1. Narren-News
  2. Sieg&Rhein

Karnevalisten ohne Standesunterschiede

Karnevalisten ohne Standesunterschiede

Stadtsoldaten-Corps Rot-Weiß feiert sein 77-jähriges Bestehen mit großem Festprogramm samt "Paveiern" auf dem Siegburger Marktplatz - Am 11. Januar 1928 war die Geburtsstunde

Siegburg. Bereits seit 77 Jahren ist das Stadtsoldaten-Corps Rot-Weiß in der Kreisstadt eine feste Größe. Aus diesem Anlass hatte das Traditionscorps am Samstag zu einer großen Party auf den Marktplatz eingeladen. Schon bevor es offiziell los ging, hatten sich zahlreiche Besucher auf den Bänken sowie an den Getränkebuden und Essensständen eingefunden.

Nach einer kurzen Begrüßung von Wolfgang Schmitz, Präsident und Vorsitzender in Personalunion, stimmten die Sänger vom Männergesangverein Wolsdorf die Gäste auf den musikalischen Abend ein. Anschließend sorgte die Gruppe "Joot Drupp" für angenehme Kurzweil bis schließlich der Höhepunkt des Abends anstand: der Auftritt der Kölner Kultband "Paveier". Fast zweieinhalb Stunden heizten sie ihren Zuhörern mit gewohnt stimmungsvollem kölschen Liedgut tüchtig ein.

Zwar sind aufgrund der Kriegswirren nahezu alle Unterlagen bis zum Jahre 1945 verloren gegangen. Doch Dank des Erinnerungsvermögens früherer Mitglieder ist es den Stadtsoldaten gelungen, eine Chronik zu rekonstruieren. Angefangen hat alles im November 1927. Bei einer Karnevalskomiteesitzung im "Siegburger Hof" machte Leo Hermanns den Vorschlag, auch in Siegburg ein Stadtsoldaten-Corps zu gründen, wie es bereits in Bonn vorhanden war.

"In der festgefügten Gesellschaftsordnung unserer Vaterstadt Siegburg war das Zustandekommen eines solchen Corps - unabhängig von allen gesellschaftlichen Bezügen - ein recht riskantes und von manchen als zweifelhaft betrachtetes Unternehmen. Dennoch dachten einige Bürger der damaligen Zeit, die Notwendigkeit, ein solches Gesellschaftsunternehmen zu gründen, dürfe nicht an allen herkömmlichen Hindernisgründen scheitern", heißt es in der Chronik.

In Jan Hemmersbach fand Hermanns einen begeisterten Anhänger seiner Idee. Gemeinsam brachten sie die Sache voran. Dritter im Bunde wurde dann Fritz Breuer, der Wirt der "Schützenburg". Als Geburtsstunde betrachten die Stadtsoldaten den 11. Januar 1928. Einen Tag darauf steht im Siegburger Kreisblatt geschrieben: "Es wurde vorgeschlagen, ein sogenanntes Stadtsoldaten-Corps zu bilden, dessen Aufgabe es an allen drei Fastnachtstagen wäre - nach Bonner Muster - durch Arretierungen und sonstige Veranstaltungen zum Wohle unserer Armen zu arbeiten." Bei der Aufnahme von Mitgliedern wurden keine Standesunterschiede gemacht.

Einem Aufruf kamen zahlreiche Bürger nach. Die Einzeichnungslisten füllten sich schnell. Binnen weniger Wochen gelang es, das neu gegründete Corps mit den historischen Uniformen bis zu den Karnevalstagen marschbereit zu machen. Die Damentanzgruppe und die gemischte Garde sind inzwischen Geschichte. Abgesehen von einem Funkemariechen sind die Stadtsoldaten das einzige reine Männercorps der Kreisstadt. In den ersten Jahren musste allerdings ein männliches Mitglied als Tanzmariechen herhalten.

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1939 brachte dann den abrupten Abbruch des Brauchtums. Doch schon bald nach Kriegsende nahm Altpräsident Jean Hemmersbach die Sache in die Hand und kurbelte das Vereinsleben wieder an. Heute kann das Corps stolz sein, bereits drei Siegburger Prinzenpaare aus den eigenen Reihen gestellt zu haben.

Das letzte waren Hans Peter und Doris Theisen in der Session 2004/2005. Im Jahre 1970 mieteten die Stadtsoldaten auf der Zeithstraße einen Raum. Das so genannte "Casino" nutzen die närrischen Mitglieder noch heute für regelmäßige Treffen. Die sieben mal elf Jahre karnevalistischen Brauchtums sind sogar auf dem Orden der Session 2004/2005 festgehalten. Dort steht das Siegburger Stadtwappen in einem Ehrenkreuz, umrahmt von einem Strahlenkranz und Strass-Steinchen. Zudem haben die Stadtsoldaten eine Damenbrosche in den Vereinsfarben Rot-Weiß anfertigen lassen.