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Rhythmische Fiesta bei Sonne und Schnee

Rhythmische Fiesta bei Sonne und Schnee

250 000 Jecke erleben den Bonner Zoch mit närrischer Integration entlang des Zugwegs, brasilianischer Musik aus dem allemannischen Basel und königlichem Naschwerk für alle Jecken

Bonn. So verrückt kann ein Rosenmontag sein: Erst schneit es, dann kommt die Sonne raus. Und plötzlich - mitten im Zug - wirbelt einem ohne Ende Konfetti um die Ohren. Ist es jedoch gar nicht, sondern schon wieder Schnee.

Aber weil der liebe Gott - jeder weiß es - natürlich ''ne Bönnsche es, lässt der blaue Himmel nicht lange auf sich warten. Dazu gesellt sich natürlich ein kräftiger Regen: Kamelle und Strüßjer prasseln auf die 250 000 Narren am Straßenrand herab.

Richtig glücklich strahlt die Bonna vor Zugbeginn: "Jeder kriegt das Wetter, das er verdient hat", sagt Judith I. zum Sonnenschein. "Da fehlt nur noch eine Sonnenbrille."

Ihr Prinz Klaus III. freut sich auch schon auf die Fahrt durch Innen- und Altstadt: "Das wird bestimmt ein Riesenvergnügen, durch die Straßen zu ziehen." Die beiden haben sich auf ihrem Wagen gut eingedeckt.

Die Vorratsbehälter sind mit Chips, Schokolade und Gummibärchen vollgestopft. 1,5 Tonnen Süßigkeiten lagern auf dem Prunkwagen, wie Prinzenführer Christoph Arnold verrät. Da ist es auch kein Wunder, dass am Ende zufriedene Pänz mit vollen Tüten nach Hause ziehen.

Wer hat mehr Sonne verdient als der Circus Comicus? Der ist weniger für sein Wurfmaterial, als vielmehr für seine verrückten Ideen und die bunten Clownskostüme bekannt. Und seine Konfetti-Kanone versprüht Millionen winziger Schnipsel. Wer Glück hat, darf von der frischen Grillwurst der jecken Truppe probieren.

Bis kurz vor Schluss hat es die Kolpingsfamilie Bonn-Zentral wieder geschafft, ihre Ideen für den Zug geheim zu halten. Die Fidele Walzbröde konnten ein paar alte Sitze des früheren Gangolf-Kinos abstauben und bauten kurzerhand daraus ihre eigene VIP-Tribüne. Das Original, bei dem zahlungskräftigen Zugbesuchern auf dem Markt Fingerfood gereicht werden sollte, hatte am Anfang der Session für Wirbel gesorgt, die Politiker bereiteten mit ihrem Veto der gewagten Sache ein Ende.

Bei den Kolpingern im Zug sitzt der Festausschusspräsident als Puppe nun einsam und verlassen auf einem der Kinosessel. Ob er bei den Häppchen wenigstens satt wird?

Das Motto "Fiesta Bonnensia" passt zu allem, was irgendwie einen spanischen oder südamerikanischen Touch hat. Die Tänzer der Gesellschaft für bolivianische Kultur beeindrucken mit ihren grün-gelben Kostümen und dem prächtigen Federkopfschmuck.

Die Satrubus (Samba-Truppe Buschdorf) trommelt einen heißen Rhythmus. Mexikanisch wird''s bei der Männerreih aus dem Auerberg. Dahinter heizen die Hot Peppers der Bonner Rudergesellschaft mit "Viva Colonia" ein und schlagen damit wieder den Bogen zum Rheinland. "Rut sin de Ruse" singen die Hobby-Köche "Pann-huh" auf ihrem Wagen, einen Ausflug in die Baseler Fasnacht bieten die Musiker Doe Mar We als Mongolen - die wissen, wie man Stimmung macht.

Doch was wäre die Party ohne all die Jecken am Zugweg? Sie machen die Feier erst richtig schön, haben Proviant mitgebracht und teilen mit ihren Nachbarn. Oder machen eine Sause in ihrer Wohnung am Zugweg.

Und der ein oder andere Gründerzeit-Architekt könnte heute noch lernen, warum er sein Haus mit Simsen und anderem Stuck verziert hat. Wo, wenn nicht da, könnten sich die Haribo-Tüten und Mausespeck-Seite sammeln, die nicht den Weg ins nahegelegene Fenster gefunden haben?

Immer wieder schön anzuschauen ist die närrische Integration: Chinesen-Kostüm knuddelt Schlitzauge und steckt ihm noch ''en Strüßje an den Khaki-Hut. Und der türkische Vater sahnt mit seinen Kindern jede Menge Kamelle ab, als die Besatzung des GA-Cabrio-Busses am Münsterplatz Kehraus macht. Leben und leben lassen. Herz, was willst du mehr?

Vom Zoch berichten: Sylvia Binner, Richard Bongartz, Sascha Stienen. Es fotografierten Heinz Engels und Barbara Frommann.