Det is jeck, wa!

Unter eingefleischten Jecken ist oft vom "närrischen Virus" die Rede. Danach befragt, was sie am Karneval eigentlich so begeistert, verweisen sie gerne auf diesen Erreger. Nun wissen wir aber, dass Viren - werden sie einmal auf die Reise geschickt - mutieren können und zuweilen ganz bizarre Formen annehmen.

Davon konnte ich mir beim letztjährigen Karneval in Berlin ein Bild machen. Nein, nein, ich war nicht über die tollen Tage aus dem Rheinland geflohen. Es handelte sich vielmehr um eine hoch wissenschaftliche Forschungsreise mit dem Thema "Veedel und Kiez - Feierverhalten im Rheinland und in Berlin unter besonderer Berücksichtigung des Straßenkarnevals".

So konnte ich neben der Gedächtniskirche einen Platz in Augenschein nehmen, der reichlich mit lustigen Clownsmasken gestaltet war. Die Bühne war aber leer, und lediglich an einer der vielen Buden standen ein paar kostümierte Gestalten.

Die grölten zur Musik aus den Lautsprecherboxen "Eisgekühlter Bommerlunder", während die Passanten schnurstracks an ihnen vorbeiliefen. Det war janz schön jeck, wa. Und von wegen "Am Aschermittwoch ist alles vorbei": Um die Ecke warb ein Plakat für eine Party Anfang April - "mit echtem Karnevalsbier".

Aber eigentlich muss man sich über die preußischen Auswüchse des Karnevals nicht wundern. Gerade wenn man bedenkt, dass der rheinische Karneval früher mal als Parodie auf die preußische Obrigkeit gedacht war.

Das ist wie mit der Jugendbewegung in der DDR der 60er, die gerne Rock 'n' Roll hörte und so aufbegehrte. Als dem Ulbricht-Regime das viele "Yeah Yeah" zu bunt wurde, verordnete es staatlich kontrollierte "flotte" Musik.

Die war vergleichsweise ziemlich brav und leider nur ein langweiliger Abklatsch der Originale. Ähnlich muss es sich mit den Wurzeln des Karnevals in Berlin verhalten: "Alaaf" in der grauen Sparversion.

[ zum Artikel ]