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Büttenrednerlegende blickt zurück: Willi Armbröster tritt bei der GA-Online-Sitzung auf

Büttenrednerlegende blickt zurück : Willi Armbröster tritt bei der GA-Online-Sitzung auf

Der Büttenredner Willi Armbröster aus dem Siebengebirge blickt auf seine 60-jährige Karriere zurück. Für die GA-Online-Karnevalssitzung am 14. Februar hat er eine seiner schönsten Typenreden herausgesucht.

Willi Armbröster steckt voller Energie. Die Büttenrednerlegende aus Niederdollendorf ist inzwischen 87 Jahre alt und hat sich vor einigen Jahren aus dem Hexenkessel des Karnevals zurückgezogen. Weitgehend. Denn ab und zu tritt der Reimredner noch auf, mit seinem Alter ego, dem Rentner. Dann erklärt er in geschliffenem Paarreim, warum „Rentner“ nicht von „rentieren“ kommt, sondern von „rennen“.

Keine ruhige Minute könnte man sagen. Und das trifft auch auf ihn selbst zu. Immer noch. Denn wenn man ihn ruft, dann kommt er. Nostalgiesitzungen, Seniorenkarneval, Geburtstage, eben alles, was Spaß macht. Früher kam er auf rund 120 Auftritte pro Karnevalssession. Das hat sich schon ein bisschen beruhigt. Er hat mehr Zeit für andere Ideen. Verbringt viele Stunden an der Werkbank, konstruiert eigene Modelleisenbahnen und Gesellschaftsspiele. Man hat den Eindruck: Die Ideen fließen ungebremst und suchen sich ihren Weg. Und Willi Armbröster ist ein positiv Ruheloser.

Start mit Marie Luise Nikuta

Der Reimredner fing 1960 als spitzzüngiger Protokollarius bei der Karnevalsgesellschaft „Me brängen et fädig“ Niederdollendorf an. Übrigens ein bemerkenswerter KG-Name, bedeutet er doch auf Hochdeutsch: „Wir schaffen das!“ Und er schaffte es auch in Köln. Dort startete seine Karriere 1968 mit dem Vorstellabend beim Klub Kölner Karnevalisten. Da saß er am Tisch mit Newcomerin Marie Luise Nikuta. Für beide war es die Startrampe für eine beinahe himmelstürmende Karriere im Karneval. Nikuta war seitdem die Garantin für das Kölner Mottolied, und Armbröster ordnete die unübersichtliche Welt da draußen in seinen Büttenreden ins strenge Versmaß.

Der Hinterbänkler als feste Größe in der Politszene

Als Hinterbänkler karikierte er die Bonner Politszene und wurde damit Teil derselben, denn die Bundeshauptstadtprominenz umgab sich gerne mit dem Vorzeigerheinländer. Dampferfahrt mit Johannes Rau, Einladung von Bundeskanzler Helmut Schmidt und Preisträger der „geschliffensten Zunge“ zwischen Vorgänger Fritz Pleitgen und Nachfolger Ulrich Wickert. Für Armbröster eine Ehre, aber keine Seltenheit. In den 70er, 80er und 90er Jahren war er ein viel gebuchter Redner, selbst das Hänneschentheater fertigte damals eine Holzpuppe mit seinem Antlitz an und ließ ihn dort auftreten. Fragt man ihn nach seinem schönsten Text, sagt er „Typisch Kölsch“. Darin skizziert er Wahrheit und Dichtung des Kölner Selbstbildes. Klar, dass er dafür auch Preise einheimste. Sein treuester Alias aber ist und bleibt der Rentner. „Da kann ich zwei bis drei Stunden reden“, freut er sich.

