Freche Früchtchen in Selhof
Gesundheit wird großgeschrieben beim Kinderzug, aber auch die eine oder andere Kamelle ist erlaubt
Selhof. Normalerweise kennen Piraten kein Pardon. Die wilden Kerle, die am Montag Selhof eroberten, die sahen zwar zum Fürchten aus. Aber sie machten den südlichen Honnefer Stadtteil zum reichsten Dorf des Rheinlands.
Sie waren nicht auf Beute aus, sondern sie plünderten ihre eigene Schatzkiste und pflasterten mit vollen Händen die Straßen des Ortes mit Golddukaten. Und wenn wirklich ein Taler von den kleinen Kamellejägern am Zugrand übersehen wurde, dann hilft das vielleicht noch, die Löcher zu flicken.
Info Lesen Sie dazu auch " Am Rande notiert"Herrlich, diese 30 Mann starke Piratentruppe des ATV Selhof. Sie hatte außer ihrer Schatzkiste eine einsame Insel mit Palme, Schiff und Papagei dabei. Und hoffentlich kommen sie nächstes Jahr wieder angesegelt. Unterm grün-roten Papageienkostüm steckte übrigens das jüngste Mitglied der Sportlertruppe: die einjährige Tabea Hambuch, Enkelkind von ATV-Chef Ulrich Hambuch.
Nicht mit Dukaten, aber mit Berlinern überschwemmten die Mitglieder der KG Halt Pol ganz Selhof. Ob Präsident Jörg Pütz oder die Nachwuchs-Halt-Pöler: Sie versorgten die Jecken an den Straßen höchstpersönlich mit den süßen Ballen. Und die Damen der Gesellschaft warfen vom Wagen herab Kamelle haufenweise.
Überhaupt musste keiner hungrig vom Zoch nach Hause gehen. Herzhaftes steuerten die Köche vom Eisenbahnersportverein bei. Sie hatten Wiener Würstchen im Pott. Die Selhofer Wiesengriller, die beim Wiesenfest des Bürgervereins regelmäßig den Grill anwerfen, verteilten kleine Pappschalen mit herzhaft duftendem Inhalt. "Currywurst?", fragte Martina Raffauf, eine der Wiesengriller-Serviererinnen.
"Mir wolle en Hütt am Eifelblick" stand außerdem an ihrem Wagen. Die beliebte Rasthütte ist bekanntlich Anfang Januar abgebrannt. Im vergangenen Jahr waren sie mit dem Pokal für die beste Truppe ausgezeichnet worden. Den präsentierten die 13 Köche vom Bratwurst-Express diesmal stolz auf ihrem Auto. Und versprachen nicht zu viel.
Ihre 1 500 Würstchen, die sie während des Zuges um Chefkoch Markus Huppertz brutzelten, die waren wieder Spitzenklasse: "Ne Wursch vom Grill, dat is wat ich will!" Eben. "Mir bruche kene Gral, mir hann de Heilige Saal Kaiser", verkündeten König Arthur und die Ritter der Kirmesrunde von ihrer Burg aus.
Der Verein Heimattrinker erinnerte daran, welche Bedeutung das "Kurhaus Kaiser" für die Selhofer und ihre Vereine hat. König Arthur (Renner), mit Krone auf dem Haupt: "Ich fühle mich bestens." Mit seinen Rittern ließ er Tulpen sprechen: Strüßjer aus dem Burgverlies. Lust auf Frühling machten auch die Frechen Früchtchen vom Familienzentrum Unterm Regenbogen.
"Sauer macht lustig. In der Zitrone ist noch viel Saft", stand auf dem Bauch eines knallgelben "Säuerlings". Brrr. Zum Anbeißen dagegen die süßen Erdbeeren und Kirschen. 50 Kinder, Erzieher und Eltern hatten das Thema Gesunde Ernährung auch zu ihrem Karnevalsmotto erhoben. Zum Anbeißen: die Vitamin-Kamelle vom Bollerwagen. Noch größer die Truppe von der KJG Selhof.
82 Kinder und Gruppenleiter rockten durch Selhof. Die Mädchen in Petticoats und die Jungs in College-Jacken. Alles selbst gemacht. Der wahrscheinlich einzige Cadillac der Welt, der von einem Traktor gezogen wird, das war dieser selbst gebaute Schlitten der Rock'n'Roller von der KJG. Dazu fetziger Rock'n'Roll aus der Box.
Live-Musik dagegen hatte Frei Weg auf der Pfanne. Ja, das ist Karneval. In den letzten Wochen hatten sie in den Sälen getanzt, am Montag steppten sie durch Selhof: sämtliche Tanzcorps der Selhofer KG rund um die Wagenburg der Blau-Weißen. Und auch die Damen vom Moulin Rouge jauchzten und zeigten trotz Kälte viel Bein unterm dünnen Netzstrumpf. Spätestens da wurde es den Jecken am Wegesrand ziemlich warm.
