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600 Narren feiern ausgelassen im Kreishaus

600 Narren feiern ausgelassen im Kreishaus

Rund hundert Majestäten und Tollitäten kommen zum wahrscheinlich größten Spektakel seiner Art im Rheinland nach Siegburg - Sozialdezernent stopft in Monteurskluft Haushaltslöcher

Rhein-Sieg-Kreis. So richtig schwer zu tragen hatte am Mittwoch nur einer. Während alle 600 Narren im Saal ausgelassen und beschwingt feierten, senkte Landrat Frithjof Kühn ein ums andere Mal sein Haupt - aber nicht aus Trübsinn, sondern weil seine Gäste ihm kiloweise Metall um den Hals hängten.

Der höchste politische Amtsträger des Rhein-Sieg-Kreises empfing in seinem Dienstsitz die Träger der höchsten jecken Würden. Rund hundert Tollitäten aus dem rechts- und linksrheinischen Kreis waren gekommen, um dem Landrat ihre Aufwartung zu machen. Und auch Godesia Brigitte und ihr Prinz Jürgen I. sowie die Beueler Wäscherprinzessin Patty I. gaben sich die Ehre.

Nach schier nicht enden wollenden Einmärschen und Ehrenbezeugungen war der Saal proppevoll. Die Jecke standen dicht an dicht auf der Treppe bis hinunter zum Haupteingang. Die ersten Tollitäten konnten es gar nicht erwarten und standen schon um 9 Uhr, eine Stunde vor Einlass, vorm Kreishaus.

Die rund 600 Prinzessinnen, Prinzen, Bauern, Jungfrauen und Gefolge sorgten für den wohl größten Prinzenempfang im Rheinland. Da wippten Pfauenfedern durch den Saal, edle Damen in eleganten Stoffen schritten über den Teppich. Und inmitten all der Pracht? Bettelmönch Petrus Ralfius Müllerius mit seinem "hillije Stohl". Kreistagsabgeordneter Pitt Müller bot mit seinem Klappstuhl aus dem Baumarkt eine Alternative zu den Designerstühlen für den Sitzungssaal an.

Ganz im Zeichen des Sparens hatte sich auch Sozialdezernent Hermann Allroggen kostümiert. Er trug einen Bauarbeiter-Overall und Werkzeug, um damit die Haushaltslöcher zu stopfen. "Mit dieser Montur bin ich in die Haushaltsberatungen gegangen", sagte Allroggen.

Auch Sebastian Hartmann von den Jusos in Bornheim mahnte mit seinem Schottenrock die leeren Kassen an. Gleich eine ganze Baustelle hatte sich um Karl-Hans Ganseuer, den Hüter der Kreis-Kasse, versammelt. Unter seinem Plastikhelm schwitzte auch der Vorgänger des ehemaligen Oberkreisdirektors Frithjof Kühn, Walter Kiwit, der samt Gattin Ulla gekommen war.

Der jecke Hochadel war zum Teil weitgereist. Massai-Prinz Bernd I. und Gefolge vom Gleisdreieck gaben sich die Ehre und bützten den Landrat. Unters närrische Volk hatten sich auch ganz schwere Jungs gemischt: Sebastian Schuster kam als Rocker. Doch auch sie schunkelten ganz brav zum Gesang von Simone Mück.

Neben jecken Tön` gab es Spitzes und Spitzfindiges zu hören. Helmut Söntgerath, der Ex-Kreisvorsitzende der CDU, hatte das "Lied vom Defizit" geschrieben, das "Die Landräte" vortrugen.

Die Genossen haben den Karneval zum Fressen gern. Das haben sie am Mittwoch bewiesen. "Den Gemeinden geht die Knete aus, doch der Kreis lebt in Saus und Braus. Ob Designer-Stuhl oder High-Tech-Saal - Kühn ist immer noch am Ball." Schon für Aschermittwoch hatte die Rhein-Sieg-SPD bissige Reime auf den Lippen und einen essbaren Orden auf der Zunge.