Aber wie kommt man auf all diese Reime und Pointen? „Ich bin früher für gewöhnlich immer zwei Jahre im Voraus gebucht worden, dann unterschreibst du, und zwei Jahre später stehst du da irgendwo in der Bütt“, erzählt Armbröster. Und weil er niemanden enttäuschen wollte, hat er immer schon im Sommer angefangen, seine Rede zu entwickeln, Ideen zu sammeln, zu sortieren. Lange Spaziergänge am Rhein ließen die Sätze reifen. Wenn er nachts wach wurde, hatte er sein Notizbuch neben dem Bett liegen und konnte Einfälle festhalten. „Morgens habe ich dann nachgeguckt, manchmal taugte es nicht, aber manchmal war auch Gutes dabei.“ Das Wichtigste an einer Büttenrede seien Anfang und Ende, der Rest kommt dazwischen. Und ganz wichtig: Die Pointen müssen sitzen. „Ich habe 100 Stunden und mehr an einer Rede gearbeitet.“

Seine Büttenreden schrieb er im Sommer

Im Oktober jedes Jahres musste die Rede stehen, denn dann kommen die Vorstellabende, bei denen die Karnevalsvereine die Bands, Redner und Tanzcorps für ihre Sitzungen verpflichten. Da war es wichtig, dass der Text saß, denn bei Reimrednern fällt es ganz besonders auf, wenn sie mal einen Hänger haben. Sie können nicht einfach darüber hinweg sprechen. Das Auswendiglernen fiel ihm immer leicht. Schon als Schuljunge konnte er Schillers Glocke und die Bürgschaft aufsagen. Und natürlich Max und Moritz von Wilhelm Busch. „Das war damals das einzige Buch, das ich hatte“, erzählt Armbröster. Sein erstes Publikum waren jedes Jahre seine Frau Inge und die vier Kinder. Wenn beim Wohnzimmerauftritt im Hause Armbröster eine Pointe durchfiel, musste sie raus. 

Prinzenproklamation in Windhuk

Der Niederdollendorfer Büttenredner war überall im Rheinland unterwegs, hauptsächlich zwischen Köln und dem Siebengebirge, aber was war sein entferntester Auftrittsort? „Windhuk in Namibia – ich war mit meinem Freund Karlheinz Jansen, dem Trötemann, auf Safari“, berichtet er. Jansens Freund lebte dort und war Präsident der örtlichen Karnevalsgesellschaft. Und wie der Zufall es wollte, war gerade Prinzenproklamation in Namibia, und damit hatten die beiden Rheinländer einen umjubelten Auftritt.

Als Techniker hat er den Fahrscheinentwerter mitentwickelt

Und was macht ein Büttenredner, wenn nicht gerade Karneval ist? „Ich habe immer voll gearbeitet“, sagt der Karnevalspoet. Als Mechaniker in einem Forschungsbetrieb in Rhöndorf hat er den Fahrscheinentwerter mitentwickelt, der noch heute in Bussen und Bahnen die Streifenkarte abstempelt. Und auch der erste Fahrscheinautomat am Zentralen Omnibus-Bahnhof (ZOB) in Bonn kam aus jener Entwicklungswerkstatt. „In meiner Freizeit habe ich mich regelmäßig in die Nähe des Automaten gestellt und habe beobachtet, ob die Leute klar kamen“, sagt Armbröster. Falls nicht, dann half er, denn ihm war wichtig, dass das neue Gerät akzeptiert wurde. Heute hat er manchmal selber Schwierigkeiten. „Ich bin froh, dass meine Frau eine Monatskarte hat, denn sonst stünde ich auf dem Schlauch.“ Diese Erfahrungen hat er in der Büttenrede „Nahverkehr“ verarbeitet.

Für die GA-Online-Karnevalssitzung hat Willi Armbröster nochmal eine seiner schönsten Typenreden als Rentner hervorgeholt. Darin erklärt er, wie er sein Leben verbringt zwischen Supermarkt und Enkelkindern. Ansonsten bleibt er seinem Lebensmotto treu: „Schickt dir das Leben Zitronen ins Haus, dann mach dir Limonade draus.“ Und er ist stolz auf seine jüngste Tochter Bärbel, die als Büttenrednerin inzwischen in seinen Fußstapfen getreten ist.

Wer mehr Büttenreden von Willi Armbröster nachlesen möchte, der bekommt bei ihm das Buch „Zugabe – das Beste aus 50 Jahren“ für 10 Euro unter der Mailadresse: w.armbroester@gmx.de und Telefon 02223/21111. Ein längeres Interview zu den Lebenserinnerungen von Armbröster ist im GA-Podcast „So geht Rheinisch“ auf Spotify und auf GA.de abrufbar.