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Nachsitzen in Sachen Karneval

Nachsitzen in Sachen Karneval

So fürchterlich viel haben die Schüler des berühmten Lehrers Welsch in der Kayjass Nummer Null nicht gelernt. Dreimal Null ist Null - mehr stand offenbar nicht auf dem Lehrplan, wenn man dem Lied der Bläck Fööss glaubt.

Bonn. So fürchterlich viel haben die Schüler des berühmten Lehrers Welsch in der Kayjass Nummer Null nicht gelernt. Dreimal Null ist Null - mehr stand offenbar nicht auf dem Lehrplan, wenn man dem Lied der Bläck Fööss glaubt.

Ganz anders ging es am Donnerstagabend bei Lehrerin Welsch zu: Bereits zum fünften Mal mimte Marlies Stockhorst, Präsidentin des Damenkomitees Lustige Bucheckern, die gestrenge Lehrerin und klärte die Besucher im restlos ausverkauften Vortragssaal des Rheinischen Landesmuseums über die Besonderheiten des Bonner und Kölner Karnevals auf.

Unter den wissbegierigen Schülern im Publikum waren auch Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und die Direktorin des Museums, Gabriele Uelsberg. Die in züchtigen schwarzen Kleidern mit weißen Schürzen gekleideten Schülerinnen auf der Bühne wurden von Mitgliedern der Lustigen Bucheckern gespielt.

Wenn nicht gerade gesungen und gelacht wurde, mussten sich die Zuschauer vor kniffligen Fragen der Lehrerin Welsch in Acht nehmen. Was sind die Farben der Bonner Ehrengarde? (Rot-Weiß) Wie unterscheiden sich ihre Gamaschen von denen der Bonner Stadtsoldaten?

(Die einen sind aus Leinen, die anderen sind gestrickt.) Und warum haben einige Uniformierte mehr Pelz an ihrem Dreispitz als andere? (Eine Frage des Ranges.) Das kurzweilige Ratespiel war gleichsam für eingefleischte Karnevalisten und unbedarfte Neulinge ein Gewinn.

Für die Unterrichtsreihe "Knöppche, Blömche und Lametta" hatten die Bucheckern den Historiker Marcus Leifeld eingeladen. Der Co-Autor des Buches "Alaaf und Heil Hitler" ist Fachmann der Geschichte des rheinischen Karnevals und Mitglied der Roten Funken. Das älteste Kölner Traditionscorps von 1823 hatte sich die im 17. Jahrhundert entstandenen Stadtsoldaten zum Vorbild für seine Uniformen genommen.

Weil das Geld für die kaiserlichen Truppen in Köln knapp war, wurden die Soldaten ausgesprochen schlecht besoldet. Die Folge: Vor allem Taugenichtse und andere nicht gerade wehrtaugliche Männer von zwielichtigem Ruf schlossen sich der Truppe an und begründeten so den Ruf einer undisziplinierten Bande betrunkener Raufbolde.

"Die schlechtesten Soldaten aller Zeiten" eben, wie eine Schülerin bemerkte. Dass die Stadtsoldaten in Wahrheit später durchaus ein ernstzunehmender Wehrverbund waren, ist im kollektiven Gedächtnis der Kölner fast in Vergessenheit geraten. "Wir reduzieren im Karneval die historische Wirklichkeit", so Leifeld.

Die Nationalsozialisten sorgten dafür, dass die Mariechen im Karneval bis heute Frauen sind und keine raubeinigen Kerle. Männer in Frauenkleidern widersprachen laut Leifeld dem propagierten Idealbild des starken deutschen Mannes.

1936 verfügte die Partei, dass die Tanzmariechen im rheinischen Karneval fortan von Frauen verkörpert werden müssen. Eine im fünften Jahr der Bonner Kayjass überfällige Frage stellte Prinz Christoph I.: "Ist Lehrer Welsch nicht eigentlich ein Mann?" Marlies Stockhorst brauchte nicht lange, um die passende Antwort zu finden: "Ich bin die Tochter."