1. Narren-News
  2. Bad Honnef

Der Scharfrichter in Erpel kennt keine Gnade

Der Scharfrichter in Erpel kennt keine Gnade

Nicht-Karnevalisten müssen sich vor Gericht verantworten

Erpel. (khd) Das war schon brüskierend, was sich die Unkeler Ratsherren da erlaubt hatten. "Ja, das ist Unkel, Unkel am schönen Rhein", intonierten sie inbrünstig am frühen Samstagnachmittag in der "Höhle des Löwen" - in Erpel, und zwar vor dem Hohen Gericht der Narrenschar aus der Alten und Freien Herrlichkeit.

Die logische Konsequenz: Höchststrafe forderten die Staatsanwälte, Jörg Weich und Günter Marx, ein Strafmaß, das Richter Fritz Dreesbach noch viel zu milde war. Karnevalsmuffel wissen seit Jahren, dass die Erpeler Stadtsoldaten mit der Prinzengarde am Vortag ihres großen Karnevalsumzuges ausschwärmen und Gefangene machen, die sich für ihre Vergehen - also etwa undekorierte Häuser oder standhaftes Weigern, sich zu maskieren - vor dem Hohen Gericht "Im Maat" verantworten müssen.

Und sie wissen auch, dass Pflichtverteidiger Herbert Buchmüller kaum Chancen hat, sich gegen die närrische Staatsanwaltschaft zu behaupten. Das erfuhr selbst Gregor Noll, dem Marx persönlich grollte. "Du hast mich im Unkeler Tunnel bei der Vorbereitung der Theateraufführung Staub schlucken lassen, dass ich heute noch husten muss", klagte er seinen "Ad-Erpelle"-Kulturvereins-Kollegen an. Entsprechend hart fiel das Strafmaß aus: Jeden Stein des 400 Meter langen Bauwerks sollte der Angeklagte abklopfen und auf Haltbarkeit überprüfen.

"Der Mann ist Heimatordensträger und hat viel für den Ort getan. Erst Sonntagabend hat er Hunderte von Luftballons für unser Prinzenpaar aufgeblasen", erinnerte Buchmüller. Überzeugen von dem Ergebnis dieser Bemühungen konnte man sich vor dem Gerichtsgebäude.

Dicke rot-weiße Ballon-Girlanden bildeten einen luftigen Baldachin über dem Marktplatz und lenkten den Blick zur nahen Hofburg des närrischen Herrscherpaares. Nur mit Mühe konnte Noll sich freikaufen. Wie würde es da dem grün-weißen Linz-Orsberger ergehen, den die Prinzengarde anschleppte? "Allein die Farben sind schon eine Provokation und das seit Jahren trotz aller Ermahnungen", wetterte Weich.

Und schon verhängte Dreesbach das Urteil: "Abtragen des Orsbergs bis auf`s Rheinniveau!" Dann aber drang Blasmusik an die Ohren des Hohen Gerichts. Die Unkeler Ratsherren hatten ihre Vorankündigung tatsächlich wahr gemacht, den Versuch zu starten, Erpel der Verwaltungsmetropole einzuverleiben, eine ungeheure Schmach.

Und zu allem Überfluss waren Stadtsoldaten und Prinzengarde mit der gelben Minna unterwegs. Aber allein KG-Chef Andreas Schwager reichte aus, die Schwarzröcke dingfest zu machen, was die jedoch nicht abhielt, das Unkellied zu spielen. Grund genug für Buchmüller auf der Stelle sein Amt als Pflichtverteidiger niederzulegen.

"Eine Woche Stimmungsnachhilfe in der kommenden Session mit der Gulaschkapell`", forderte Weich. Das aber reichte Marx nicht aus. "Und 14 Tage Haft im Neutor mit der Obermöhn", erhöhte er das Strafmaß.