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Jecke Ratssitzung mit Tränen des Abschieds

Jecke Ratssitzung mit Tränen des Abschieds

Der Prinz kütt, und Karl Schmitz geht: Tollitäten geben sich Stelldichein im Plenum - SPD schenkt scheidendem CDU-Fraktionschef Buch von Günter Grass, von FDP gibt es Schnaps dazu

Königswinter. Eine in vielerlei Hinsicht ungewöhnliche Sitzung brachte der Königswinterer Stadtrat am Montag über die kommunalpolitische Bühne. Als plötzlich die Tür aufflog und unter den für die aktuelle Jahreszeit typischen Marschklängen fleißig in die Runde gewinkt wurde, da wussten die Volksvertreter, was die Stunde geschlagen hat: Der Prinz ist da, die Politik hat Pause.

Wie gut, dass es dem Bürgermeister zu diesem Zeitpunkt längst gelungen war, die reguläre Tagesordnung in einer Rekordzeit von 20 Minuten abarbeiten zu lassen. Der gemütliche Teil konnte also beginnen.

Und weil Gemütlichkeit im Karneval bekanntlich zuweilen mit dem Bützen zu tun hat, machten die Vertreter von Schwarz, Rot, Grün und Gelb von dieser Möglichkeit reichlich Gebrauch. Zu bützen gab es diesmal neben dem Oberpleiser Prinzenpaar Achim I. und Inge III. als den Lokalmatadoren auch einen Prinz Manfred II, der gemeinsam mit seiner Lieblichkeit Rita I. den weiten Weg aus dem Tal in die lichten Höhen des Oberpleiser Rathauses auf sich genommen hatte und zum Dank dafür vom Stadtoberhaupt als "Beuteprinz aus der Altstadt" tituliert wurde.

"Wenn der gleich etwas sagt, dann ist das eigentlich kein Unterschied zu seinen Beiträgen im Stadtrat", spöttelte Peter Wirtz scherzhaft über seinen Parteifreund, der sich inzwischen im Ornat unter seinesgleichen gemischt hatte und sich von den kleinen Seitenhieben nicht aus der Ruhe bringen ließ.

Statt dessen verteilte er fleißig Orden, so etwa an Grünen-Fraktionssprecher Rolf Kohlhausen: Der nämlich, so Manfred II., wurde auf einer Karnevalssitzung gesehen, obwohl überhaupt kein Wahlkampf ist. Und Hilke Andreae-Hinrichs (SPD), Vorsitzende des Bau- und Verkehrsausschusses, wurde vom Prinz mit dem Ehrenzeichen dafür entschädigt, dass das Ratsmitglied Lehn mit seinen Wortbeiträgen allzu oft die Sitzungen des Ausschusses in die Länge zieht.

Und dann gab es da natürlich noch einen Orden für Karl Schmitz. Für den langjährigen CDU-Fraktionsvorsitzenden war es nach zwölf Jahren die letzte Sitzung als Mitglied des Stadtrates. "Das ist schon ein komisches Gefühl", hatte der Oberdollendorfer den Pressevertretern bereits vor Einstieg in die Tagesordnung leise zugeraunt.

Wie schwer ihm der Abschied tatsächlich fällt, das bekannte der 54-jährige Christdemokrat dann auch: "Die Zeit im Stadtrat hat mir viel Freude gebracht, und es fällt mir nicht leicht zu gehen", sagte Schmitz mit belegter Stimme, ließ dann aber gar keine Missverständnisse aufkommen: "Ich lebe noch, und ich höre weiter zu. Macht so weiter, viel Erfolg", gab er den Ratsmitgliedern mit auf den Weg, die ihn mit donnerndem Applaus in den "politischen Ruhestand" verabschiedeten.

Das wiederum war das Signal für die Fraktionsvorsitzenden, von denen sich jeder einige Worte für den sichtlich gerührten Schmitz zurechtgelegt hatte. Für die eigenen Reihen übernahm dies Josef Griese, der Schmitz als "verlässlichen und kompromissbereiten Kollegen" würdigte.

"Unsere Fraktion verliert nicht nur einen guten Kollegen, sondern einen guten Freund", dankte Griese dem Fraktionsvorsitzenden, dessen Nachfolge die Fraktion in einer Sitzung am 23. Februar entweder auf Josef Griese oder auf Roman Limbach übertragen wird.

Die Konsensfähigkeit, mit der Schmitz die Gepflogenheiten im Stadtrat geprägt habe, hob auch Rolf Kohlhausen für die Grünen hervor. "Auf diese Weise konnten wir für die Stadt gewiss mehr erreichen als durch einen Konfrontationskurs." Obwohl seine Partei mit Schmitz` Entscheidung, zu gehen, "gar nicht einverstanden" sei, hatte sie ihm in einer Flasche ein "kleines Beruhigungsmittel gegen den Abschiedsschmerz" mitgebracht.

Zum neuen Kunst-Brockhaus, den Schmitz von seinen Parteifreunden entgegen nahm, gesellte sich das Geschenk der SPD: Weil es nämlich mit Karl Schmitz stets schwergefallen sei, die Trennlinien zwischen den politischen Lagern zu erkennen, so Fraktionsvorsitzender Jürgen Kusserow, kredenzte die Konkurrenz ihm einen Vergleich der Grundsatzprogramme beider Parteien. Darüber hinaus hält spätestens jetzt Günter Grass Einzug im Hause Schmitz - in Form des Werkes "Mein Jahrhundert".

Mehr Mitleid als Neid äußerte zu dieser Bescherung allerdings die FDP: "Zu einem Buch von Grass sollte man ja eigentlich Rotwein trinken", meinte Peter Gola und setzte spitzbübisch hinzu: "Aber wer Bücher von Grass kennt, der weiß: Da braucht man 'was Härteres". Sprach's und überreichte Schmitz eine Flasche Whisky. Es gab - trotz Abschieds - viel zu lachen in dieser jecken Ratssitzung.