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Ex-Höhner-Gitarrist Franz Martin Willizil spricht über Karnevalshits

Franz Martin Willizil : Ex-Höhner-Gitarrist erklärt, wie Karnevalshits entstehen

Ex-Höhner-Gitarrist Franz Martin Willizil hat eine ganze Reihe Hits komponiert, die in den allgemeinen Karnevalskanon eingegangen sind. Doch wie hat der Waldorfer Vollblutmusiker das gemacht?

Die Karnevalssession ist zum zweiten Mal coronabedingt abgesagt. Anlass für den General-Anzeiger, einmal in die versteckte Herzkammer der fünften Jahreszeit vorzudringen und einen der wichtigsten Lieferanten für Karnevalsklassiker zu fragen: Wie schreibt man eigentlich einen Karnevalshit?

Wir sind zum Ortstermin bei Franz Martin (F.M.) Willizil, alias Dä Hoot, in Bornheim-Waldorf. Er hat schon in vielen Kölner Bands gespielt: bei den Höhnern, bei Schmitz, der Kölschfraktion und immer wieder als Solokünstler als „Dä Hoot“. Markenzeichen natürlich: der Hut! Und er hat eine ganze Reihe Hits komponiert, die in den allgemeinen Karnevalskanon eingegangen sind. „Kumm, loss mer fiere“, „Hey Kölle, du bes e Jeföhl“ und „Nix em Büggel, ävver all joot drop“. Franz-Martin Willizil weiß also ganz genau, wovon er spricht, wenn er über die Zutaten für einen guten Song redet.

Gemütlichkeit im Tonstudio

„Kommen Sie rein, wir gehen direkt ins Studio“, begrüßt er den Reporter. Der 69-jährige Willizil wohnt bescheiden im eigenen Häuschen in der Hanglage von Waldorf. Von hier oben hat man die beste Aussicht auf die Köln-Bonner Bucht und – ja, auch – auf die rheinischen Karnevalisten. Vogelperspektive quasi. Das Tonstudio ist klein, aber fein eingerichtet. Man spürt, dass hier Wohlfühlatmosphäre herrschen soll. Denn der Multiinstrumentalist verbringt viel Lebenszeit in diesem Raum.

Im zarten Alter von neun Jahren, also vor genau 60 Jahren, fand er zur Musik. Das geschenkte Akkordeon unterm Weihnachtsbaum gab seinem Leben die entscheidende Richtung. Schon ein Jahr später stand er zur Entlassfeier aus der Volksschule auf der Bühne uns spielte ein Walzer-Potpourri. Der anhaltende Applaus von Lehrern, Eltern und Schülern gaben den Ausschlag. „In diesem Moment wusste ich, dass ich auf der Bühne musizieren will“, sagt er heute.

Die erste Band trommelte auf Dash-Eimern

Die erste Band ließ nicht lange auf sich warten. Ein Freund hatte eine E-Gitarre und ein anderer baute sich aus Dashtrommeln ein Schlagzeug. Auf Klassenfahrt im Schullandheim zeigte ein Klassenkamerad F.M. drei Akkorde auf der Gitarre. Schon wieder so eine Richtungsentscheidung. Denn streng genommen kann man mit drei Akkorden so ziemlich jedes Lied begleiten. Da waren die ersten eigenen Songs nicht weit.

Mit zwölf Jahren spielte er mit Kumpel Nik Nikitakis, der später als der „Kölsche Grieche“ bekannt werden sollte. Und weil der Franz Martin in der Kölner Verwandtschaft vom Hansaviertel als musikalisch eingestuft wurde, landete ein Erbstück, ein mordsmäßig schweres Klavier, bei den Willizils. Auch das traktierte der musikbegeisterte Junge.

Ein Faible für Mozarts „Kleine Nachtmusik“

„Ich höre alle Arten von Musik“, sagt er. Auch vor Mozarts „Kleiner Nachtmusik“ machte er nicht Halt. „Das war die erste Schallplatte, die ich hörte, die Melodie hat mich begeistert.“ Als er mit seiner Frau Marlene neulich in Wien am Prater war, gab es in einem Kiosk T-Shirts mit dem aufgedruckten musikalischen Thema der Nachtmusik. „Da habe ich gleich mehrere gekauft“, sagt er.

Musik hat es ihm also angetan. Die Schule hat er nicht ganz so energisch verfolgt, das Abi bekam er mehr aus Mitleid, und das Studium als Lehramtskandidat erfüllt auch nicht seine Erwartungen. Und was ihm nicht gefällt, das hört er auf. Der Mann ist ein Suchender. Und so war es auch eine Form von Zufall, der ihn zu den Höhnern führte. Er fragte an, ob er nicht mitspielen könne. Und als er die Forderung von Schlagzeuger Janus erfüllt hatte, sich „mal anständig anzuziehen“, war die Sache geritzt.

Der Durchbruch kam 1978: „Wir erhielten das Angebot, im Senftöpfchen ein zweistündiges Konzert zu spielen“, erzählt Willizil. Eigentlich hatte die Band damals nur 20 Minuten Repertoire. „Da haben wir alles zusammengeworfen und unterhaltsame Zwischentexte ersonnen.“ Das war der Moment, als die Band lernte, Leute zu unterhalten. Nach 22 Jahren stieg er bei den Höhnern aus. „Es ging sehr in Richtung Kommerz und Hochdeutsch“, sagt er. Da habe er nicht mehr mitgehen können.

Am 11.11. geboren

Er wurde am 11.11. in Köln geboren und ist damit quasi dem Ur-Kölschen verpflichtet. Und so verfolgt er seitdem sein Motto „Kölsch kann och anders“. Also nicht immer nur Karneval und immer auf die Zwölf. Er ist ein Vertreter der ruhigeren, authentischen Töne. Mal mit ebenfalls Ex-Hohn Peter Horn, mal mit seiner Tochter oder wahlweise als Solokünstler.

Und was macht nun einen guten Song aus, Herr Willizil? „Er muss eine gute Melodie haben“, sagt er. „Das ist ganz wichtig, eine Melodie, die einen berührt.“ Es gehe immer darum, dass die Menschen emotional angesprochen seien. Und dann sei natürlich ein guter Text eine wichtige Zutat. „Beides zusammen ist mehr als die Summe seiner Teile“, so F.M.

Inspiration ist nötig

Er könne sich nicht einfach hinsetzen und ein Lied schreiben. Da sei schon Inspiration nötig. „Das kann man nicht erklären, die guten Songs entstehen in einer Viertelstunde nach einer Eingebung, da stimmt dann plötzlich alles!“ Bei dem Musikstil verfährt er nach der Prämisse: Was mir gefällt, das gefällt bestimmt auch meinen Zuhörern. Da nimmt er seinen eigenen Geschmack als Richtschnur und hofft, dass es auch bei anderen ankommt. Er schiele nicht nach dem Geschmack des Publikums. „Ich will als ganzheitlicher Mensch F.M. auf der Bühne stehen und mich nicht verbiegen, das hat mich früher krankgemacht.“

Inzwischen ist er nicht mehr der Jüngste und hat für sich festgestellt, dass er nicht so ohne Weiteres einfach die alten Lieder spielen kann. Deshalb passt er die Texte gelegentlich an. Den Höhner-Klassiker „Ich ben ne Räuber“ hat er kurzerhand umgetextet in „Ich wor ne Räuber“. Was er da in den Strophen über das Altern erzählt, darin werden sich wohl viele langjährige Fans wiedererkennen.