Bonner Straßenkarneval : So wählen Närrinnen und Narren ihre Kostüme aus
Bonn Die Närrinnen und Narren haben beim Rosenmontagszug wieder tief in die Kostümkiste gegriffen. Doch wie wählen sie ihr Kostüme aus?
Dieser Mann muss ein Filmfan sein. Kunstblutüberströmt steht er da an der Münsterstraße und wartet auf das, was da kommen möge. Es sind die ersten Polizeieinheiten, die den Rosenmontagszug in Bonn begleiten, ihn aber kaum beachten.
Na ja, es ist nun auch zu offensichtlich, dass Lucas Curstädt trotz einer Plastikaxt in seiner Rechten nichts Böses im Sinn hat. Als Patrick Bateman verkleidet, dem Serienmörder aus dem Film American Psycho, feiert er mit seiner Herzdame Melis Curstädt den Bönnschen Karneval.
Eine Verkleidung übrigens, die der gebürtige Hesse aus sehr praktikablen Gründen gewählt hat. „Der Anzug hängt eh im Schrank, das durchsichtige Regencape war günstig zu haben und das Kunstblut ist in der Dusche schnell aufgebracht.“
Melis Curstädt hat ebenfalls aus der Alltagsgarderobe etwas zusammengeschustert. Sie gibt die adrette Rote Königin aus Alice im Wunderland. Man nehme ein dunkles Kleid, lege ein Korsett an, schneide ein paar Herzen aus und fertig wäre die Gegenspielerin von Alice. Wobei, wie beschrieben, die beiden keinesfalls einen grimmigen Eindruck hinterlassen.
Cyrill Legler ist mit seinem Bruder Arno aus der Nähe von Aschaffenburg (Unterfranken, da wo sie Fasching machen) zu Besuch bei Onkel Arnulf Salmen. Der Schüler hat sich in ein Eingeschränktes-Halteverbot-Schild verwandelt. Eine Idee, die aus dem Anspruch erwachsen ist, „etwas Kreatives zu machen, was auffällt“.
Arno wiederum hat in der alten Kostümkiste gewühlt und ein Adler-Kostüm ausfindig gemacht. Hat er lange nicht getragen, passt mittlerweile auch, weil reingewachsen.
Derweil sind auf dem Marktplatz Olivia Schneefrau (Tarnname für diesen Tag), Steffi und Andreas Sawatzki und Martin Suckow-Rewer anzutreffen. Andreas Sawatzki („Ich bin ein langweiliger Pirat“) ist nun, wo die närrische Session sich langsam dem Ende nähert, in guter Hoffnung, dass die sich über Monate hinziehende Vermüllung seines Vorgartens in Pützchen ein Ende findet.
Dorthin nämlich hatten die Nachbarn „bestimmt seit Weihnachten“ ihre leeren Chipstüten und Schokoladenpapierchen entsorgt. Nicht aus Bös-, sondern aus Gutwill. Steffi Sawatzki nämlich hat aus diesen Verpackungen ein ansehnliches Röckchen genäht und ein Hütchen zusammengefügt.
„Ganz im Sinne der Nachhaltigkeit“, wie sie sagt. Da will erstens keiner widersprechen und zweitens gab’s dafür den dritten Preis beim Kostümwettbewerb auf der Räuberparty in der Harmonie.
Etwas weiter stehen Maylea Basu-Weidner (Biene) und ihr Vater Kaustuv Basu. Basu hat sich obenrum in feinen Zwirn geworfen, trägt untenrum eine Pyjama-Hose. Das Ganze hat der Uni-Dozent mit einem Aufkleber versehen, auf dem „bin im Zoom-Call“ steht.
„Das Kostüm ist aus dem neuen Leben gegriffen“, sagt er. Der basketballbegeisterte Stephan Ritzdorf aus Königswinter hat aus einem Apfelpflücker und dem Teil eines Besenstiels einen Korb am Manne gebastelt. „Die eigene Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, aber die Leute schmeißen immer mal was rein.“
Und voll in den Farbtopf gefallen ist ein Kölner. Am Morgen hat er aus dem Fundus eines drei Meter breiten Schranks gewählt. „Gerade in diesen Zeiten sollte der Karneval bunt sein“, findet er, der mit den geringelten Strümpfen, der roten Corsage und dem kleinen Zylinder, „der fast aussieht wie Zauberei“. Michael Ernst sein Name, kein Spaß.