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Auszeichnung für zwei Schlitzohren

Auszeichnung für zwei Schlitzohren

Die Mäuseorden 2012 gehen an Generalmusikdirektor Stefan Blunier und an EU-Politiker Axel Voss.

Bonn. (hol) Es gibt nur wenige Termine im bönnschen Karneval, bei denen Ironie, Tiefsinnigkeit und der Mut zur Wahrheit für das Gelingen der Veranstaltung von besonderer Bedeutung sind. Die Verleihung des Mäuseordens ist da an erster Stelle zu nennen.

Gestern Vormittag war wieder so eine Sternstunde des Fastelovends: Bonns Generalmusikdirektor (GMD) Stefan Blunier und Bonns Europaabgeordneter Axel Voss (CDU) reihten sich mit geschliffenen Reden in die lange Reihe der Ordensträger ein.

Mucksmäuschenstill war es im Haus der Springmaus, als Blunier ans Rednerpult trat - zu gut konnten sich viele im Saal an den Mephisto-Auftritt von Generalintendant Klaus Weise im Jahr 2009 erinnern. Dessen Rundumschlag gegen die Bonner Kulturpolitik führte damals dazu, dass die damalige Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann die Springmaus unter Protest verließ.

Anders Blunier. Der Schweizer, dessen Job es ist, seinem Beethoven-Orchester brillante Töne zu entlocken, traf selbige ein ums andere mal. Ihn als neuen Ordensträger zu deklarieren, begrüßte der GMD als gelungenes Integrationsmodell: "In der Schweiz wird Karneval tot geschwiegen." Seine zarten Kontaktaufnahmen zum Karneval bezeichnete Blunier als schwierig.

Einst traf er einen homosexuellen Prinzen sowie trinkende, um Frauen buhlende Feierteufel. Der Stimmungswechsel trat erst 2000 ein, als er gemeinsam mit dem MGV Cäcilia Wolkenburg ein Konzert in Köln gab. In dessen Reihen stand ein Sänger namens Jürgen Nimptsch, was Blunier gestern so kommentierte: "Schon damals musste der OB nach meiner Pfeife tanzen."

Nach dem Umschiffen dieser karnevalistischen Untiefen sei er für den bönnschen Fastelovend gut gewappnet, meinte Blunier, der sich als neuer Würdenträger darauf freut, sich nun in die "Intelligentia des Rheinlandes" einreihen zu dürfen. Das Thema Festspielhaus mied der GMD nicht. Er bezog Stellung: "Kleinstädtisch darf das Andenken Beethovens nicht gefeiert werden. Bonn braucht zwei Musiktempel - ein Festspielhaus und eine Beethovenhalle.

"Was er von der Art und Weise hält, wie die Stadt Bonn mit diesem Thema umgeht, drückte er "hoffentlich unverstehbar" in seiner Schweizer Muttersprache aus. Und so kam es auch: Im Gegensatz zu Bärbel Dieckmann seinerzeit behielt Jürgen Nimptsch Platz.

Auch Axel Voss' Worte erzielten ihre Wirkung - vor allem, wenn man zwischen den Zeilen las beziehungsweise genau zuhörte. Als gebürtiger Niedersachse lieferte er einen Liebesbeweis für Bonn und Europa ab, sparte aber auch nicht mit Kritik an der bönnschen Politik: Alles geht ihm zu langsam, er vermisst Entscheidungen: "Ist Gegenwart in Bonn noch denkbar. Der Wandel scheint hier so rasant, dass man den Überblick verlieren kann." Und er verriet auch einen seiner Träume: "Für den Bruchteil einer Sekunde denken zu können, alle Dinge würden sich innerhalb einer Legislaturperiode ändern."

Dass Voss als EU-Parlamentarier die Nickeligkeiten des Polit-Geschäfts kennengelernt hat, bewies er bei der Beantwortung der Frage "Sollen Italien und Griechenland aus der EU austreten?" Dazu Voss: "Nein, die sollen es auch nicht besser haben als wir Deutsche." Und welche Lehren zieht Voss aus den Sorgen der EU? "Der Optimist würde sagen: Die meisten Probleme sind schnell gemacht. Der Pessimist würde sagen: In jedem noch so großen Chaos steckt immer ein Fünkchen Hoffnungslosigkeit." Na denn, Alaaf.