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Zwischen Karnevalsorden und Aktenordnern

Zwischen Karnevalsorden und Aktenordnern

Vom Kinderprinzen zum Vereinschef und zum Vorsitzenden des Festausschusses - Im Leben des Lannesdorfers Jürgen Krupp dreht sich fast alles um den Fastelovend

Bad Godesberg. Es gibt vieles, was man über Jürgen Krupp sagen könnte. Dass er als Schlosser seine Brötchen verdient, wie die Ölflecken auf Hemd und Hose verraten. Dass er ein Kumpel ist, mit dem man Maibäume stehlen kann, wie das Fotoalbum beweist. Dass er ein fröhlicher Familienvater ist, dessen Gesicht voller Lachfalten ist, wenn er sein fünfjähriges Töchterchen anschaut.

Nur eines kann man, wenn man ehrlich ist, nicht über ihn sagen: "Ich bin", bekennt er, "eigentlich kein großer Karnevalsjeck." Dabei dreht sich - fast - jeder Tag im Leben des 33-jährigen um den Karneval.

Jürgen Krupp ist erster Vorsitzender der Fidelen Möhnen, der einzigen Karnevalsgesellschaft in Lannesdorf, und seit Mai dieses Jahres auch Präsident des Bad Godesberger Festausschusses. "Karneval ist ein ganz schwieriges Geschäft. Und es ist ein Ganzjahresgeschäft", sagt er.

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Bilder zu Karnevalsorden

Im Frühling sorgt Krupp dafür, dass zur Sessionseröffnung im Herbst ein riesiges Festzelt in Lannesdorf steht. Im Sommer kümmert er sich darum, dass beim Rosenmontagszug im Winter ausreichend Kamelle für die rund 8 000 Lannesdorfer Jecken abfallen. "Das kostet Gelder, die gedeckt werden müssen", bilanziert er trocken.

Um den Lannesdorfer Karneval zu managen, hat Krupp zu Hause ein Zimmer zum Büro gemacht. Im Regal reihen sich Ordner aneinander mit Aufschriften wie "Jahresabschluss", "Steuern" und "Verträge".

Hier hebt er auch die Orden auf, die man ihm auf unzähligen Karnevalssitzungen umgehängt hat. Nicht in einer Vitrine, sondern in Kartons. Die ersten Orden bekam er 1994. Damals suchten die Möhnen einen neuen Vorsitzenden. Jung sollte er sein und engagiert, denn der Verein hatte mit gerade mal 40 eher älteren Mitgliedern ein Nachwuchsproblem.

Krupp, "durch und durch Vereinsmensch", ging zur Versammlung der Möhnen, und als er nach Hause kam, war er ihr neuer Vorsitzender. Krupp: "Den Verein einfach nur weiterführen? Nee, nee. Ich wollte irgendwann mal die Band ''De Räuber'' holen."

Heute zählt die KG 250 Mitglieder, es gibt eine Vereinszeitung, eine Wagenhalle, eine Vereinsfahrt und ein Sommerfest. Die "Räuber" kennen den Weg nach Lannesdorf inzwischen fast so gut wie den zum Kölner Alter Markt.

Und Krupp jongliert mit fünfstelligen Beträgen. "Immer wieder was Neues ins Leben rufen", gibt er die Marschrichtung vor, "die Leute wollen schließlich bei Laune gehalten werden." Wer den 33-Jährigen so reden hört, der weiß, dass eines Tages auch sein größter Traum wahr wird: ''De Höhner'' in Lannesdorf - das wär''s!"

Die Belohnung für seinen Einsatz scheinen nicht die Orden zu sein, sondern die Momente, die keine Lachsalve und kein Tusch ersetzen kann. Zum Beispiel wenn Papa Jürgen seine kleine Tochter auf den selbst gebauten Festwagen hebt.

Oder "wenn ich nach einer guten Sitzung ein leckeres Bier mit den Anderen trinke. Das ist schon ein super Gefühl".

Oder einfach, wenn Krupp zu Hause in der Lyngsbergstraße im Wohnzimmer sitzt und seinem 14 Monate alten Söhnchen Philipp zuschaut. Auf dem blitzblanken Tisch stehen Tassen aus Porzellan, zum Kaffee gibt es Gebäck. Fotos an den Wänden zeigen die Familie - ohne Pappnase.

Töchterchen Vanessa, die laut Geburtsanzeige im Jahr 2007 Kinderprinzessin in Lannesdorf wird. Ihre Oma, die schon kurz nach dem Krieg bei den Möhnen mitmischte. Der Opa, der bis zur Übergabe an Schwiegersohn Jürgen Vorsitzender der Möhnen war. Und Ehefrau Anja, die nach eigenen Worten "eigentlich den Karneval in die Familie gebracht hat". Im Fastelovend haben sich Anja und Jürgen auch kennen gelernt. 1980 gaben die beiden das Kinderprinzenpaar in Lannesdorf. Acht Jahre später, in der Nacht zum 1. Mai 1988, wurden sie dann zum zweiten Mal ein Paar. Dieses Mal für immer. Der Junggesellenverein hatte wie jedes Jahr zur Versteigerung der unverheirateten Lannesdorferinnen gerufen. Jürgen Krupp bot den höchsten Betrag: "1 565 Mark", erinnert er sich noch genau, "für Anja".

Jürgen Krupp lebt in dem guten Gefühl, dass sich der Lannesdorfer Karneval sehen lassen kann. Seit jeher fliegt hier am Rosenmontag Gemüse von den Festwagen. "Nach dem Zoch kann man sich erst mal eine deftige Suppe kochen", sagt er. Dann lacht er.

Jürgen Krupp ist nicht der große Jeck, der in der Öffentlichkeit Reden schwingen, die Pointe bis zum Tusch herauszögern und dann einen Saal mit Gelächter überziehen könnte. Aber das macht überhaupt nichts. Hauptsache, dass es am Elften im Elften wieder los geht.