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Der Spagat klappt auch mit Muskelkater

Der Spagat klappt auch mit Muskelkater

Ein Abend mit den Bockerother Sternschnuppen - Die Tanzgruppe tritt erst in Söven, dann in Düsseldorf und zum Schluss in Königswinter auf - Improvisation gehört dazu - Kräftige Jungs gesucht

Bockeroth. Karneval ist manchmal Stress. Nicht nur für die körperliche Verfassung der Feiernden, sondern auch für die Solisten und Gruppen, die ihr Bestes geben, um das Publikum zu unterhalten. So auch bei den Bockerother Sternschnuppen.

Die NRW-Meister im Gardetanz und Vizemeister im Showtanz kommen an einem Samstag immerhin auf drei Auftritte in sechs Stunden.

Es ist 17.55 Uhr: Die ersten Tänzer und Präsident Werner Krämer treffen ein. 18.04 Uhr: Langsam wird es im Bus hektisch. "Susa ist nicht hier!" oder "Sollen wir uns im Bus umziehen?", kreuz und quer rufen die Gruppenmitglieder durch den Bus. 18.10 Uhr: Durchzählen, aber einer fehlt immer noch.

"Okay, im Bus umziehen. Dann nur noch aufstellen, rein, auf die Bühne!", lautet das Kommando. 18.14 Uhr: Die Gruppe ist komplett. Der Bus setzt sich Richtung Söven-Rott in Bewegung. 18.24 Uhr: Ankunft in Söven. Auf engstem Raum werden Kostüme und Tanzschuhe angezogen, Haarspraywolken durchziehen den Bus.

18.45 Uhr: Die Sternschnuppen stürmen in den Keller der Gaststätte. Sie müssen sich zwischen Treppe und Toiletteneingang schminken, aufwärmen und die Aufstellung proben. 19 Uhr: Auftritt bei der Sitzung des Sövener Karnevals Club. Fast 20 Tänzer bewegen sich zwischen Bierbänken und der gefährlich niedrigen Decke.

19.22 Uhr: Nach zwei Tänzen, Solomariechen und Zugabe sind alle Bockerother wieder im Bus. Kostüme ausziehen, etwas trinken, ausruhen. 19.25 Uhr: Abfahrt Richtung Düssseldorf.

Zeit zum Luftholen und zum Erzählen. Da gibt es in 44 Jahren, die die Sternschnuppen bereits existieren, einiges. Christina Schmidt, Pressewartin und seit 16 Jahren aktive Tänzerin, berichtet über Resi Jonas, die das Tanzcorps über dreißig Jahre betreute und für ihre Verdienste zum ersten Ehrenmitglied des Vereins ernannt wurde.

Neben dem traditionellen Gardetanz gehören auch Showtänze mit lateinamerikanischen Elementen oder Rock''n''Roll zum Repertoire der Sternschnuppen. Deshalb sind sie auch nicht nur in der Karnevalssession gefragt und kommen auf 50 bis 60 Auftritte im Jahr.

Auf diese Weise waren die Tänzer schon in Köln, Trier und Berlin. Die Zusammenarbeit mit der Bonner KG "Wiesse Müüs" bringt dem Tanzcorps außerdem Auftritte in der Bundesstadt. Ein zeitaufwändiges Hobby.

Denn zu den Auftritten kommt das Training, das ganze Jahr über zweimal pro Woche. Nur wenige Sternschnuppen stammen noch, wie Solomariechen Katharina Lehmann und Trainerin Angelika Palombit Kuhfeld, aus Bockeroth. Einige aktive Mitglieder reisen zum Training sogar aus Aachen, Wuppertal oder Köln an.

Nachwuchssorgen kennt der Verein nicht. Mehr als 30 Mitglieder haben die Jugendabteilungen Sternchen, Schnüppchen und Sternschnüppchen. Nur männliche Tänzer sind Mangelware. Gesucht werden starke Jungs ab 16 Jahren, die ungefähr achtzig Kilo heben können. Die Sternschnuppen legen dabei großen Wert auf ihren Ruf. "Im Kostüm sieht man uns nicht mit Zigarette oder Bierflasche", erklärt eine von ihnen.

