1. Narren-News
  2. Bad Honnef

Auf den Lippen verführerisches Rot

Auf den Lippen verführerisches Rot

Die Fidelen Freunde Postalia bescheren dem Königswinterer Karneval mit Wilhelmine I. erstmals nach 25 Jahren wieder eine Jungfrau - Hans-Willi Schwarz backt im Alltag Puddingteilchen - Kleid gehört Johanna I.

Königswinter. Behutsam trägt Anja Schwarz die Make up-Grundierung auf. Sie überpudert alles und gibt einen kräftigen Schuss Rouge auf die Wangen. Den blauen Lidschatten wählt sie passend zum blau-gelben Kleid, die vollen Lippen schminkt sie in verführerischem Rot.

Dann setzt sie ihrem Mann Hans-Willi die blonde Zopfperücke auf: "Du ziehst vorne." Hans-Willi Schwarz hat die ganze Zeit brav stillgehalten und sich während der Prozedur im Badezimmer zusehends in sein karnevalistisches alter ego verwandelt: Wilhelmine I., Jungfrau im Dreigestirn der Königswinterer Altstadt.

Dass er sich von seiner Ehefrau mal die Schminkutensilien und Seidenstrumpfhosen ausleihen würde, hat sich der 44-jährige Konditormeister sehr wohl träumen lassen. Als Wilhelmine mit der "Decken Musik" in pulsierende Narrentempel einzuziehen und Königswinter nach einem Vierteljahrhundert erstmals wieder zu einer holden Jungfrau zu verhelfen, diese Vision hatte der Oberdollendorfer schon lange.

Zum 75-jährigen Bestehen der Königswinterer Karnevalsgesellschaft "Fidele Freunde Postalia", der Schwarz und seine Frau Anja seit 1995 angehören, ist der Wunsch Wirklichkeit geworden. Vorbild des Dollendorfers ist die Kölner Dreigestirns-Tradition.

Hinzu kommt, dass die Fidelen Freunde vor genau 25 Jahren erst-und letztmals ein Dreigestirn für die Altstadt gestellt hatten, seinerzeit zum 50-jährigen Bestehen der Karnevalsgesellschaft. Johanna I. (Osterritter) fungierte damals als Jungfrau und trug das in den Vereinsfarben gehaltene gelb-blaue Kleid. Sie hielt das maßgeschneiderte Prachtstück in Ehren, bewahrte es im Kleiderschrank mottensicher auf und hat es jetzt nach 25 Jahren bereitwillig an Hans-Willi Schwarz ausgeliehen.

Änderungsarbeiten waren nicht notwendig. Johanna I. alias Johannes Osterritter, der heute dem Senat der Fidelen Freunde angehört, war vor 25 Jahren offensichtlich rank und schlank. Seine Nachfolgerin hat eine ähnlich straffe Figur: Kleid und Cape passen Hans-Willi Schwarz wie angegossen, Größe 40 im weißen Unterrrock steht kein Bäuchlein entgegen.

Blaue Pumps in 42 geben dem Outfit den letzten Schliff: Abermals ein Verdienst von Ehefrau Anja, die als Schuhverkäuferin in Bonn quasi an der Quelle sitzt. Bei den Auftritten begleitet sie stets ihren Hans-Willi/Wilhelmine, sei es, um das Rouge aufzufrischen oder ein Getränk zu reichen. Wie Anja Schwarz sind auch die Frauen von Prinz Arno I. (Wichelhoven) und Bauer Karl-Heinz I. (Kloster), die das Dreigestirn komplettieren, meistens mit von der Partie und begleiten ihre Männer auch stets auf die Bühne.

Am Freitag stattete das Königswinterer Dreigestirn den Öttemicher Jecken einen Besuch ab. Nach Mitternacht war Wilhelmine I. wieder zu Hause, schminkte sich ab, trank eine Tasse Kaffee und schmierte sich ein Knäckebrot. Dann musste er als Hans-Willi Schwarz nach Dottendorf zur Großbäckerei fahren.

In der Nacht zu Samstag backte die Jungfrau dort noch einmal Puddingteilchen, Apfel- und Streuselkuchen. Jetzt hat sie zwei Wochen Urlaub, um die tollen Tage auszukosten. Mit dabei ist das ganze "Geschmölz" der KG um den Vorsitzenden Bernd Hardenberg, die überaus stolz ist auf ihr staatses Dreigestirn.

Oma Marlene Ruland und Tochter Katharina (14) stehen hinter dem jecken Treiben von Anja und Wilhelmine. Allein der heimische "Zoo" - die Familie hat 20 Hühner, zwei Kaninchen, zwei Nymphensittiche, zwei Gänse, vier Katzen und Hund Sammy - bekommt zurzeit nicht ganz soviel Zuwendung wie sonst. Die Jungfrau wird einigen vielleicht irgendwie bekannt vorkommen.

Des Rätsels Lösung: 2003/04 amtierte sie schon einmal hochrangig im Karneval. Da zückte sie statt Handspiegel das Prinzenzepter: Ehepaar Schwarz war in der Session 2003/04 Prinzenpaar in Niederdollendorf. Weil der Zoo und der Fastel~ovend ihre liebsten Hobbies sind, stehen sie jetzt abermals im jecken Rampenlicht.