Bis die Prinzenmütze nicht mehr drückt

Korschenbroich. Müde Schultern, schwere Beine - Bonna Alexandra II. (Pfeiler) nimmt es gelassen: "Wer schön sein will, muss warten." Die Anprobe des prächtigen Bonna-Kleides dauert viel länger als erwartet. Hier sitzt die Naht nicht richtig, dort ist der Saum noch offen.

Schneidermeisterin Christine Zimmermann hat alle Hände voll zu tun: "In diesem Jahr ist das Maßnehmen bei der Bonna nicht einfach gewesen." Die Schneiderin der Firma Hintzen in Korschenbroich bei Neuss spielt auf die Schwangerschaft von Alexandra II. an. Im August kam Tonja zur Welt, die zweite Tochter. Marlies Stockhorst, ihres Zeichens modebewusste Vize-Präsidentin des Festausschusses Bonner Karneval, ist erstaunt: "Alexandra hat schon wieder dieselbe tolle Figur wie vor der Geburt."

Ein Unterrock mit Reifen lässt das Gewand richtig fallen. Zimmermann steckt unter den strengen Augen von Stockhorst die Länge noch einmal mit Nadeln ab. Auch die Taille ist noch etwas weit. Die Knöpfe für den Umhang müssen weiter nach vorne versetzt werden. Nachdem alles mit Nadeln fixiert ist, heißt es noch einmal Geduld haben.

Derweil wartet Prinz Holger I. (Willcke) im Anproberaum auf sein Ornat. Das ist noch in der Reinigung. Der Prinz trinkt ungeduldig einen Kaffee nach dem anderen. Stehtisch, Stühle - das Zimmer ist eher bescheiden eingerichtet. In einer Ecke trennt ein Vorhang eine Kabine ab. An den Wänden hängen Bilder von Prinzenpaaren und Dreigestirnen aus dem gesamten Rheinland.

Tollitäten, die etwas auf sich halten, kleiden sich bei der Firma Hintzen ein. Neben der Maßanfertigung von Ornat und Kleid bietet das Haus auch Kleider "von der Stange" und einen Verleih von Kostümen und Zubehör. Endlich: Die Tür geht auf, eine Mitarbeiterin bringt das Ornat. Der Prinz zieht sich um, Stockhorst zweifelt: "Mit der Hose stimmt etwas nicht." Zunächst wird das eine Hosenbein etwas enger gemacht. Doch noch immer ist Stockhorst unzufrieden.

Schließlich fällt ihr ein, dass sich im Fundus des Verleihs eine alte Bonner Prinzenhose befindet. Der Vergleich bringt es an den Tag: Während die alte Hose auf jeder Seite zehn Bänder hat, die für Pump sorgen, hat die neue nur acht. Vorne und hinten sind die verzierten Streifen sehr viel breiter als bei der alten. Die Hose muss nochmals angefertigt werden.

"Meine Prinzenmütze drückt überall", bemängelt seine Tollität. Kein Problem - auf einer Maschine, die wie ein mittelalterliches Folterinstrument wirkt, wird die Kappe unter Wasserdampf noch einmal geweitet. Schließlich passt sie wie angegossen.

Sobald im April klar war, dass die Versicherungsfachwirtin Alexandra Pfeiler und GA-Redakteur Holger Willcke das neue Bonner Prinzenpaar sein werden, kam Helmut Hintzen nach Bonn, um Brustumfang, Größe und Beinlängen zu messen. Anfang Mai fuhren die beiden dann erstmals nach Korschenbroich. Da war ihr Babybauch noch nicht zu dick. Die Gewölbchen am Kleid wurden angepasst, die Längen genau abgesteckt und weiter gemessen. Anfang Oktober waren dann die Kostüme soweit fertig, dass sie bei einem weiteren Termin erneut angepasst wurden.

Hintzen stattet das Prinzenpaar auch mit dem erforderlichen Zubehör aus. Für den Rosenmontagszug benötigt der Prinz mehrere Paare Handschuhe. "Durch das Kamellewerfen sind die ruck-zuck durch", weiß der Karnevalsprofi. Seine Fasanenfedern sind gut 1,60 Meter lang. Vier davon hat der Bonner Karnevalsprinz an seiner Kappe - wie der Kölner Prinz, der sie jedoch in den Karnevalsfarben grün, rot, blau und weiß trägt.

Das närrische Volk wird seine Tollitäten erstmals beim Ordensfest am 2. Januar im Ornat sehen. Dann werden Prinz und Bonna ihre Kostüme bis Aschermittwoch, 6. Februar, nur selten ausziehen. 370 Termine in fünfeinhalb Wochen stehen an. Weil die Session so kurz ist, müssen die Ornate oftmals den ganzen Tag getragen werden. Stockhorst empfiehlt daher Krafttraining. Das Kleid der Bonna wiegt nämlich drei Kilogramm.