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"Brauaufsicht" wacht über den Bierkonsum

"Brauaufsicht" wacht über den Bierkonsum

Jecke Rathäusler feiern in ihrem Beamtentempel ein zünftiges Oktoberfest im Februar

Sankt Augustin. Aufgeräumte Stimmung und Büros, aber ein rappelvoller Ratssaal: Die Augustiner Rathäusler sind jeck wie eh und jeh. Keine Spur von Krise. Die raderdollen Büroklammerbieger ließen am Donnerstag die Puppen tanzen und zogen auf die Münchner Wiesn zur traditionellen Rathaussitzung - Oktoberfest im Februar.

Grenzenlose Begeisterung, als der Elferrat das Kommando übernahm, in feschen roten Dirndls, auf das nur Sitzungspräsidentin Martina Gauchel verzichtet hatte. Sie rockte als DJ Ötzi verkleidet gleich den Saal. Als Ober-Ötzi Klaus Schumacher gerade ausrufen wollte, "ozapft is", offenbarte der bajuwarische Bürgermeister doch so seine Schwächen - in der Handhabung des Zapfwerkzeuges.

Und das, obwohl der Schaumschläger seine "Sixpacks" blitzen ließ, die selbstverständlich nur auf die Kochschürze aufgedruckt waren. "Neuwahl", ruft ein jeckes Früchtchen laut in den zum Bierzelt umfunktionierten Saal. Dann aber fließt das Bier ganz schnell. Nein, nicht in Maßkrüge. Man ist ja schließlich im Rheinland: 0,2-Liter Kölschstangen machten die Runde.

Und natürlich kann auch eine jecke Sitzung im Rathaus nicht ganz ohne Kontrolle auskommen. Dass das Bier auch gepflegt getrunken wurde, dafür sorgte die "Brauaufsicht", in die sich die Damen und Herren der Bauaufsicht umbenannt hatten, und stilecht als Bierkrüge die "(S)Aufpasser" mimten.

Der Saal brodelte dennoch, angeheizt von der herrlichen Ulla Steinmetz, die als Rheinländerin im Himmel für jede Menge Verwaltungs-Kolorit sorgte, an der Seite ihrer Rathaus-Engelchen und eines lieben Gottes, Walter Schilling, Heinz Krämer und Michi Becker. So war vom Schattenmann, dem lieben Gott, zu hören, dass sie tagaus, tagein als Bürobotin 171 ihrer Arbeit mit großer Hast nachgeht.

Doch sie verzweifelt am neuen Zeiterfassungssystem "Horatio". "Irratio ist das", ruft sie und segnet das Zeitliche, um wenig später in den unendlichen Himmel aufzusteigen. "Wir kommen alle, alle, alle in den Himmel" klingt es zum Abschluss der tollen Nummer aus Hunderten Kehlen.

Ganz bodenständig als Bayer singt sich wenig später Thomas Linka in die jecken Herzen. Mit bayrischen und kölschen Stimmungsliedern sorgt der Verwaltungs-Entertainer dafür, dass es niemanden mehr auf den Stühlen hält.

Ob fesche Madels, kernige, in Lederhosen gewandete Buam, oder der einsame zugereiste Chinese, Stadtsprecher Wolfgang Strauch, der im Dirndl erschienene und sogar ausnahmsweise rasierte Aufbrecher Wolfgang Köhler oder die mit Kunstrasen-Wiesn-Kleidchen behangenen Rathaus-Schönheiten: Sie alle klatschen im Rhythmus und lassen die Beine zum Tanzen fliegen.

Etwas Ruhe kehrt zunächst ein, als das Augustiner Prinzenpaar, Augustina Inge I. und Prinz Harald I., das Bühnenmassiv erklimmt, am Seil der Prinzengarde. Dann hat das ganze Jeschmölz aber wieder den Gipfel der Stimmung erreicht. Ein grandioses Panorama geben die Gardisten und Tollitäten dort oben ab, und unten im Saal schallen im Echo die Alaaf-Rufe herauf.

Wie so ein Fernsehabend verläuft - switchen bis in den Kochtopf - das parodierten Sonja Küch, Arnold Mäckel und Lars Meys in unnachahmlicher Weise. Auch die Azubis zeigten, dass sie mehr drauf haben als nur Fragen.

Sie tanzten das Parkett auf der Bühne blank und ließen keine Fragen offen. So reihte sich ein Gipfelstürmer an den anderen, und zum Schluss einer fulminanten Wiesn-Tour demonstrierte das Verwaltungs-Männerballett, dass auch Herren durchaus mit Grazie gesegnet sind.