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Wo der Prinz zu Fuß hingeht

Wo der Prinz zu Fuß hingeht

In der Bonner Beethovenhalle ist das Örtchen nie still - Hier pudern die Damen vom Elferrat den Porzellanteint nach, und die Gardisten stehen Schlange - Eine Sitzung auf dem Klo

Bonn. Bei Toilettenfrau Sonja gibt es Kamelle. Da greifen die Jecken fast automatisch zu. Auch mit Streichhölzern und Tempotüchern kann sie aushelfen. Nur das Raumspray hat sie heute zu Hause vergessen.

Trotzdem liegt ein leichter Zitrusduft in der Luft, vom Reiniger. Es ist 18.30 Uhr, die letzten Besucher haben es eilig, noch rechtzeitig zum Beginn des Programms in den Saal zu kommen. Zeit für Sonja und Kollegin Fatima, einen kurzen Blick auf die schmucken Gardisten zu werfen, die sich zuerst am Klo an und dann im Foyer aufstellen.

Sie werden sie alle wiedersehen. Denn wo Sonja und Fatima arbeiten, geht nicht nur der Prinz zu Fuß hin. Die Proklamation des Bonner Prinzenpaares ist die erste von vier großen Sitzungen in der Beethovenhalle.

Während der Proklamationsgast gerne Wein trinkt, fließt bei den Sitzungen von Stadtsoldaten, Ehrengarde und Wiesse Müüs eher Bier, weiß Felix Sontheimer, Leiter Gastronomie bei der DaCapo Service GmbH: "Alleine im Saal servieren wir dann sechs- bis siebentausend Kölsch. Außerdem 500 bis 600 Flaschen Wasser."

Als der "Bergische Jung" von der Bühne ist, bilden sich erste Schlangen, selbst bei den Herren. Und auch an den Waschbecken wird es eng. "Jetzt sind sie einmal in der Beethovenhalle, waschen sie sich auch die Hände", lästert einer. Still ist es auf dem Örtchen den ganzen Abend nicht.

Eine Dame schaut nach, ob der Knochen im Haar noch sitzt. Die Ex-Bonnas aus dem Elferrat in üppigen Rokoko-Kostümen pudern ihren Porzellanteint nach, und auch Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann wirft vor ihrer Proklamationsrede noch einen prüfenden Blick in den Spiegel.

Die Trendaccessoires passend zum Sonnenschein-Motto der Session: sonnengeblümte Hütchen, flirrendes Goldhaar und gelbe Federboas. Da ist Sonja bestens informiert. Von dem, was auf der Bühne passiert, bekommt sie nicht viel mit: "Die sind drüben am tanzen, und ich bin hier am toben." Während der Prinz im Saal den gerade erworbenen Paias schwenkt, schwingt Fatima den Mopp.

Denn die Damen lassen Federn. Und Pailletten. Nach der Pause heißt es Nachschminken. Mettbrötchen, Schnitzelbrötchen - da hat selbst der kussechteste Lippenstift irgendwann verloren. Der Teller mit dem Trinkgeld füllt sich. Eine Frau zahlt sogar mit Schein: "Das ist dann für den ganzen Abend."

Bei Sonja nebenan auf dem Herrenklo gehen zwar die Bonbons weg. Aber der Teller füllt sich deutlich langsamer. Und das liegt nicht nur daran, dass die vielen Gardisten enge Beinkleider tragen, die keinen Platz für dicke Brieftaschen bieten. "Frauen sind großzügiger als Männer", sagt Sonja. Sie findet nichts Besonderes am Geschäft mit den Geschäften

"Wir machen hier nur sauber, das machen die Leute zu Hause doch auch." Karnevals-Neuling Fatima muss lachen, als zu später Stunde ein Gretchen mit blonden Zöpfen hinter der Tür zur Herrentoilette verschwindet. Doch dunkle Stimme und Bartschatten verraten, dass es sich nicht in der Tür geirrt hat.