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Feiern auf der Schäl Sick: Schutz unter der Brücke

Feiern auf der Schäl Sick : Schutz unter der Brücke

Mehr als 130 Polizisten behalten Jecke und Lage im Blick. Die Feier an der Kennedybrücke geht denn auch ohne Zwischenfälle über die Bühne.

Das Rathaus ist gerade in Frauenhand, als sich die Stimme über Funk das erste Mal meldet. Was genau sie sagt, bleibt im Fond des Streifenwagens ungehört. Aber nur da. Denn Erster Polizeihauptkommissar Gerd Mainzer und Polizeidirektor Willi Kernenbach nehmen von der Koordinierungsstelle im Rathaus Kurs aufs Rheinufer. Mainzer ist an Weiberfastnacht zuständig für das Geschehen in Beuel, Kernenbach sein Fahrer und Einsatzbeobachter.

Wegen des schlechten Wetters haben sich die Jugendlichen alle unter der Brücke versammelt. „Einige haben am Pfeiler gestanden, sodass der Druck auf das Geländer immer größer wurde“, sagt Mainzer. Die Einsatzhundertschaft zeigt Präsenz und räumt auf seinen Befehl hin den Bereich direkt an der Wasserkante.

„Beim momentanen Hochwasser liegt die Fließgeschwindigkeit bei neun Stundenkilometern, da haben wir keine Chance, jemanden schnell rauszuziehen“, erklärt Thomas Isselbächer von der Wasserschutzpolizei. Von seinem Arbeitsplatz aus hat der Hauptkommissar einen Eins-a-Blick auf die Feiernden. Drei weitere Kollegen tun unterdessen Dienst auf einem Boot am Steiger. Zum Glück für mindestens einen jungen Herren im Fellkostüm. „Ihm ist etwas in den Rhein gefallen, er wollte es wieder rausfischen und stand schon bis zum Bauch im Wasser“, erzählt ein Wasserschutzpolizist, der namentlich nicht genannt werden möchte. Mit Lautsprecherdurchsagen verschaffen sich die Männer vom Boot aus Gehör.

Die mehr als 130 Polizeikräfte in Beuel, zu denen Einsatzhundertschaft, Bereitschaftspolizei und Azubis zählen, sind schwerpunktmäßig zwischen Bahnhof und Rhein unterwegs. Und gefühlt steht Abschnittsführer Mainzer mit jedem Einzelnen in Kontakt. „Null Toleranz“, unter dieses Motto hatte er den Tag im Vorfeld gestellt. Viel Toleranz hingegen zeigen seine Kollegen und er beim Durchqueren des Pulks unter der Brücke: Wer glaubt, die Jugendlichen würden Platz machen, irrt.

Freundlicher ist der Umgang mit den Kommunikationsteams, die als Reaktion auf die Silvestervorfälle in Köln eingeführt wurden. „Ich bin schon viele Jahre im Dienst, aber ich habe heute zum ersten Mal erfahren, dass unsere Arbeit gewürdigt wird“, sagt Polizist Bernd Tegtmeier. Mit seinem Kollegen Christian Plumhoff sowie Holger Scherer vom Stadtordnungsdienst und Dolmetscher Youssef Safieddine bildet er eins von insgesamt sechs Teams. Auf das eigentliche Klientel sei man nicht getroffen, sagen sie.

So sind auch weniger die Arabisch- und Französischkenntnisse von Safieddine gefragt als ein Lächeln aller für Selfies mit Eisbär & Co. Die, die vielleicht als „Klientel“ gelten könnten, stehen staunend am Brückenrand. Diyar (22) und Alias (25) sind seit vier Monaten in Bonn. „Karneval ist toll“, sagt Diyar in gutem Deutsch. Kostümiert haben sich die Iraner nicht, überlegen aber, später auch ein wenig Alkohol zu trinken. Die Frage, ob sie nach den Kölner Geschehnissen Angst haben vor Gegenaktionen, lassen sie gar nicht bis zu Ende zu. „Nein, wir fühlen uns sicher und willkommen“, meint Alias, der wie sein Freund im Bonner Zentrum wohnt.

Mit zunehmender Uhrzeit steigt unter der Brücke der Pegel, und die Hüllen fallen. Wildpinkeln, das sei hier mal gesagt, ist nicht nur verboten – es sieht bei Männlein wie Weiblein auch keinesfalls immer schön aus. Die Sitznischen in der Promenadenmauer sind genauso gefragt wie die Kennedybrücke. „Das geht gar nicht“, sagt Mainzer mit Blick nach oben; und schon sind Polizisten zur Stelle, die dem Tun Einhalt gebieten. Die Präsenz ist enorm, manchem sicher zu viel. „Keine Zustände wie in Köln“, das hatte der Erste Polizeihauptkommissar vorher auch gefordert. So ist es den vielen Polizisten zu verdanken, dass Mainzer und Kernenbach vorerst abrücken können. Bis ihnen die Stimme über Funk anderes verheißt.