Die bessere Hälfte

Die Zwillinge Norbert und Werner Lichtenthal gehören zum Inventar des Witterschlicker "Zochs" - Am Sonntag ziehen die beiden Köche als Pizzabäcker durch den Ort

Alfter-Witterschlick. Fragt man die Zwillingsbrüder Norbert und Werner Lichtenthal nach der Anzahl ihrer Geschwister, wird man scheinbar vor ein Rechenrätsel gestellt.

"Wir sind sieben Brüder", sagt der eine, und der andere fügt staubtrocken hinzu: "Und jeder hat eine Schwester." Moment, sieben plus sieben?

Eben nicht: Jeder der Brüder hat natürlich dieselbe Schwester. "Unsere Eltern konnten sich nur eine Tochter leisten", klären die Zwillinge auf und lachen. Der Witz ist uralt, aber er funktioniert immer noch.

Das Licht der Welt erblickten Norbert und Werner Lichtenthal 1949 unweit des Klausenhäuschens, einem Wahrzeichen Witterschlicks. Noch heute wohnen die Zwillinge mit einem weiteren Bruder in ihrem Elternhaus am Klausenweg.

Nach Feierabend sind sie in diesen Tagen "e bissje watt am brasseln". Sie werkeln an ihrem "Pizzawagen".

Nicht dass der Maler und der Schlosser sich mit einem Pizzaservice selbstständig machen wollten. Das Gefährt haben sie vielmehr für den Witterschlicker Karnevalszug gebaut.

Im sonntäglichen "Zoch" gehören Norbert und Werner Lichtenthal seit Jahrzehnten zum Inventar: Sie verköstigen die Jecken am Straßenrand mit Spezialitäten aus ihrer rollenden Küche.

Als Chinesen verteilten sie Portionen ihres Reis-Gemüse-Gerichts aus dem Wok, als Spanier bereiteten sie eine Paella zu. "Rievkoche" und "Ätzezupp" nicht zu vergessen.

Dieses Jahr haben sich die 56-Jährigen als Pizzabäcker das Motto "Bella Italia" auf die Fahnen geschrieben. Das heißt: Das war eigentlich schon vergangenes Jahr das Motto.

"Da ist uns leider der Reifen unseres Wagens geplatzt, so dass wir nicht mehr von der Stelle gekommen sind", berichtet Norbert Lichtenthal, seines Zeichens "Pinselquäler" und ehemaliger SPD-Ratsherr.

Also verteilten die Ur-Witterschlicker die Pizzen "stationär" vor der Kirche. Weil das in der Narrenschaft gut ankam, schlüpfen die beiden Brüder wieder in die weißen Schürzen und setzen die Kochmütze auf.

"Diesmal haben wir vorgesorgt und einen zweiachsigen Wagen genommen", erklärt Werner Lichtenthal. Auf dem in den italienischen Nationalfarben Rot, Weiß und Grün angemalten Vehikel halten drei Gasgrills die Bleche warm.

50 Pizzen haben die Brüder geordert. Anders als bei früheren Karnevalszug-Gerichten sind diese nicht komplett selbst zubereitet. Sie stammen aus dem Supermarkt. Die beiden Hobby-Köche wollen nachträglich Hand anlegen und die Pizzen mit eigenen Zutaten kulinarisch aufwerten.

Mit Toni Fingerhuth und Wilfried Keup haben die Zwillinge diesmal zwei Helfer dabei. Und ihrem Wagen, den sie in früheren Zeiten per Hand zogen, wird ein Motorroller vorgespannt.

"Eigentlich kann diesmal nichts schief gehen", meint Norbert Lichtenthal, und sein zwei Stunden älterer Bruder Werner schränkt ein: "Es sei denn, es schneit oder es stürmt."

Aber so etwas haben die Zwei in ihrer langen karnevalistischen Laufbahn kaum erlebt. Seit mehr als 40 Jahren haben die Witterschlicker einen eigenen Karnevalszug, nachdem die Jecken zuvor auf den "Zoch" nach Impekoven mussten.

Fast immer waren die Zwillinge, die selbst von älteren Witterschlickern heute immer noch verwechselt werden, als Zugteilnehmer dabei - teils mit dem Männergesangverein "Rheingold", wo sie Mitglied sind, teils in kleineren Fußgruppen, teils als Duo.

Manchmal griffen sie aktuelle Themen aus der Gemeinde auf, so die Eröffnung des "Jumbo"-Einkaufszentrums in Oedekoven vor 30 Jahren, das für die kleinen Läden eine übermächtige Konkurrenz darstellte: "Die Gruuße kumme hingerher und maache uns dat Leeve schwer!"

Als fahrende Köche wollen Norbert und Werner Lichtenthal, deren Repertoire vom Lamm bis zur Paella reicht, dem "Zoch" in Zukunft erhalten bleiben. Für die nächste Speisekarte haben sie schon eine Idee: "Muscheln - das wär' mal was."