Es ist inzwischen 20 Uhr, und der Bus steht bei Köln im Stau. Die Stimmung ist gelöst, hektisch und familiär zugleich. "Es macht von außen immer einen etwas chaotischen Eindruck, aber dahinter steckt System", versichert eine Tänzerin. 20.20 Uhr: Der Stau hat sich inzwischen aufgelöst. Aber es bleibt immer noch Zeit zum Erzählen.

"Wenn man totalen Muskelkater hat und kriegt trotzdem den Spagat hin, vielleicht liegt das an dem, was das Publikum einem zurückgibt", meint Christina Schmidt. Oft ist Flexibilität gefragt. "Man kann vorher nicht wissen, wie die Bühne aussieht. Manchmal muß der Tanz dann kurz vor dem Auftritt noch umgestellt werden."

Der Spaß an der Freud steht bei den Sternschnuppen im Vordergrund. "Schön ist, dass die Partner mit dabei sind", sagt Christina Schmidt. Viele von ihnen sind im Elferrat der Sternschnuppen, kommen mit zu Auftritten oder tanzen im Männerballett mit. "Andere trainieren das ganze Jahr, unsere Jungs aber erst drei Wochen vor Karneval und machen dann den dritten Platz bei einem Turnier!". Wieder einmal gibt es im Bus etwas zu lachen.

20.52 Uhr: Autobahnausfahrt Düsseldorf. "Macht euch schon fertig, dass wir uns drinnen nur noch aufwärmen müssen", lautet die Anweisung. Der Stau hat Zeit gekostet.

Die Sitzung des KC Düsseldorf-Unterrath findet in einem riesigen Festzelt statt. Tosender Applaus und Standing Ovations schallen den Gästen aus Königswinter entgegen.

Der Saal tobt. Drei Tänze, das Solomariechen und eine Zugabe, dann bedankt sich Werner Krämer mit den Worten: "Ich glaub, ich lass mich hier einbürgern, hier ist so ne Stimmung!"

21.45 Uhr: Abfahrt Richtung Heimat. "Verräter! Du wolltest dich einbürgern lassen", tönt es dem Präsidenten aus dem Bus entgegen. Zur Beruhigung gibt es Sekt für alle, weil eine Tänzerin ihren 18. Geburtstag feiert. 22.30 Uhr: "McDonalds!", fordern die nach zwei Auftritten und über vier Stunden ausgehungerten Sternschnuppen. "Aber höchstens 20 Minuten, wenn ihr ganz brav seid!", erbarmt sich der Chef schließlich.

22.40 Uhr: Überfall von über zwanzig hungrigen Mädchen auf einen völlig unvorbereiteten Burgerbräter. Die übrigen Gäste wirken leicht irritiert. 23.06 Uhr: Satt und zufrieden sind alle wieder im Bus. Das Make-up hat nach zwei Auftritten gelitten und wird erneuert. Außerdem müssen die Kostüme gewechselt werden, denn in Königswinter ist Showtanz angesagt.

23.37 Uhr: Ankunft am Palastweiher. Kurze Stellprobe, dann der Auftritt. Showtanz, Solomariechen, Paartanz, Ordensverleihung, Kanone und Ausmarsch. 0.08 Uhr: Abfahrt Richtung Uthweiler. Steffi zählt durch - zwei fehlen. "Die wollten da bleiben!" 0.35 Uhr: Der Bus kommt in Uthweiler an.

Mittlerweile haben alle ihre Kostüme gegen Alltagskleidung oder das eigene Karnevalskostüm eingetauscht. Einige wollen jetzt noch nach Oberpleis, selbst feiern. "Morgen viertel nach zwölf ist Abfahrt!", heißt es vor dem Aussteigen noch. Am Sonntag steht der Auftritt im Haus der Springmaus in Bonn auf den Programm. Dann müssen die Sternschnuppen wieder topfit sein.