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Kommentar zu den Folgen der Wahl: Macht eure Arbeit

Kommentar zu den Folgen der Wahl : Macht eure Arbeit

Die Ergebnisse der Europawahl zeigen: Europa ist anstrengender geworden. Deutlich öfter wird das Ringen um politische Lösungen zu hören sein, kommentiert GA-Korrespondent Detlef Drewes.

War das nun die Schicksalswahl, von der viele Volksvertreter vorher gesprochen haben? Dann fällt die Botschaft so vielfältig und widersprüchlich aus, wie diese 28er Gemeinschaft eben ist. In Deutschland verlieren die Volksparteien, in anderen Ländern ist das Gegenteil der Fall. Der befürchtete Rechtsruck ist ausgeblieben, obwohl Rechte und Nationalisten stark vertreten sind, was nicht heißt, dass sie eine geballte Kraft bilden werden. Der Siegeszug der Grünen fußt auf wenigen Mitgliedstaaten. Und die erstarkten Liberalen hängen zu einem großen Teil am Tropf von Frankreichs Staatspräsident und den Parlamentariern seiner Partei.

Europa ist anstrengender geworden. Mehrheiten sind nicht länger von den beiden großen Parteienfamilien zu erreichen. Ein Konsens muss ausgehandelt und von breiteren Schultern getragen werden. Die Zeit der Blöcke ist vorbei. Genau das wollte der Wähler für Europa. So werden die Bürger, die mit erfreulich hoher Beteiligung dieses Parlament zusammengesetzt haben, deutlich öfter vom Ringen um politische Lösungen hören. Das ist gut, denn es lässt die Bürger spüren, dass hier ein gleichwertiger europäischer Gesetzgeber agiert, der mehr als nur ein Erfüllungsorgan der Regierungschefs ist und der den besten Weg demokratisch erarbeiten muss. Die EU wird durch ihre eigene Vielfalt und Widersprüchlichkeit nicht schwächer, sondern stärker, sofern sie zu Kompromissen in der Lage ist, die alle als Errungenschaft annehmen können.

Wenn es wirklich so etwas wie eine zentrale Botschaft der Wähler an ihre Abgeordneten gibt, dann lautet die: Macht eure Arbeit. Ansonsten strafen wir euch ab. Ob Klimaschutz oder Sozialunion, ob Migration oder Künstliche Intelligenz – die Menschen wollen Ergebnisse und Taten sehen.