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"Die Zwei mit dem Dreh" machen Schluss

"Die Zwei mit dem Dreh" machen Schluss

Die "Sternenburger" Peter Brust und Emil Lohmer treten von der Bühne ab - Adenauer, Schmidt und Brandt waren das Ziel ihrer humoristischen Attacken und zugleich begeisterte Zuhörer in Bockeroth

Rhein-Sieg-Kreis. Unzählige blinkende Karnevalsorden schmücken die Kellerbar von Peter Brust in Bockeroth. Unzählig sind auch die Auftritte, auf die der jüngst 80 Jahre alt gewordene Brust und sein Freund und Kollege Emil Lohmer als die eine Hälfte der berühmten Polit-Parodisten "Die Vier Sternenburger" zurückblicken können.

60 Jahre nach ihrer ersten Vorstellung treten die beiden Männer am Aschermittwoch als "Die Zwei mit dem Dreh" von der Bühne ab. Vier junge Männer kehrten 1945 aus der Kriegsgefangenschaft ins Rheinland zurück, vier begeisterte Musiker fanden sich, um mit der Gründung der "Vier Sternenburger" eine der längsten karnevalistischen Erfolgsgeschichten im Rheinland zu schreiben.

Erst einmal aber waren sie zu sechst als Tanzkapelle "Ring Rollers" unterwegs, Peter Brust spielte das Akkordeon und Emil Lohmer die Geige. Es blieb nur wenige Jahre beim Spielen von Tanzmusik, schon bald entdeckte der junge Brust seine Leidenschaft für politische Parodien, wie sie in den jungen Jahren der Bundesrepublik den Sitzungskarneval bestimmten.

Als "Die Vier Sternenburger", Namenspate war ein Poppelsdorfer Kegelclub, machten sich die "echten Bönnsche" nach der Gründung der Gruppe 1954 schnell bis nach Köln einen Namen. "Immer am ersten Sonntag im November reisten wir mit unserem neuen Programm nach Köln und stellten uns vor.

Es war damals alles andere als normal, als Bonner überhaupt beim Kölner Karneval mitmischen zu dürfen", erklärt Brust, der Literat des Quartetts, aus dessen Feder 1957 die Bonner Hymne "Träumendes Bonn" floß. Einige tausend Auftritte haben sie hinter sich gebracht.

Beim Betrachten der Fotos, die zwischen den Auszeichnungen prangen, begibt man sich auf einen Spaziergang durch die politische Geschichte der Bundesrepublik: Konrad Adenauer, Helmut Schmidt, Willy Brandt. Sie alle waren Ziel der humoristischen "Angriffe" der "Sternenburger" - und begeisterte Zuhörer.

"Loki Schmidt war ein großer Fan von uns", erinnert sich Lohmer. "Unser Programm musste in jeder Session taufrisch sein, olle Kamellen vom Vorjahr konnte man dort nicht servieren, das war richtig Arbeit." Als die Kölner Hürde genommen war, lief alles wie von selbst: "Wir trafen uns immer am Bonner Verteilerkreis", erzählt der heute 78-jährige Lohmer.

"Und ich musste immer fahren. Nicht nur nach Köln, wir waren auch in Hamburg und Berlin unterwegs." Bis auf die Nordfriesischen Inseln führte die "Sternenburger" der Erfolg. "Ich weiß rückblickend auch nicht mehr, wie wir das alles geschafft haben", überlegt Brust, und Lohmer fügt hinzu: "Wir hatten einen so straff organisierten Terminplan, dass kaum noch Zeit für etwas anderes blieb. Immer im Laufschritt, ohne Manager."

Vom ersten Januar bis zum Aschermittwoch waren - je nach Länge der Session - häufig 220 bis 260 Auftritte zu absolvieren. Immer mussten die bissigen Liedchen und politischen Parodien auf dem aktuellen Stand sein. "Manchmal haben wir auf dem Weg zur einer Sitzung etwas im Radio gehört und das dann noch schnell ins Programm eingebaut", schmunzeln die beiden.

In Maßanzügen ging es hinter die Bühne, auf die Bühne, runter von der Bühne. "Aber wir haben nie nur unser Repertoire runtergeleiert. Dafür waren wir mit zu viel Herzblut bei der Sache", versichern Brust und Lohmer, die nach Sessionsende wieder in die Malerkluft oder hinter die Theke der eigenen Gastwirtschaft schlüpften, um ihr täglich Brot zu verdienen.

Seit Jahrzehnten sind sie eine feste Größe im rheinischen Karneval, und an vielen Karnevalssonntagen waren sie um 11.11 Uhr zu Besuch bei Bundeskanzler Konrad Adenauer. "Dessen Sohn Schorsch war ja bei den Rhöndorfer Ziepches Jecke und hat uns angesprochen", erzäht Brust.

Unzählige politische Empfänge in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn und anderen Großstädten wurden durch die Auftritte der "Vier Sternenburger" zu einem unvergesslichen Ereignis - die Liste ließe sich lange fortsetzen. Aber sie reisten genauso über die Dörfer, zu den kleinen Karnevalsgesellschaften, die ihnen immer genauso wichtig waren wie die Sitzungen der ganz "Großen".

Als die "Stimme" der Sternenburger, Rudi Morsche, sich aus gesundheitlichen Gründen 1989 verabschieden musste und auch Adi Waldmann sich zurückzog, löste sich das Quartett auf. Brust und Lohmer blieben. "Ein Jahr haben wir pausiert. Dann sah ich in Göttingen diese Drehorgel, auf der sich rund 200 Titel speichern lassen.

Es war eine richtige Erleichterung, wieder auftreten zu können", lächelt Brust. Ab dann wurde im Dialekt getextet und gesungen, und wieder befanden sich die Freunde auf Erfolgskurs: als "Die Zwei mit dem Dreh".

"Nun ist es Zeit, Abschied zu nehmen. Ganz aufhören werden wir nicht, aber den Karneval überlassen wir jetzt den Jüngeren", sagt der 80-jährige Brust. "Ich denke, wir waren lange genug dabei, unser ganzes Leben halt." Am Abend hat das Duo wieder einen Auftritt. "Halb sieben am Verteilerkreis", ruft Lohmer zum Abschied.