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"Jecke Familien" machen in Friesdorf mobil

"Jecke Familien" machen in Friesdorf mobil

Bei den kleinen Fußtruppen im Zoch lebt der ursprüngliche Straßenkarneval weiter

Friesdorf. Ob es Zufall ist, dass sie allesamt aus Friesdorf stammen? Von dort, wo die fünfte Jahreszeit bekannt kräftig gefeiert wird und sich Narren augenscheinlich besonders gerne in lockeren Truppen zum Straßenkarneval zusammentun?

"Ja, ich bin diejenige, die die Deppen seit elf Jahren zum Zoch anmeldet", antwortet Martina Stuch auf die Frage nach den "Jecken Familien". Die hatte Godesbergs Zugführer Günther Rücker als eine der wenigen kleinen, nicht vereinsgetragenen Gruppen des diesjährigen Lindwurms als erste genannt. Die Heiderhofer "Indianer" hätten ja leider erstmals nicht gemeldet.

"Wir rotten uns nur zu Karneval zusammen", verdeutlicht Martina Stuch für ihren Haushalt und die befreundeten "jecken" Familienverbände. Man wollte von Anfang an keinen Verein bilden: "Wir brauchen keine Beitragszahlungen, keine Sitzungen und auch keinen Obermac". Mit Herz sowie Mann und Maus sei man nur im Zug dabei. Wobei die Mäuse inzwischen zum Teil schon flügge geworden seien.

Aber es kämen auch neue Familien hinzu. "Dieses Mal gehen wir zu 27 mit." Man sei auch schon vor Jahren mit 65 Leuten angetreten, erinnert sich Stuch. Aber da sei logistisch richtig viel Arbeit angefallen - und dann dummerweise an ihr hängen geblieben. Wurfmaterial kaufen, portionieren, transportieren und im Zug dann mit Märkchen abschnittweise ausgeben: "Da ging der Karneval vor lauter Organisieren völlig verloren", nennt Stuch die Crux jeder wachsenden Narrengruppe. Nein, heute sei bei den "Jecken Familien" jeder selbst für seine Kamelle zuständig und müsse sie den Zugweg entlang clever einteilen. "Da kann ja keiner nur werfen, wie er lustig ist. Das muss bis zum Schluss reichen."

Die lockere Gruppe profitiere dabei von netten Sponsoren: einer Friesdorfer Bäckerei zum Beispiel, oder einer Apotheke. "So zahlt jeder nur etwa 25 Euro fürs Werfen. Und eben die drei Euro Zuggebühr, also alles erschwinglich", meint Stuch. Genauso unkompliziert sieht das Jürgen Heinks von der zweiten Friesdorfer Fußtruppe, den "Blechbüchsen". Die schepperten erstmals 2007 zum Zugmotto "Ritterspiele" als Kronkorken durch die Straßen. Seither treten die rund 50 Sportfreunde im Godesberger Zoch in wechselnden Kostümen an, frei nach dem Motto "Wenn wir Spaß haben, haben das andere auch.

" Der Zugführer platziere kleine Truppen immer direkt nach Musikcombos, damit auch so die Stimmung rüberkomme, erzählt die "Oberbüchse" dankbar. Diesmal habe man als Motto "Wir sind die Haribos" gewählt, sagt Heinks. Wer also im Zug wandelnde Colorados, Plüschbären, Lakritzschnecken und den leibhaftigen "Werbeonkel" Thomas Gottschalk entdecke, könne den "Blechbüchsen" zujubeln. "Und der dazu passende Teufel, der bin dann ich."

Die "Jecken Familien" wird man am Sonntag übrigens an ihren dekorativen Badehauben und Gurkenmasken im Gesicht erkennen. "Der Mensch am Rand muss doch was zu lachen haben", freut sich Martina Stuch. Verteilen werde man an die Narren des Gesundheitsstandorts Bad Godesberg auch selbst das grüne Gemüse.

Was Zugführer Günther Rücker beruhigen wird. Der hatte nämlich im Lauf der Jahre ungewollt auch schon ganz andere "Jecken" in seinem Lindwurm. "So eine christliche Gemeinschaft. Die zogen plötzlich unterwegs ihre Spruchbänder raus und verteilten Werbezettel", ist Rücker die Erinnerung noch immer ein Graus. Im folgenden Jahr habe er diese Aspiranten sofort aussortiert. "Seither haben wir festgeschrieben: Es darf in unserem Zug keinen Missbrauch für Politik oder Glauben geben."