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Närrisches Gelage der Handwerksgesellen bis zum Morgengrauen

Närrisches Gelage der Handwerksgesellen bis zum Morgengrauen

Die Obrigkeit verbot alle Maskeraden - Keine Narretei vor 175 Jahren - Die Kölner luden die Düsseldorfer zum Zug ein

Bonn. (bot) Auf eine lange Tradition kann der rheinische Karneval zurückblicken, doch sie ist nicht gänzlich ungebrochen. 1828 zum Beispiel war die "bedenkliche Volksbelustigung" verboten. König Friedrich Wilhelm III. befürchtete, dass der Karneval politischen Angriffen der Studentenschaft förderlich sei.

Doch angefangen hatte alles schon viel früher, wie jetzt die Stadt recherchiert hat: "Bereits kurz nach 1200 berichtete der Mönch Caesarius von Heisterbach von einem närrischen Gelage einiger Handwerksgesellen, das erst in den frühen Morgenstunden des Aschermittwochs endete."

Bis zur organisierten Form des Karnevals, wie wir ihn heute kennen, sollte es aber dann doch noch einige Zeit dauern. Im 16. bis 18. Jahrhundert musste sich der Karneval zunächst den strengen Verboten der bayerischen Herrscher in Kurköln unterwerfen.

Erst Clemens August leistete mit rauschenden Maskenfesten, sowie Beethoven im Jahre 1791 mit einem Ritterballett, einen Beitrag zum Karneval in Bonn. Mit Beginn der französischen Besatzungszeit ab 1794 wurde dem bunten Treiben im Rheinland abermals eine große Zurückhaltung entgegengebracht. "Nachdem man aber den Präfekten vom unpolitischen Charakter des Karnevals überzeugen konnte, stand schon nach kürzester Zeit der Erlaubnis für einen Umzug nichts mehr im Wege", heißt es in den Quellen der Stadt.

Bereits 1812 beteiligte sich eine französische Garnison mit Pferden und Reitern an einem Karnevalsumzug.

Im Vergleich zu den Franzosen tat sich die preußische Herrschaft ab 1815 mit dem närrischen Frohsinn der Rheinländer weitaus schwerer. Erst 1823 gelang es, ein Karnevalskomitee in der Fastnachtshochburg Köln zu gründen und einen Umzug zu veranstalten.

Als König Friedrich Wilhelm III. am 22. November 1827 hiervon Kenntnis erlangte, brachte er seinen Unmut gegenüber dem damaligen Oberpräsidenten der Rheinprovinz deutlich zum Ausdruck. Für die preußische Obrigkeit handelte es sich beim Karneval um "in Deutschland nicht übliche Volkslustbarkeiten".

Er rügte den Regierungspräsidenten in Köln scharf, solche Narrheiten unterstützt zu haben. In der Folgezeit vermochte der Oberpräsident den König jedoch über das Brauchtum Karneval aufzuklären und umzustimmen.

Für größere Städte, die auf eine entsprechende Karnevalstradition zurückblicken konnten, genehmigte der preußische König im Januar 1828 das närrische Treiben. Verboten wurde eine Maskerade hingegen für die Universitätsstadt Bonn.

Angetan war König Friedrich Wilhelm III. vom rheinischen Karneval und den damit verbundenen politischen Anzüglichkeiten aber weiterhin nicht. Es war daher nur noch eine Frage der Zeit, bis der Karneval im Jahre 1830 in Köln unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden musste und 1834 in Koblenz vollständig verboten wurde.

Voller Wehmut erinnerten sich die Rheinländer an die französische Besatzungszeit zurück.

König Friedrich Wilhelm IV. wusste dann den Karneval durchaus zu schätzen und hob das Karnevalsverbot auf. Mit den wachsenden politischen Unruhen im Land wich dann aber auch wieder die Nachsicht.

Spitzel suchten die Karnevalssitzungen auf, um deren politische Inhalte zu überwachen. Zum Ärger der preußischen Obrigkeit nutzte eine Reihe von Personen - insbesondere der Bonner Gottfried Kinkel - den Karneval, um politische Anspielungen an die Öffentlichkeit zu bringen und demokratisches Gedankengut zu verbreiten.

Erwartungsgemäß wurde zu Beginn des Jahres 1844 die größte Düsseldorfer Karnevalsgesellschaft verboten. "Man mag es kaum glauben, doch in dieser Situation zeigten sich die Kölner solidarisch, indem sie die Düsseldorfer zu ihrem Rosenmontagszug einluden", so die Stadt.

1847 machten die Kölner Karnevalssitzungen dann auch vor konkreten Verunglimpfungen des preußischen Königs keinen Halt mehr. Abermals wünschte man sich im Rheinland französische Zeiten herbei. Erst die Reichsgründung 1870 setzte diesem Zustand ein Ende und vermochte die Karnevalisten auf die Seite des Kaisers und des Reichs zu ziehen.