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Rosenmontag Bonn 2024: UN-Funken mit Lastenrad und fairen Kamelle

UN-Funken im Karneval 2024 : Mit Lastenrad und Glitzer-Bart durch den Bonner Rosenmontagszug

Lastenrad, faire Kamelle und weniger Müll: Mit den UN-Funken ist Klimaschutz im Bonner Karneval angekommen. Der internationale Verein um Universo Stephan I will zeigen, dass es auch anders und trotzdem genauso schön geht.

Ganz ohne Gerappel, Geknatter und Geratter bewegen sich die Fahrzeuge einer kleinen, ganz in blau gekleideten Gruppe nahezu geräuschlos im Bonner Rosenmontagsumzug vorwärts. Statt mit großen Fahrzeugen sind die UN-Funken mit sieben elektrischen Lastenfahrrädern unterwegs. Deren Körbe sind mit zahlreichen Jutebeuteln gefüllt mit Kamelle bepackt. Nur ein Fahrrad transportiert neben Kamelle noch etwas anderes: Im Korb eines mit gelben Blüten und blauen Schleifen geschmückten Lastenrads steht Universo Stephan I, der Prinz der kleinen Karnevalsgesellschaft. Mir weit ausgestreckten Armen wirft er den Kindern und Erwachsenen am Straßenrand Kamelle zu. In seinem Gesicht funkelt ein mit blauen Glitzerpartikeln beklebter Bart.

Alle anders

Das Motto der UN-Funken lautet: „Alle anders und alle gleich toll“. Neben Diversität und Gleichberechtigung legt die Karnevalsgesellschaft, die von Beschäftigten der Vereinten Nationen (UN) sowie deren Freunden und Familien 2017 gegründet wurde, auch einen Fokus auf Klimaschutz. Dazu sind die UN-Funken mit sieben E-Lastenrädern unterwegs. Diese stellen in diesem Jahr die Stadtwerke Bonn (SWB). Es sind neue Modelle, die ab Ende März die Flotte der Leihräder der Stadt erweitern sollen. Die zwei- und dreirädrigen Fahrräder sind mit Aufklebern mit dem Slogan „Bonn bleibt bunt!“ beklebt, eine Erinnerung an die und Solidarisierung der SWB mit den seit Wochen andauernden Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. Auch die UN-Funken selbst sind vielfältig. 45 Mitglieder des Vereins aus zwölf verschiedenen Nationen nehmen am Umzug teil.

Neben einem Lastenrad läuft Kübra Özel und verteilt Kamelle an Kinder am Straßenrand. Die 34-Jährige kommt aus der Türkei, lebt seit einem Jahr in Bonn und erlebt in diesem Jahr ihr erstes Karneval. „Ich genieße es, ich selbst auf eine andere Art und Weise zu sein“, sagt Özel und ergänzt: „Es ist das erste Mal, dass ich mich verkleide. Und ich mag es, ich fühle mich frei.“ Am Rosenmontagszug teilzunehmen, gefällt ihr noch besser, als sie es erwartet hat. Aber sie ist auch etwas überfordert: „Hier sind so viele Menschen, ich weiß nicht, wo ich hingucken soll.“

Auch wenn es in Skirmante Tamelytes Heimat Litauen mit Uzgawvenes ein karnevalähnliches Fest gibt, ist auch für die 51-Jährige der Straßenkarneval im Rheinland eine neue Erfahrung. Auch sie ist in diesem Jahr das erste Mal mit den UN-Funken unterwegs. „Ich bin froh, dass ich dazu beitragen kann, diese Tradition zu unterstützen“, sagt sie. Was für Tamelytes der größte Unterschied zum litauischen Karneval ist? „Dass das Volk die Macht von den Autoritäten übernimmt, diese Idee mag ich. Das gibt es in Litauen nicht“, sagt Tamelytes.

Faire Kamelle

Nicht nur mit ihren Fahrzeugen wollen die UN-Funken einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Kamelle, die die Gruppe verteilt, stammen zu mindestens 25 Prozent aus fairem Handel von der „Jecke Fairsuchung“, einer landesweiten Kampagne, die fair gehandeltes Wurfmaterial in den Karneval bringen will. Daneben werfen sie auch Teebeutel, Blütensamen und recycelte Taschentücher, aber auch Chips und andere Süßigkeiten. „Wir würden gern zu 100 Prozent faire Kamelle verteilen, aber das ist für so einen kleinen Verein wie uns im Moment noch zu teuer“, sagt Ute Lange aus dem Vorstand des Vereins. Auch will die Gruppe Müll vermeiden. Statt die Kamelle zu werfen, geben sie die Süßigkeiten den Menschen lieber direkt in die Hand oder legen sie in die Beutel. „Wir wollen nicht, dass unsere Kamelle am Ende bei Bonnorange landen“, sagt Lange. „Wir wollen auch ein bisschen inspirieren und anderen Impulse geben“, erzählt Lange. „Wir machen es anders als gewohnt, aber nicht schlechter.“

Auch die Orden sind besonders: Sie sind aus Holz und hängen an Stoffbändern, die aus einem Projekt für Frauen und Mädchen in Sierra Leone stammen. Das erinnert auch an das Thema der diesjährigen Session. Jedes Jahr fokussieren sich die UN-Funken auf eins der 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung. In diesem Jahr ist es die Geschlechtergerechtigkeit. „Für mich persönlich ist das eine Herzensangelegenheit“, sagt Universo Stephan I. Er will auf die Diskriminierung und Unterdrückung von Frauen und Mädchen aufmerksam machen. „Wir wollen aber nicht den Finger heben, sondern zeigen, wie weit wir schon gekommen sind.“ Karneval ist dabei für ihn ein gutes Beispiel, wie Geschlechtergerechtigkeit aussehen kann. „Im Karneval geht alles, sogar der Geschlechtertausch ist erlaubt.“ Mit Universo Stephan I. haben die UN-Funken nicht nur das erste Mal ein männliches Oberhaupt, sondern erstmals auch einen Bonner.

Seit 2019 klimaneutral

Die UN-Funken setzen sich nicht erst seit diesem Jahr für Klimaschutz im Karneval ein. Durch die UN-Funken zog 2019 erstmals ein klimaneutraler Karnevalszug durch Bonn. Der Verein spendete seither einen Betrag zur CO2-Kompensation des Umzugs an ein Klimaschutzprojekt. In diesem Jahr beteiligt sich daran auch der Bonner Festausschuss. 1000 Tonnen CO2 konnten sie somit kompensieren. Das gespendete Geld fließt in diesem Jahr an ein Projekt in Indien, bei dem aus Biomasse Energie gewonnen wird.