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Die Verhafteten finden gnädige Richter

Die Verhafteten finden gnädige Richter

Küzengarde und Fidele Ströpper machen Königswinterer Größen dingfest und befinden über ihr jeckes Engagement - Um die Gerichtskosten und die Stuhlbenutzungsgebühren kommt keiner herum

Königswinter. Egal, ob Bürgermeister, Politiker, Vereinschef oder Honoratioren - es wurde kein Unterschied gemacht: Viele Römlinghovener, Oberdollendorfer und Königswinterer hatten am Karnevalswochenende Vorladungen zum Narrengericht.

Traditionell tagte wieder das Narrengericht der KG Fidele Ströpper. Ankläger, Verteidiger und Richter bezogen ihre Plätze am Samstag in der Gaststätte Richarz. Und fast alle Geladenen waren gekommen, wurde ihnen doch angedroht, dass bei Nichterscheinen ihre Vorführung angeordnet würde.

Einen harten Arbeitstag hatten sich der Richter Reinhard Gärtner, Ankläger Joachim Lischka und Verteidiger Stephan Födisch auferlegt, denn groß war die Zahl derjenigen, denen man unkarnevalistisches Verhalten vorwerfen konnte oder musste. Sie alle wurden zu Geldstrafen verknackt - Verhandlungsspielraum gab es nur bei der Höhe der Geldbußen.

Zwei Angeklagte jedoch musste das Gericht trotz aller juristischen Klimmzüge und Spitzfindigkeiten freisprechen - den Siebengebirgsprinzen Siggi I. und seine Prinzessin Beate I.. Nicht nur, dass die Anklage fallen gelassen wurde, die Narrenherrscher bekamen sogar noch ein großes Lob von den Juristen. Die Tollitäten haben den Siebengebirgskarneval in Narrensälen zwischen Köln und Karlsruhe repräsentiert, aber auch Freude und Frohsinn in Seniorenheime und Behinderteneinrichtungen gebracht.

Wahre Lachtiraden löste die Bemerkung des Prinzen über die unverhoffte, positive Wende in seinem Prozess aus: "So schnell bin ich noch nie freigesprochen worden!" Wie alle Verurteilten bekamen auch die Freigesprochenen zur Erinnerung Gläser mit dem eingravierten Schriftzug der Fidelen Ströpper geschenkt. Und der Prinz hatte auch noch einen kleinen Obolus für die Gerichtskasse übrig, deren Inhalt der Jugendförderung der Fidelen Ströpper und des Tanzcorps Grün-Orange zugute kommt.

Eine wahre Verhaftungswelle rollte am Samstagmorgen durch Oberdollendorf, als die Gardisten der KG "Küzengarde" Größen der lokalen Politik und Wirtschaft dingfest machten. In der Bauernschenke wurde anschließend über die Verhafteten zu Gericht gesessen und ihr karnevalistisches Engagement bewertet.

Unter dem Portrait der blinden Justitia - in diesem Fall rührte die Blindheit nicht von der üblichen Augenbinde, sondern von einem genagelten "Brett vorm Kopf" her - erhob Staatsanwalt Karl Winzen die Anklage und Richter Klaus Weber sprach jeckes Recht. Anhand ihrer Kostümierungen und ihrer Beteiligung bei Sitzungen und Umzügen entschied der Richter über das Strafmaß, und schon die kleinsten Fehler im Outfit konnten den Beklagten zum Verhängnis werden.

Gegen die schlüssigen Argumentationen des Anklägers konnten die Delinquenten, die sich selbst vertreten mussten, ohnehin nichts ausrichten. "Der hätt suwiesu kee Jeld, da kann mer em datt bißche watte noch hätt uch affnemme." Alles in allem fielen die Urteile des Narrengerichtes aber eher milde aus, obwohl auch die Freigesprochenen wie etwa Bürgermeister Peter Wirtz nicht um die Entrichtung der Gerichtskosten und Stuhlbenutzungsgebühren herum kamen.

Da nützten auch Bestechungsversuche nichts, wie Wirtz'' Stellvertreterin Gisela Gärtner erfahren musste. Trotz vorbildlichen karnevalistischem Engagements und einer großen Portion verdächtig an Muzen erinnernder "badischer Fastnachtsküchle", die sie für das Hohe Gericht mitgebracht hatte, wurde ihr der entsprechende Beitrag abgeluchst.

Damit die Verhafteten aber nicht mit ganz leeren Händen das Gericht verlassen mussten, erhielten alle den Sessionsorden der Garde und einen kräftigenden Teller Erbsensuppe - "damit sie ihren Familien heute nicht auch noch zur Last fallen". Die "Strafgelder" aus dieser Tradition werden von den Küzen für den Kinder- und Seniorenkarneval verwendet.