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Variationen vom "Trömmelche"

Variationen vom "Trömmelche"

Bonner Springmaus-Ensemble präsentiert sich in der Remagener Rheinhalle "janz jeck"

Remagen. Dass Remagen in dieser Session keine närrischen Tollitäten hat, war nur bis Samstag so. Bis das Bonner Springmaus-Ensemble die Bühne der Rheinhalle enterte und kurzerhand das Ehepaar Renate und Günther zum Prinzenpaar der Römerstadt erkor.

Dass die beiden aus Sinzig kommen, störte dabei ebenso wenig, wie die Tatsache, dass der Jurist nicht sagen konnte, welches Geschenk er seiner Frau zuletzt gemacht hatte, oder, welches wohl das größte Laster seiner ihm seit Jahrzehnten Angetrauten ist: Trotzdem schafften es die Ensemble-Mitglieder, Szenen aus dem Leben der beiden als "Musical von Günther und Renate" nachzustellen - vom "ersten Knistern" vor 32 Jahren beim Wagenbau für den Karneval, bis zu eben jenem jüngsten Präsent von ihm an sie, einen Fahrradhelm.

Beinah so, als ob Margie Kinsky, Georg Roth und Paul Hombach dabei gewesen wären. Aber Improvisation ist eben alles, und besonders das Metier der drei Springmäuse. Geschickt gemixt mit bewährten Klassikern und kurzen Sketchen boten sie unter den Augen von Regisseur und Springmaus-Gründer Bill Mockridge ein szenisches Karnevalsprogramm, das nicht nur so hieß, sondern auch die rund 950 Zuschauer "janz jeck" machte.

Wobei von bloßem Zuschauen gar nicht die Rede sein konnte. Schließlich liegt es in der Natur dieser Art des Theaters, die so genannte "vierte Wand" einzureißen und das Publikum zum Mitspieler zu machen. Das durfte am Samstag nicht nur per Zuruf bestimmen, wo es lang geht auf der Bühne, sondern auch selbst in Aktion treten: Drei Herren posierten beispielsweise für Dias von der Taufe einer Julia aus Rech, und alle in der Halle fungierten als "Applausometer", um "Skandalreporterin" Kinsky auf die Fährte von Nicolas Sarkozy zu führen, der angeblich als Schaf verkleidet an der chinesischen Mauer feierte - ebenfalls eine Idee aus den Zuschauerreihen.

Während einige Stichwortgeber kaum, dass sie es sich versahen, selbst im Rampenlicht standen, lieferten andere die Story durch Prominenten- oder Ortsnamen, Karnevalsschlager und -accessoires oder einen Spruch der eigenen Oma. Ein Höhepunkt des Abends war Kinskys Gebärdensprache zum Interview mit Doktor Hasenberger-Kamellenschlecker (Roth) über Hochburgen für Karnevalsflüchtlinge. Da war Mecklenburg-Vorpommern gähnend langweilig, Polen voll von Taschendieben, Australien ein hoppelndes Känguru und Usedom einfach nicht in Gebärden umzusetzen.

Manchmal war es die "Sprachlosigkeit" der verblüfften Akteure, die entwaffnete. Bei Hombach war es sein musikalisches Können. An Klavier oder Keyboard verwandelte er den Sessionshit "Wenn dat Trömmelche jeht" auf Wunsch in eine Mozartsonate, eine Wagner-Oper, einen Strauß-Walzer oder einen Hardrock-Song.

Was vorher unmöglich schien, grub sich auf einmal wie selbstverständlich in die Gehörgänge, selbst die Grönemeyer-Version oder die Reggae-Fassung "I go walking in the street singing Kölle Alaaf". Mit der Narrenkappe auf dem Kopf hatten Kinsky, Roth und Hombach sich schon zu Programmbeginn unters Publikum gemischt und es zu Karnevalshits wie "Ruut sin de Ruse" oder "Dat Hetz vun der Welt" zum Schunkeln gebracht.

Wenn auch die meisten in der Halle unkostümiert gekommen waren, keiner brauchte lange gebeten zu werden, und gemeinsam zündeten Skeptiker wie Freunde der fünften Jahreszeit eine Rakete nach der anderen für jene aus ihren Reihen, die zu Sketchpartnern der Springmäuse wurden oder für die Improvisationsvorlagen aus dem Nähkästchen plauderten und sonst eher Privates öffentlich preisgaben. Auf "Kommando Drei" folgte dann, wie vorher brav einstudiert, brünftiges Röhren der Männer und hohes Kreischen der Frauen. Schenkelklopfer und Fußgetrampel gab es aber neben stürmischem Applaus nach mehr als zwei kurzweiligen Stunden auch für die Springmäuse, und Zugaben fürs begeisterte Publikum.