Jecke Wiever räumen in der Bruchbude auf
Wäscherprinzessin Silvia I. und ihre Handwerkerinnen tricksen die Männer im eingerüsteten Beueler Rathaus aus und machen sich ihre Überheblichkeit zunutze - 1 500 Jecke gehen im Zoch mit
Beuel. Wo stehen die Gartenzwerge in der ersten Reihe? Nur beim Beueler Rathaussturm. Arm in Arm mit Hühnern, Clowns, Burgfräulein und tausenden anderen kostümierten Jecken schunkelten die rotbemützten Wichte vor der eingerüsteten Bauruine im Takt, bis Wäscherprinzessin Silvia I. den Rathausschlüssel fest im Griff hatte.
Und das war wieder keine leichte Mission. Denn die Verteidiger um die Bürgermeister Uli Hauschild und Wolfgang Hürter sowie den Bezirksvorsteher Georg Fenninger hatten sich vorsichtshalber Helme aufgesetzt, um der Übermacht weiblicher Bauarbeiter standzuhalten.
Doch schon dem lockeren Mundwerk von Ina Harder hatten sie wenig entgegenzusetzen: "Habt Ihr wieder nix ze donn, aber jet zu drinke?", fragte Harder die Kerle im weißen Kittel. "Glaubt Ihr, so kriegt Ihr eine weiße Weste?" "Weiß ist die Unschuld", konterte Hauschild, und pries Moderatorin Harder als "quadratisch, praktisch, gut". "Bei mir musst Du nicht frieren", hielt Harder dagegen.
Doch als die Wäscherprinzessin mit Obermöhn Evi Zwiebler als Bauleitung nahte, konnten sich die Jungs auf dem Rathaus-Balkon so warm anziehen, wie sie wollten. Zuvor hatte OB Bärbel Dieckmann - als Frau unter den Rathaus-Verteidigern in einer Zwitterrolle - die Männer mit dem ein oder anderen Seitenhieb weich gekocht.
"Ein netter Kerl, aber er nimmt den Mund zu voll", sagte sie zu Hauschild. Und feuerte ihn und seine Mannen an, bei der Renovierung des Rathauses Hand anzulegen: "Ich könnt'' Euch dann mal arbeiten sehen. Und dann hätte ich noch das ein oder andere renovierungsbedürftige Haus der Stadt. . ." "OB - das heißt doch ohne Baugenehmigung", konterten die Männer, da stand schon die weibliche Bautruppe vor der Tür.
"Wir wollen in der Bruchbude aufräumen", kündigte die Obermöhn an, beschimpfte Fenninger als "Auslaufmodell" und schickte Hürter zurück nach Oberkassel, um den Hund zu suchen, der dort schon lange begraben liegt.
Ausgerüstet mit Mischmaschine, Zementsäcken und jeder Menge Bauskizzen rückten die Wäscherprinzessin und ihre Wiever an. Und mit weiblicher List: Sie simulierten Schwäche, schon brach die typisch männliche Überheblichkeit den Verteidigern das Genick. Mit Bützchen lockte Silvia I. sie endgültig aus der Reserve, und während die Männer Stein auf Stein türmten und Planskizzen wälzten, fuhr die Wäscherprinzessin mit ihrer Bauleiterin unter dem Jubel der Narren auf einem Hubwagen auf den Balkon, übernahm Schlüssel und Macht.
Zuvor beim Zug bekamen diejenigen, die an der Oberen Wilhelmstraße Quartier bezogen hatten, gleich noch eine Geschichtsstunde gratis. Kommentator Günther Schatzl, Vize-Chef der Berufsfeuerwehr Bonn, erzählte Anekdötchen rund um die Beueler Weiberfastnacht. Und bot Zugereisten, wie Familie Esser aus Dormagen, eine Einführung in den Schääl-Sick-Karneval.
"Wir sind mit unseren Kindern hergekommen, weil uns Freunde erzählt haben, dass die Beueler viele Kamelle werfen", sagte Ruth Esser. Sie sollte nicht enttäuscht werden, denn die 1 500 Zugteilnehmer schmissen, was das Zeug hielt. Dabei war nicht nur Süßes angesagt. Der Real-Markt erfreute mit Tupperdosen, die Bezirksvertretung mit hartgekochten Eiern, und die Truppe des Heimat- und Geschichtsvereins heftete den Zuschauern Wäscheklammern an.
Mollig warm hatte sich das Damenkomitee "Die jecken Wiever vom hellije Tünn" eingepackt: Jute-Säcke dienten ihnen als Jacken, und aufgenähte Bärchen sorgten für Kuschelfeeling. Zu höheren Weihen strebten die "Holzlöre Orijinale". Als griechische Götter wollen sie an der Olympiade teilnehmen.
Fasziniert schaute sich Lisa (2) vom mit Entenfedern geschmückten Kinderwagen die 600-Frauen-starke-Truppe des Sankt-Adelheid-Gymnasiums an. Die Schülerinnen waren zu Märchenfiguren mutiert. Um die Wiever nicht aus dem Auge zu verlieren, schnallte sich Lehrer Paul Schlechtriemen die Rollerblades unter.
