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Rakete mit Turboantrieb für den Nachwuchs

Rakete mit Turboantrieb für den Nachwuchs

Die Postalia-Narrenschar ist außer Rand und Band - Eigene Kräfte der Fidelen Freunde begeistern ebenso wie Kölns älteste Traditionstanzgruppe

Königswinter. Einfach göttlich, de rheinische Sproch. Als der Herrgott am neunten Tag die Dialekte verteilte, bekamen sie alle einen, die Sachsen, die Preußen, die Norddeutschen, die Bayern.

Nur der Kölner sollte leer ausgehen. Da war er furchtbar traurig. Der Allmächtige ließ sich erweichen: "Na joot, Jung, do sprichst de ewent su we ich." Dem folgte, na gut, nicht dreimal das Vaterunser, aber die Narren in der CJD-Aula feuerten eine dreifache Rakete ab für den Überbringer dieser frohen Botschaft über die Herkunft ihrer Muttersproch: Bernd Stelter, ein Publikumsliebling im Fasteleer.

Die Postalia tischte wahrlich auf: Das Beste, was in den Karnevalshochburgen durch die kurze Session tourt, holte sie zu ihrer Großen Sitzung nach Königswinter. Auch Bernd Stelter. Aber ganz am Anfang fegte das Schönste aus den eigenen Reihen über die Bühne: das Kinder- und Jugendtanzcorps der Fidelen Freunde Postalia begeisterte das knatschverdötschte Volk in der restlos ausverkauften Aula.

Herrlich anzusehen die 28 Mädchen in ihren feschen blau-weißen Uniformen. "An die Gewehre", kommandierte Postalia-Präsident Bernd Hardenberg nach dem Auftritt der Solomariechen Cassandra Wichenhoven, Pia Knobloch und Stefanie Reinharz & Co. Die Jecken zündeten eine Rakete mit Turboantrieb für den reizenden Nachwuchs, der von Margret Wichenhoven geleitet und von Andrea Hornecker trainiert wird. Blömchen für die quirligen Akteure aus der Drachenfelsstadt.

Dass deren Kolleginnen und Kollegen aus Kölle auch nicht zu verachten sind, bewiesen die lautstarken Rufe nach mehr gleich nach dem ersten Wirbelsturm, den die "Hellige Knäächte un Määgte" in der Aula verursacht hatten. Kölns älteste Traditionstanzgruppe begeisterte und heimste einen Riesenbeifall ein. Auch die Tanzgruppe "De Höppemoetzjer" wurde kräftig gefeiert.

Und dann zeigten die "Vier Asse" aus Rheinbreitbach, dass sie aber auch gar nichts verlernt haben. Vor zwölf Jahren standen sie letztmals als "Vier Asse und ein Joker" auf der Bühne. Plötzlich sind Jürgen Körner, Bernd Tietze, Herbert Baumann und Georg Frings wieder da, und die Postalia engagierte sie vom Fleck weg einen Tag vor der Großen Sitzung.

Die Asse nahmen das politische Geschehen aufs Korn. Köstlich. Wie sang doch Angela Merkel nach Münteferings Rückzug: "Bye, bye, my love, mach et joot, et jit kei nächstes Mol", verrieten die Asse wie auch sich neu abzeichnende Verbindungen in der Parteienlandschaft wie etwa die Koalition zwischen Wowi und Westerwelle. Bernd Hardenberg blieb nichts anderes übrig als ein dreifaches Alaaf zu rufen. Das gab's auch für den Postalia-Fähnrich Michael Becketahl für seine Schwenkkünste nach Musik.

Der Saal stand kopf. Auch als "Die Cöllner" ihren Song "Die Winzerin vom Rhein" darboten. Schunkeln, tanzen, mitsingen: die Postalia-Narrenschar war außer Rand und Band. Bei der netten Aufforderung kein Wunder: "Hier kommen die Königswinterer Fischerchöre", heizten die Künstler ihren Zuhörern ein, darunter auch Bürgermeister Peter Wirtz und Ratsmitglieder aller Fraktionen.

Kein Mund stand still, als dann die Gruppe "De Boore" ihren Karnevalshit "Rut sin de Ruse" anstimmte und ebenfalls um "Mithilfe" bat. "Jetzt seid ihr dran." "Die Kalauer" glänzten mit ihren Parodien auf Schlagerstars. "Die Rheinländer" wurden zu Zugaben verdonnert: "Oh, Kölle am Rhing." Die "Höhner" und Bruce Kapusta, den Clown mit der Trompete, wollten die Königswinterer gar nicht mehr von Bord ihres Narrenschiffes ziehen lassen.

Schunkeln, singen, tanzen, und dann auch mal zuhören: bei den Beckendorfer Knallköpp. "Der arbeitet bei Ford am Band?" fragte der eine Knallkopp den anderen. "Ne, der kann frei rumlaufen." Und als die Knallköppin androhte, ihn eines schönen Tages verlassen zu wollen, antwortete der ganz lapidar: "Ich finde, der Tag heute ist schön."

Auf Tränen der Frau reagierte er einfühlsam: "Heul doch." Dieses Signal nahmen die Jecken nicht für sich in Anspruch. Sie lachten, mit Freudentränen in den Augen und doppelt so schnell: Denn der prächtig aufgelegte Präsident hatte ja das Ordensmotto der Kurzsession erläutert: "Oh Schreck, oh Schreck, de Zick lööf weg." Bei diesen närrischen Einschlägen auf der Bühne verging sie tatsächlich viel zu schnell.