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Wenig Glas, viele Schnapsleichen

Wenig Glas, viele Schnapsleichen

Ordnungskräfte, Sanitäter und Bands geben auf dem Siegburger Markt ihr Bestes

Siegburg. Spätestens ab Mittag tut der Alkohol seine Wirkung. Um 15.30 Uhr tragen die Sanitäter im Minutentakt Schnapsleichen über den Siegburger Marktplatz zum Sanitätszelt. Trotz Glasverbot und Kontrollen der Ordnungskräfte - bei der Siegburger Weiberfastnachtsparty für Jugendliche geben sich viele die Kante.

Dabei war alles minutiös vorbereitet: Schon am Morgen erinnerte der Markt an einen Hochsicherheitstrakt. Rundum mit Absperrgittern abgeriegelt, zehn kontrollierte Einlassstellen, an denen die jungen Leute, die oftmals phantasievoll kostümiert herbeiströmen, nach Flaschen und mitgebrachtem Alkohol durchsucht werden.

Meinung Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Keine Lösung in Sicht"Jede Menge Pullen mit Wodka oder Korn-Mischungen landen in den Containern. Dazu kleine Feiglinge und Artverwandtes. Schon am Bahnhof werden den Feierwilligen, die aus der Bahn steigen, Glasflaschen abgeknöpft. Statt sie brav in den Container zu werfen, gehen einige kurz um die Ecke und leeren die Pullen auf Ex. Andere haben ohnehin schon auf Vorrat getankt, um so den Kontrollen zu entgehen.

Die Maßnahme zeigt Wirkung. "Wir haben viel weniger zerbrochenes Glas als im Vorjahr", sagt Wolfgang Hohn, Co-Dezernent Recht und Ordnung, am frühen Nachmittag im Container der Leitstelle auf dem Markt. Draußen wechseln sich auf der Bühne Band und Musikkonserve ab. Es wird getanzt, gesungen und geschunkelt.

Über Funk kommt die Kunde von zwei kleinen Jungs, vermutlich Klaukindern, die auf dem oberen Markt von Polizei und Mitarbeitern des Jugendamtes aufgegriffen wurden. Hohn eilt mit Stephan Heinz vom Ordnungsamt dorthin. Die beiden Jungs, einer im Indianerkostüm, sind in Tränen aufgelöst.

Der größere, geschätzte acht Jahre alt, hatte zu Beginn auf Fragen geantwortet, spricht nun angeblich kein deutsch. Der kleine zittert am ganzen Körper, beide sind unterkühlt. Ein Polizeibeamter hält ihn auf dem Arm, streicht ihm über den Rücken und sagt unentwegt: "Ist ja gut, ist ja schon gut." Die Helfer bringen die beiden zu den Sanis, wo sie in Wärmedecken gepackt werden. Dann geht es mit dem Auto ins Kinderheim.

Vielleicht zehn Jahre älter ist das Kätzchen auf der Nachbarliege, an dem gar nichts mehr süß ist. Aufgeschlagene Knie, zerrissene Strumpfhosen und ihre Freundin, ein Cowgirl, hält die Flasche mit der Infusionsflüssigkeit, die in ihren Handrücken tropft. Um den Hals des verlotterten Kätzchens baumelt eine Babynuckelflasche. Aber Milch war da sicher nicht drin.

Stephan Heinz ist unermüdlich unterwegs, sieht jetzt im Alleestraßen-Kiosk nach dem Rechten. Kaum hat er einen Minderjährigen mit einer Kiste Schnapsfläschchen erwischt, kommt ein Kumpel herbei, der 19 ist und bezahlt haben will. Klar, dass der Kioskbesitzer bestätigt, an den Älteren verkauft zu haben. Sonst geht's ihm an den Kragen. Wie den Ordnungskräften selbst, von denen einige Schläge einstecken müssen.