den Masken stecken unpolitische Kinder.

Die Sebastianus-Schützen schmeißen reichlich Kamelle, und der Godesberger Motorsportclub sorgt für fetzige Musik aus dem Lautsprecher. Ein paar Wagen dahinter heizen die frischen Klänge der Big Band "Blue Moods" nicht nur dem Publikum ein, auch der Junggesellenverein im Wagen dahinter profitiert von dem Swing und wirft mit Schwung seine Jung-Herren-Kamellen.

Die Krönung des Ganzen tuckert am Zugende: die drei prächtigen Wagen der KG Rot-Gold mit den obersten Jecken. Der Senat beschließt den Zoch, auch aus seinem Wagen prasseln die Süßigkeiten auf Niederbachems Straßen. Und wer bei der Kirche steht, darf auf der Konrad-Adenauer-Straße den Zoch noch einmal sehen.

"Ei, ei, ei - Gimmersdorfer Zauberei" - unter diesem Motto stand der Karnevalszug in Gimmersdorf. Wie immer schlängelte er sich kurvenreich vom Unter- zum Oberdorf, um das jecke Volk mit Frohsinn und leckerem Wurfmaterial zu beglücken. Hunderte Narren hatten sich am Zugweg aufgestellt und jubelten der Karawane zu, die von der örtlichen Karnevalsgesellschaft Grün-Gold auf die Beine gestellt worden war.

Passend zum Motto hatte der Elferrat seinen Prunkwagen ins Reich des "Herrn der Ringe" verwandelt, die Mitglieder selbst erschienen als Zauberer. Als standesgemäße Partner boten sich da die "Lindenblüten"-Damen von der KG an, die sich als "Elfen im Zauberschloss" auf die Erde herabgelassen hatten.

23 Nummern umfasste der Zug, mehr als die Hälfte davon, nämlich 13, waren aufwändig gebastelte Wagen. Mit dabei im eigenen Gefährt auch die Kinder- und Jugendgarde der GGG.

"Ich find''s toll, aber ganz schön kalt hier oben", so der Kommentar des närrischen Nachwuchses. Die Kinder des KiGa Ließem hatten sich in eine Wild-West-Bande verwandelt, die sogar ihren eigenen Saloon mitbrachte.

Für schmissige Musik am Zuganfang sorgte das Tambourcorps aus Witterschlick, mitten in der Karawane kitzelten die "Blue Moods", die ehemalige Bläserband der GGG, mit jazzigen Klängen die Gehörgänge, und am Zugende gab''s beim Technowagen wieder ordentlich was auf die Ohren.

Ortspolitik nahm der Wagen der "Trockenschwimmer" aufs Korn. Unter Anspielung auf das am Ortsrand für viel Geld gebaute Regenrückhaltebecken hieß es hier "Lever Jott, schenk uns Wasser".

Den besten Überblick im Geschehen behielten die beiden "Bayernmädels", dreieinhalb Meter lange und trotzdem noch recht üppig gebaute Papp-Damen im schmucken Dirndl, die von je einem Träger durchs närrische Geschehen geschaukelt wurden.

Blickfang auch der Brasilien-Wagen der "Kneipen-Terroristen Werthhoven" oder der Wagen des SV Wachtberg, auf dem ein überdimensionales Funkenmariechen im Hotel Maritim zu bestaunen war.

Auch der Wettergott hatte ein Einsehen und hielt die Schleusen über Gimmersdorf geschlossen. Warum, darauf wussten die Werthhovener "Greenhorns" die Antwort. Sie führten einen rollenden griechischen Tempel mit sich. Motto: "Die Götter müssen verrückt sein."